Auf Mission im Alltag

15. November 2017 in Jugend


Wie wundervoll, dass ich morgen von neuem die Chance bekomme, meine Mission zu leben, im Hier und Jetzt! Die neue Jugendkolumne von kath.net - Diese Woche ein Beitrag von Viktoria Samp


Linz (kath.net)
6.oo Uhr morgens, der Wecker klingelt. Nach 1o Minuten schaffe ich es, mich aufzuraffen. Müde steige ich einige Augenblicke später in den Bus. Es ist gerade 7.oo Uhr, als ich die Kirche betrete. Die Morgenmesse ist für mich zu einer Gewohnheit geworden. Im Halbschlaf versuche ich der Messe zu folgen, bei dem älteren und langsamen Pfarrer ist es nicht leicht. Danach ist Uni angesagt.

Die erste Vorlesung zieht sich unglaublich in die Länge. Irgendwann ist sie aber endlich geschafft. Danach ein Gruppentreffen. Auch das ist irgendwann um. Mittagessen, Vorlesung. Jetzt denke ich schon an die Arbeit, die gleich noch auf mich wartet. Sicherlich hat mein Chef wieder ein Haufen Aufgaben für mich, dabei bin ich mit der letzten noch gar nicht fertig. Und so kommt es auch. Wieder mal eine Überstunde. Schließlich Feierabend. Erschöpft gehe ich zur Haltestelle. Den letzten Bus habe ich gerade verpasst. Immer das gleiche. Ich setze die Hörer auf und versuche, mich von dem anstrengenden Tag zu entspannen. Es ist erst Mittwoch, noch zwei Tage und endlich Wochenende!

Jetzt ist der Bus auch schon da. In den Social Media sehe ich ein Foto einer Freundin, die mitten unter einer Gruppe von dunkelhäutigen Kindern in Namibia sitzt und offensichtlich Gutes tut. Alle Kinder lachen, jedes möchte sie umarmen. Die Glückliche! Sie kann so viel Gutes tun und Kindern ein Lächeln schenken! Sie hat sich den Armen gewidmet, hat ihre Karriere aufgegeben, ihre Heimat verlassen und ist jedes Risiko eingegangen. Und wird noch reicher beschenkt, mit Erfahrung, Dankbarkeit und Liebe, die ihr entgegengebracht werden. Und ich? Ich lerne nur für meine Karriere, arbeite nur für mein Geld und zur Kirche gehe ich auch nur für mein Gewissen. Ich erfülle nur Tag für Tag meine Pflichten. Nichts Neues. Vielleicht sollte ich das alles schmeißen und auch nach Afrika reisen? Angeblich soll eine solche Erfahrung einen
Menschen glücklich machen.

Mission… Mission ist Sendung. Gott hat sie gesendet. Und mich? Man sagt, jemand ist zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Und mir kommt ein Gedanke: Wieso hat Gott mich nicht gesendet? Doch: Ist es wirklich nötig, so weit zu reisen, um die Welt zu retten? Hat Gott mich nicht vielleicht in das Hier und Jetzt gesendet? Bin nicht auch ich auf Mission? Wie viele Chancen hatte ich heute, Mission zu leben? Vielleicht bin ich nicht ohne Grund hier. Vielleicht muss ich anfangen, mein Leben als Mission zu sehen.

Egal, wo ich mich befinde und ob ich mich lieber wo anders befände.
Und dann erinnere ich mich an das heutige Evangelium. Es ging um Dankbarkeit.

Dankbarkeit. Vielleicht der Schlüssel zum Glück? Wenn wir aufhören, daran zu denken, was wir alles nicht haben und haben könnten, verspüren wir keine Eifersucht mehr. Wenn wir anfangen darüber nachzudenken, wofür wir alles dankbar sein dürfen, dann finden wir tiefste Zufriedenheit und Frieden. Jeder kann Tausende Gründe finden, dankbar zu sein: Für das Leben, die Familie, Freunde, unsere Arbeit, ein Dach über dem Kopf, die Jahreszeiten, unsere Erinnerungen und Vorfreuden, gutes Essen, jeden Menschen, den wir begegnen usw. Natürlich sind das alles nur materielle oder vergängliche Dinge. Ist unsere Dankbarkeit nur darauf bezogen, so können wir schnell depressiv werden, wenn wir eins nach dem anderen verlieren. Sind wir aber in erster Linie für unseren Glauben dankbar und stellen Gott über alles andere, so wird uns die Freude niemals verlassen.

Und was noch schöner ist: Durch den Glauben können wir lernen, für alles dankbar zu sein. Auch für die negativen Erfahrungen in unserem Leben. Wir können in allem, was geschieht, einen Sinn entdecken, auch wenn das bei tragischen Ereignissen sehr schwer fällt. Sicherlich fällt es wiederum einem gläubigen Menschen leichter, tragische Ereignisse anzunehmen, als einem ungläubigen. Wieder ein Grund, für den Glauben zu danken.

Was für ein wunderbarer Kreislauf!
Hätte ich heute all die Ereignisse mit Dankbarkeit erlebt, so hätte ich die Busfahrt als Möglichkeit gesehen, den anderen Menschen gleich früh am Morgen ein Lächeln zu schenken, den alten Pfarrer als Segen für eine Vielzahl von Menschen, die langweilige Vorlesung als Quelle neuen Wissens, das Warten an der Bushaltestelle als Chance, neuen Menschen zu begegnen.
Ein guter Weg, meine eigene Mission zu leben, ist also mit Dankbarkeit das Hier und Jetzt anzunehmen, sich nicht in entfernte Welten zu träumen oder vor seinen eigenen Aufgaben zu fliehen. Die gute alte Weisheit, man solle im Hier und Jetzt leben, ist eine wahre Weisheit. Und das Sprichwort, ein Tag ohne einem Lächeln, sei ein verlorener Tag, ist vor allem dann gültig, wenn das Lächeln nicht nur unser eigenes ist, sondern auch das unseres Gegenübers!

Wie wundervoll, dass ich morgen von neuem die Chance bekomme, meine Mission zu leben, im Hier und Jetzt! Wie wunderbar, dass man nicht großartiges vollbringen muss, um andere Glücklich zu machen, dass bereits kleine Gesten und Aufmerksamkeiten reichen. Ich nehme mir fest vor, morgen im Bus mindestens eine Person anzusprechen, vielleicht eine Person, der ich Tag für Tag begegne und die jeden Morgen trüb dreinschaut. Ich werde den netten Pfarrer für seine Ausdauer danken. Vielleicht wird eine der morgigen Begegnungen zu einem neuen Abenteuer in meinem Leben!
Wie sehr freue ich mich auf den morgigen Tag, die vielen Chancen, Gutes zu tun und aus meinem Leben ein Abenteuer zu machen! Danke, Gott, dass Du mir diese Einsicht geschenkt hast!


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