Hildesheim: 'Deutliche Versäumnisse des Bistums'

17. Oktober 2017 in Deutschland


Bistum räumt eine "Reihe empfindlicher Fehleinschätzungen" bei Missbrauchsvorwurf 2010 durch 14-Jährige ein, bsp. wurde die Vorgeschichte von Peter R. "nicht angemessen berücksichtigt" - R. gilt als einer der Haupttäter am Berliner Canisius Kolleg


Hildesheim (kath.net/pbh) Das Bistum Hildesheim hat den Bericht zu mehreren mutmaßlichen Missbrauchsfällen veröffentlicht, den das Institut für Praxisforschung und Projektberatung (IPP) aus München im Auftrag der Diözese erstellt hat. Das Gutachten benennt vor allem im Umgang mit verschiedenen Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs gegen den pensionierten Priester Peter R. deutliche Versäumnisse des Bistums.

„Die eigene Schuld und das eigene Versagen im Umgang mit diesen Fällen lastet auf uns. Die Opfer und ihre Angehörigen bitte ich im Namen unseres Bistums um Vergebung. Uns ist sehr bewusst, dass ihnen großes Leid widerfahren ist. Mich beschämt das zutiefst, und es macht mich zerknirscht und traurig“, sagt Weihbischof Dr. Nikolaus Schwerdtfeger, Diözesanadministrator des Bistums Hildesheim.

Im Umgang mit den Vorwürfen gegen Peter R. attestieren die Gutachter dem Bistum, während seines mehr als 20-jährigen Wirkens in der Diözese Ansatzpunkte für straf- und kirchenrechtliche Ermittlungen ignoriert und den Schutz möglicher weiterer Opfer außer Acht gelassen zu haben. Auch seien Peter R. nie wirksam Grenzen aufgezeigt worden.

Weiterhin wird der Umgang des Bistums mit der im März 2010 getätigten Meldung eines 14-jährigen Mädchens, wonach es Opfer sexualisierter Gewalt durch Peter R. geworden sei, kritisch beleuchtet. Nach Einschätzung der IPP-Wissenschaftler haben der damalige Domkapitular Heinz-Günter Bongartz und andere Mitverantwortliche vor sieben Jahren eine Reihe empfindlicher Fehleinschätzungen vorgenommen. Darüber hinaus wurde die Vorgeschichte von Peter R., der als einer der Haupttäter am Berliner Canisius Kolleg gilt, bei der Bewertung des Falls nicht angemessen berücksichtigt.

In Bezug auf den Missbrauchsvorwurf gegen den verstorbenen Bischof Heinrich Maria Janssen stellen die IPP-Wissenschaftler fest, dass dieser weder bewiesen noch entkräftet werden kann. Das Münchener Institut benennt Schwächen in der bisherigen Vorgehensweise des Bistums und gibt Empfehlungen, wie sich die Kirche im Umgang mit Verdachtsfällen sexualisierter Gewalt besser aufstellen sollte.

Ausgehend von den Vorschlägen des IPP, wird das Bistum den Beraterstab zu Fragen sexuellen Missbrauchs umgestalten, aufwerten und durch weiteren externen Sachverstand verstärken. An der Spitze dieses Gremiums wird eine Person stehen, die selbst beruflich unabhängig vom Bistum ist.

Der Beraterstab bekommt einen eigenen hauptamtlichen Geschäftsführer, der von der Hauptabteilung Personal/Seelsorge entkoppelt wird. Auf diese Weise wird das Gremium in Fragen des sexuellen Missbrauchs ein Gegenüber zur Bistumsleitung bilden.

Außerdem wird es im Bistum künftig Ansprechpartner geben, die in fünf verschiedenen Regionen des Bistums angesiedelt sind. Angestrebt wird dabei eine enge Zusammenarbeit mit unabhängigen und entsprechend qualifizierten Personen, die diese Aufgabe für die Diözese übernehmen.

Fallbezogen werden diese Ansprechpartner in die Arbeit des Beraterstabes eingebunden, um dort die Interessen der Betroffenen zu vertreten. Mit dieser Umstrukturierung verbunden ist auch eine Zusammenarbeit mit externen Fachstellen die dazu dienen soll, die Expertise und Professionalität in der Bearbeitung von Verdachtsfällen deutlich zu erhöhen.

Um sexuellem Missbrauch vorzubeugen, gibt es im Bistum Hildesheim eine breit angelegte Präven-tionsarbeit, die laut dem Gutachten weitgehend den aktuellen fachlichen Standards entspricht. Dieser Bereich soll nun noch weiter verbessert werden. Dazu gehört, eine Kultur der Achtsamkeit zu erhalten und weiterzuentwickeln, an der möglichst viele Menschen beteiligt sind.

Aktuell gibt es in verschiedenen Bereichen des Bistums unterschiedliche Regelungen in der Intervention und Prävention von sexuellem Missbrauch. Dies soll vereinheitlicht werden. Angestrebt werden eine gemeinsame Leitlinie, eine gemeinsame Präventionsordnung und eine gemeinsame Interventionsordnung für die Bereiche des Bistums, die mit Kindern, Jugendlichen oder erwachsenen Schutzbefohlenen zu tun haben. Der Diözesanadministrator bittet weiterhin um Unterstützung im Bistum Hildesheim und auch darüber hinaus, dass junge Menschen innerlich stark gemacht werden, um ungefährdet ihre Persönlichkeit positiv zu entwickeln.


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