Bischöfe empfehlen Bücher: Von 'Idiot' bis 'Unterteufel'

20. Oktober 2017 in Kultur


"Kathpress"-Umfrage zur laufenden Aktionswoche "Österreich liest": Welche Bücher erschließen auch Kirchendistanzierten, worum es beim Glauben geht? - Dazu persönliche "Lese-Highlights" der Bischöfe


Wien (kath.net/KAP) "Welches Buch - sei es Fachliteratur oder Belletristik - ist aus Ihrer Sicht besonders geeignet, kirchlich Distanzierten niedrigschwellig zu vermitteln, worum es beim christlichen Glauben geht?" Die Antworten österreichischer Bischöfe auf diese Frage anlässlich der laufenden Aktionswoche "Österreich liest. Treffpunkt Bibliotheken" (16. bis 22. Oktober) fielen vielfältig und zum Teil überraschend aus: Das Spektrum reicht von Dostojewskis "Idiot" über "Kirchisch für normale Menschen" bis hin zur "Dienstanweisung für einen Unterteufel" von C.S. Lewis. Weiters fragte "Kathpress" nach persönlichen "Lese-Highlights" im vergangenen Jahr; auch darüber gaben mehrere Bischöfe bereitwillig Auskunft.

Als bereits oftmaliger Leser von Fjodor Dostojewskis Christusroman "Der Idiot" hat sich der Salzburger Erzbischof Franz Lackner "geoutet". Die Hauptfigur, Fürst Myschkin, lebt und erleidet darin den Satz Jesu "Ich bin die Wahrheit". In seiner Gegenwart sprechen Menschen wahr - "gänzlich durchlässig auf Letztes", beschrieb Lackner. Und wie Jesus auf Golgotha musste auch Myschkin in der "halbwirklichen" Gesellschaft St. Petersburgs scheitern.

Einen Literatur-Klassiker wählte mit Graham Greenes "Die Kraft und die Herrlichkeit" auch "Jugend-Bischof" Stephan Turnovszky. Darin findet ein sündiger, versoffener Priester im Konflikt mit einer totalitären Staatsmacht die Kraft, seine Mission zu erfüllen. Militärbischof Werner Freistetter empfiehlt ein Buch des heute durch "Die Chroniken von Narnia" bekannten C.S. Lewis: In seiner "Dienstanweisung für einen Unterteufel" behandelt der erst als Erwachsener zum (anglikanischen) Glauben bekehrte Lewis "auf originelle und humorvolle Art einige Grundzüge des Christentums", so der Bischof.

Kompendien des christlichen Glaubens, die zu Erfolgstiteln wurden, legt der St. Pöltner Bischof Klaus Küng potenziellen Lesern ans Herz: für Jugendliche den Jugendkatechismus der katholischen Kirche "Youcat", für Erwachsene das "Kompendium" - auch von Benedikt XVI. als "getreue und sichere Zusammenfassung des Katechismus der Katholischen Kirche" empfohlen. Eine verlässliche Zusammenfassung bietet laut Küng auch "Ich glaube. Kleiner Katholischer Katechismus", als Taschenbuch bei "Kirche in Not" erschienen.

"Was ist katholisch?"

Hermann Glettler, designierter Bischof von Innsbruck, schätzt den Band "Geduld mit Gott" des Prager Priesters, Philosophen und Soziologen Tomas Halík. Es sei ein "ausgezeichnetes Buch, um das Schweigen Gottes auszuhalten". Ausgehend von der Geschichte des Zachäus aus dem Neuen Testament vermittle Halik "uns, den fragenden und nicht selten zweifelnden Zeitgenossen" inmitten der "Ungeduld unserer Zeit" die Botschaft Jesu auf eine faszinierende Weise. Der Innsbrucker Diözesanadministrator Jakob Bürgler nennt das Buch des deutschen Neutestamentlers Gerd Theißen "Der Schatten des Galiläers", die historische Jesusforschung in erzählender Form bietet. Als Einführung in den Glauben empfiehlt Bürgler das Buch "Was ist katholisch? Alles Wissenswerte auf einen Blick" von Valentino Hribernig-Körber.

Ebenfalls zwei Empfehlungen für christlich "Unbedarfte" hat der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl übermittelt: Christian Henneckes "Konfession: katholisch: Eine Liebeserklärung" beschreibt theologisch und praktisch, was genau "katholisch" ist und liefert damit ein solides Basiswissen. Einen Titel mit selbstironischem Augenzwinkern wählte der Karmelit Reinhard Körner mit "Kirchisch für normale Menschen" - ein Band, für den der Autor angesichts vieler heute schwer verständlicher Vokabeln als "Dolmetscher in Alltagsdeutsch" fungiert.

