Das dekonstruierte Lehramt

11. Dezember 2017 in Kommentar


Nun wissen wir es: Argentinien hat gegen Polen 1:0 gewonnen. Es geht um die Weltmeisterschaft im Papstverstehen - Der Montagskick von Peter Winnemöller


Linz (kath.net)
Nun wissen wir es: Argentinien hat gegen Polen 1:0 gewonnen. Es geht um die Weltmeisterschaft im Papstverstehen, da haben die Bischöfe aus der Heimat des Papstes ihren Bruder im Petrusamt am besten verstanden. Das jedenfalls sagt Papst Franziskus selbst. Müssen die polnischen Bischöfe ihr Schreiben zur Anwendung von Amoris Laetitia in Polen ändern? Keineswegs. Bis jetzt jedenfalls nicht. Der Papst hat einen persönlichen Brief, den er an die argentinischen Bischöfe geschrieben hat, nachträglich zu einem amtlichen Schreiben erklärt und veröffentlicht. Das ist für sich genommen ein sonderbarer Vorgang, der aber durchaus der unorthodoxen Amtsführung des Papstes entspricht. Ganz und gar sonderbar wird es durch die unterschiedliche Praxis der verschiedenen Bischofskonferenzen, Amoris Laetitia zu interpretieren.

Das universelle Lehramt der Kirche, welches die Garantie war, dass katholischer Glaube im Land A nicht dies sagt und im Land B eine abweichende Ansicht vertritt, existiert – derzeit jedenfalls – so nicht mehr. Der Papst bleibt sich treu. Es war sein Wunsch, die Ortskirchen mehr in die Verantwortung zu nehmen, um sie zu stärken. Die Verantwortung, daran hat der Pontifex nie einen Zweifel gelassen, schließt lehrmäßige Fragen ein. Wie wir seit jüngster Zeit auch wissen betrifft diese Verantwortung ebenfalls liturgische Fragen. Die Übersetzung liturgischer Bücher liegt voll und ganz in der Zuständigkeit lokaler Bischofskonferenzen. Nun mache sich niemand Sorgen, dass in Folge dessen gleich der ganze katholische Glaube dekonstruiert werden wird. Die Lehrentwicklung der vergangenen Jahrhunderte ist schon recht stabil. Und wer sich persönlich an den Katechismus der Katholischen Kirche hält, wird auch in Zukunft nichts falsch machen.

Zudem ist der Kirche von ihrem göttlichen Stifter Bestand verheißen und wir glauben an den Beistand, den Heiligen Geist, der uns alles Lehren wird. Jegliche Panikmache oder gar Papstbashing, da sollte man sich warm anziehen, ist wider den Heiligen Geist. Angst ist für einen Christen auch nicht angezeigt. Furcht um die eigenen Rettung, die ja keineswegs gewiss ist, darf das Denken, Beten und Handeln prägen – Angst um die Kirche nicht. Dabei ist es keine Frage und auch durchaus in der Kirchengeschichte vorgekommen, dass Teilkirchen untergehen. Also bitte, Europa, keine zu große Selbstsicherheit. Hier zieht durchaus eine Kirchendämmerung auf.

Manchmal scheint es, als wolle sich die Kirche tatsächlich aus dem riesigen historischen Schatten des Abendlandes lösen. Es wird auch noch Christen im Abendland geben, wenn die Landschaft vollends zur Diaspora mutiert ist. Dann kommt es darauf an, dass die Christen auch ohne universelles Lehramt den Glauben sicher und wahrhaftig tradieren. Es gibt ein historisches Beispiel dafür. Unter dem Togukawa Shogunat in Japan wurden alle Priester getötet und die Christen blutig verfolgt. In Untergrund hielt sich eine Laienkirche ohne Priester, die über Jahrhunderte den Glauben tradierte. Missionare, die im 19. Jahrhundert nach Japan kamen rieben sich verwundert die Augen. Ähnliche Krytokirchen gab es in Albanien oder im Kosovo. Es zeigt sich jedoch immer wieder, dass der Glaube unter solchen Bedingungen eigene Formen annimmt. So wich der Glaube der japanischen Christen erheblich von der katholischen Lehre ab.

Darin liegt die Gefahr, die das vom Papst zugunsten eines individuell-teilkirchlichen Lehramts dekonstruierte universelle Lehramt birgt. Glauben wir wirklich noch dasselbe wie unsere polnischen Nachbarn, wenn wir erst einmal Jahrzehnte eine andere Praxis in der Ehepastoral haben? Was ist mit dem Vaterunser, das deutsche und französische Katholiken nicht mehr gemeinsam beten können?

Das ist die Gefahr, auf die hinzuweisen ist. Wenn sich Beten und Handeln zwischen Teilkirchen voneinander unterscheiden, wird sich dann nicht irgendwann auch der Glaube voneinander unterscheiden? Das ist die Frage, die man, hätte man denn Aussicht eine Antwort zu bekommen, dem Papst als Dubia vorlegen müsste.

Foto Peter Winnemöller



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