‚Amoris laetitia’ ändert Lehre und Sakramentenordnung nicht

8. Dezember 2017 in Aktuelles


Laut Kirchenrecht seien wiederverheiratete Geschiedene von der Kommunion ausgeschlossen. Der entsprechende Kanon sei nach wie vor in Kraft. ‚Amoris laetitia’ sei im Sinn der Tradition zu interpretieren, schreibt Kirchenjurist Edward Peters.


Vatikan (kath.net/CNA/jg)
Die vor wenigen Tagen erfolgte Veröffentlichung der Orientierungshilfe der Bischöfe der Pastoralregion Buenos Aires zu „Amoris laetitia“ und eines Briefes von Papst Franziskus, in dem dieser die Richtlinien gutheißt, in den Acta Apostolicae Sedis (AAS) ändern nichts an der Lehre der Kirche und ihrer Sakramentenordnung. Das schreibt der Kirchenrechtler Edward Peters in einem Eintrag in seinem Blog vom 4. Dezember (siehe Link am Ende des Artikels).

Auch das Reskript des vatikanischen Staatssekretärs Pietro Kardinal Parolin, in dem dieser auf Wunsch des Papstes erklärt, die beiden veröffentlichten Dokumente gehörten zum „authentischen Magisterium“ von Franziskus, sei keine ausreichende Grundlage für eine Änderung des bisher Geltenden, betont Peters, der zu den Beratern des Obersten Gerichtshofes der Apostolischen Signatur gehört.

Die wesentliche Grundlage für die Nichtzulassung zivilrechtlich geschiedener wiederverheirateter Katholiken finde sich im Canon 915 des Kirchenrechts, schreibt Peters. Dieser untersagt die Kommunion für alle, „die hartnäckig in einer offenkundigen schweren Sünde verharren“.

Nur wenn Canon 915 durch eine Entscheidung des Papstes aufgehoben oder geändert oder durch eine päpstlich autorisierte „authentische Interpretation“ im Sinne des Canon 16 neutralisiert wird, ist die Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene, die nicht enthaltsam leben, zulässig. „Weder der Brief des Papstes an die Argentinier noch das Dokument der argentinischen Bischöfe, nicht einmal Amoris laetitia erwähnen Canon 915“, fährt er wörtlich fort. Keines dieser Dokumente hebe Canon 915 auf oder interpretiere ihn neu. Er werde zwar auch nicht bestätigt, doch ändere das nichts an seiner Gültigkeit, schreibt Peters.

In einem weiteren Abschnitt seines Beitrages befasst sich der Kirchenrechtler mit dem korrekten Verständnis des Begriffs „authentisches Magisterium“. Das Magisterium der Kirche beziehe sich auf die Autorität der Kirche, Fragen des Glauben und der Moral verbindlich zu beantworten, aber nicht auf ihre Autorität, eine bestimmte Ordnung in Fragen des Glaubens und der Moral durchzusetzen, unterscheidet er.

Kirchliche Dokumente können sowohl lehramtliche als auch disziplinäre Teile enthalten. Nur diejenigen Dokumente beziehungsweise Teile von Dokumenten, die lehramtliche Inhalte haben, zählen zum Magisterium der Kirche. Normative Abschnitte gehören nicht dazu, sondern zur kirchlichen Ordnung.

Amoris laetitia, die Orientierungshilfe der argentinischen Bischöfe und der Brief von Papst Franziskus enthalten lehramtliche Aussagen. Deren Gehalt reiche von „offensichtlich wahr“ über „wahr, aber eigenwillig oder unvollständig formuliert“ bis zu jenen, die man orthodox verstehen könne, die aber aufgrund ihrer Formulierung zu heterodoxen Interpretationen herangezogen würden und deshalb klargestellt werden sollten, schreibt Peters.

Die Dokumente enthalten auch einige Passagen zu Fragen der kirchlichen Ordnung. Nach seiner Ansicht würden keine dieser Aussagen, auch nicht die mehrdeutig formulierten, Canon 915 des CIC aufheben oder verändern. Dieser sei nach wie vor gültig und in Kraft und verbindlich für alle Kommunionspender, betont der Kirchenjurist.

Interpretation im Licht der Tradition

Amoris laetitia sei daher im Sinne der bisherigen Lehre und Sakramentenordnung der Kirche zu verstehen, schreibt Carl Bunderson in einem Kommentar für die Catholic News Agency (siehe Link am Ende des Artikels). Nachdem er den Beitrag von Edward Peters ausführlich referiert, ergänzt er diesen mit einem Hinweis auf eine Erklärung des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte aus dem Jahr 2000.

Diese gibt Grenzen für die Interpretation des Canon 915, auch durch andere kirchliche Gesetze, vor. „Jegliche Interpretation des can. 915, die seinem wesentlichen Inhalt widerspricht, wie er ununterbrochen vom Lehramt und der Disziplin der Kirche durch die Jahrhunderte erklärt wurde, ist eindeutig abwegig“, heißt es wörtlich. Und weiter: „Das Verbot, das im zitierten Kanon ausgesprochen wird, leitet sich, seiner Natur entsprechend, aus dem göttlichen Gesetz ab und überschreitet den Bereich der positiven kirchlichen Gesetze: Letztere können keine gesetzlichen Änderungen herbeiführen, die der Lehre der Kirche widersprechen würden.“

Gerhard Ludwig Kardinal Müller habe als Präfekt der Glaubenskongregation stets die Ansicht vertreten, Amoris laetitia sei im Sinne der geltenden Lehre auszulegen und verkünde nichts Neues. Wenn Papst Franziskus eine tief in der historischen Überlieferung der Kirche verwurzelte und gleichzeitig bedeutende Bestimmung hätte ändern wollen, hätte er dies eindeutig erklärt und Gründe dafür genannt. Kein Satz in Amoris laetitia weise auf diese Absicht hin. Der Papst stelle auch die Argumente seiner Vorgänger nirgendwo in Frage, die nicht auf die subjektive Schuld sondern auf den sichtbaren, objektiven Lebenswandel Bezug nehmen, der im Gegensatz zu den Worten des Evangeliums stehe, zitiert Bunderson den ehemaligen Präfekten der Glaubenskongregation.

Das „depositum fidei“, das Glaubensgut, sei nicht verändert worden, ebenso wenig das Kirchenrecht. Trotz großer Unsicherheit und medialer Aufmerksamkeit bleibe die Wahrheit unverändert und unveränderbar. Wenn manche das Schreiben des Papstes als mehrdeutig wahrnehmen würden, so bleibe die Wahrheit doch eindeutig. „Amoris laetitia“ müsse so interpretiert werden, dass kein Widerspruch zur Wahrheit entstehe, betont Bunderson abschließend.


Link zum Blog von Edward Peters (englisch):
canonlawblog.wordpress.com


Link zum Artikel von Carl Bunderson (englisch):
catholicnewsagency.com


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