Eine Überschneidung gab es beim Buch von Ermes Ronchi "Die nackten Fragen des Evangeliums": Der Kärntner Bischof Alois Schwarz würdigte die Gedanken des Papst-Exerzitienleiters als bestens geeignet, auch "Kirchenferne" anzusprechen. Bei wem dies ebenfalls gelang, ist Bischof Krautwaschl: Er gab an, diesen Band im vergangenen Jahr mit besonderem Gewinn gelesen zu haben. Es handelt sich dabei um Meditationen, die P. Ronchi auf Bitte des Papstes in der Fastenzeit 2016 vor Franziskus und dessen Mitarbeitern darlegte - und die als Buch sofort ein Bestseller wurden.

Biografien von Luther und Cecily Corti

Weitere persönliche "Lese-Highlights" der Bischöfe: Krautwaschl, heuer an der Spitze einer Reise steirischer Katholiken ins Herzland der Reformation, empfahl auch noch Heinz Schillings vielgelobte Biografie "Martin Luther: Rebell in einer Zeit des Umbruchs" und dokumentiert damit auch die ökumenische Offenheit an der Mur.

Für Biografien schwärmt auch immer wieder Erzbischof Franz Lackner: "Es erfüllt mich mit Ehrfurcht und Staunen, wenn jemand ehrlich aus seinem Leben erzählt." Auf beeindruckende Weise habe dies Cecily Corti getan: Ihr "Man muss auf dem Grund gewesen sein" sei das "Buch einer großartigen Frau".

Bischof Schwarz war zuletzt von einem Buch angetan, das auch Papst Franziskus als "zutiefst berührend" lobte: Christoph Wrembeks "Judas, der Freund" wirft einen ungewohnt anderen Blick auf den Apostel, der traditionell nur "der Verräter" ist, und plädiert für einen radikalen Glauben an die Möglichkeiten des barmherzigen Gottes. Dazu wird in dem Buch auch das Geheimnis einer mittelalterlichen Jesus-Judas-Darstellung aus Vézelay/Burgund gelüftet, hieß es seitens des Verlags.

Auf nur ein Lese-Highlight 2017 möchte sich auch Bischof Freistetter nicht beschränken und beweist mit einem Geschichts-Sachbuch und einem Thriller literarische Breite: Der frühere Leiter des Instituts für Religion und Frieden (IRF) begeistert sich für "August 1914" der US-amerikanischen Historikerin Barbara Tuchman, die Fehleinschätzungen und starre Planungen der verfeindeten Mächte am Vorabend des 1. Weltkriegs aufzeigt. Die Schilderung des damaligen Taumels in die "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" wurde 1962 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet und habe laut Freistetter bis heute nichts an Relevanz eingebüßt. "Etwas lockerer" und mit "Spannung von der ersten bis zur letzten Seite" liest sich laut dem Bischof Stefan Bachmanns Thriller "Palast der Finsternis" rund um eine jugendliche Außenseiterin, die an einer Expedition teilnimmt und an Extremsituationen reift.

Durch die "Kraft der Stille" zu Gott

Die "Kraft der Stille" von Kurienkardinal Robert Sarah hat es zuletzt Bischof Küng angetan: Gemeinsam mit Nicolas Diat wendet sich der Schwarzafrikaner im Vatikan dabei gegen eine "Diktatur des Lärms", die Gott überhörbar mache. Papst Benedikt XVI. schrieb dazu ein persönliches, wertschätzendes Vorwort.

Weihbischof Turnovszky empfiehlt ein Buch des Erfolgsautors Manfred Lütz, "Solange wir leben, müssen wir uns entschieden. Leben nach Ausschwitz". Es fasst Gespräche mit dem Holocaust-Überlebenden Jehuda Bacon zusammen und "bringt die Weisheit eines Menschen zur Sprache, der Entsetzliches erlebt hat, aber darunter nicht zerbrochen ist".

Zuletzt die "Innsbrucker": Hermann Glettler griff zuletzt zu "Mit mir sein" des Grazer Psychiaters und Psychotherapeuten Michael Lehofer, der "in diesem leicht lesbaren Buch die Selbstliebe als Basis für Begegnung und Beziehung erschließt". Der künftige Bischof habe den "unverkrampften Ratgeber, um in eine befreiende Verbundenheit mit sich selbst zu kommen" als Grundlage für Nächstenliebe und Gottesliebe mit Gewinn gelesen, teilte er mit.

Einen ähnlichen Band nahm Jakob Bürgler "mit Begeisterung" auf: Das neue Buch von Melanie Wolfers, "Freunde fürs Leben. Von der Kunst, mit sich selbst befreundet zu sein", sei eine Fundgrube von "Anregungen, die zu einem versöhnten, zufriedenen und frohen Leben helfen können".

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