Der Mut, sich trösten zu lassen

11. Dezember 2017 in Aktuelles


Franziskus in Santa Marta: kein Groll, kein Klagen, sondern Offenheit für den Trost Gottes. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Sich von Gott trösten lassen und nicht dem Klagen und dem Groll den Vorzug geben: dies betonte Papst Franziskus in seiner Predigt bei der heiligen Messe in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses „Domus Sanctae Marthae“ am Montag der zweiten Woche im Advent.

Der Papst ging bei seinen Betrachtungen von der ersten Lesung aus dem Buch Jesaja aus (Jes 35,1-10), in der der Herr seinem Volk Tröstung verheißt. Der Herr „ist gekommen, um uns zu trösten“, so Franziskus, der in Erinnerung rief: der heilige Ignatius von Loyola „sagt uns, dass es gut ist, die Tröstungen Christi im Brevier zu betrachten“, was er mit dem Trost vergleiche, den sich Freunde einander gäben. Es genüge dann an den Morgen der Auferstehung im Lukasevangelium zu denken, als Jesus den Aposteln erscheine und so große Freude geherrscht habe, dass sie es nicht glauben konnten. Viele Male „scheint uns der Trost des Herrn ein Wunder zu sein“, so Franziskus:

„Doch es ist nicht leicht, sich trösten zu lassen. Es ist leichter, die anderen zu trösten, als sich trösten zu lassen. Denn viele Male hängen wir am Negativen, wir hängen an der Wunde der Sünde in uns, und viele Mal ziehen wir es vor, dort zu bleiben, alleine, oder auf der Tragebahre, wie im Evangelium (Lk 5,17-26), isoliert, dort, und nicht aufzustehen. ‚Steh auf’ ist das Wort Jesu, immer: ‚Steh auf!’“.

Das Problem liege darin, dass „wir im Negativen die Herren sind“, da wir die Wunde der Sünde in uns hätten, während „wir im Positiven wie Bettler sind“, und es gefalle uns nicht, den Trost zu erbetteln.

Um dies zu erklären, zitierte der Papst zwei Beispiele: wenn man „den Groll“ vorziehe und „wir unsere Gefühle in der Suppe des Unmuts kochen“, wenn da „ein bitteres Herz“ sei, wenn unser Schatz unsere Bitterkeit sei. Franziskus erinnerte an den Gelähmten beim Teich von Bethesda: achtunddreißig Jahre sei er verbittert krank gewesen und sage: „Herr, ich habe keinen Menschen, der mich, sobald das Wasser aufwallt, in den Teich trägt. Während ich mich hinschleppe, steigt schon ein anderer vor mir hinein“ (Joh 5,7). Für diese verbitterten Herzen „ist das Bittere schöner als das Süße“. Viele Menschen gäben „der bitteren Wurzel“ den Vorzug, „die uns mit dem Gedächtnis zur Erbsünde zurückführt. Und das ist gerade eine Art, um sich nicht trösten zu lassen“.

Dann sei da die Bitterkeit, „die uns immer zu Ausdrücken des Klagens führt: die Menschen, die vor Gott klagen, statt ihn zu preisen: Klagen als Musik, die das Leben begleitet“. Der Papst rief die heilige Therese von Avila in Erinnerung, die gesagt habe: „Wehe der Schwester, die sagt: ‚Sie haben mir eine Ungerechtigkeit angetan, sie haben mir etwas Unvernünftiges getan’“.

Und dann der Prophet Jona, „der Nobelpreisträger im Klagen“. Er sei vor Gott geflohen, da er sich beklagt habe, dass Gott ihm etwas antue, und dann ende er im Wasser und im Bauch eines Fisches, und nachher sei er zu seiner Sendung zurückgekehrt. Und statt sich über die Umkehr der Menschen zu freuen, klagte er vor Gott, da er sie gerettet hätte. „Auch in den Klagen gibt es Widersprüchliches“, so Franziskus, der erzählte, einen guten Priester gekannt zu haben, der jedoch über alles geklagt habe: „er hatte die Eigenschaft, das Haar in der Suppe zu finden“:

„Er war ein guter Priester, im Beichtstuhl sagten sie, dass er sehr barmherzig war, er war bereits ein alter Mann und seine Mitbrüder sagten, wie sein Tod sein würde, und wenn er in den Himmel kommt, sagten sie: ‚Das Erste, was er dem heiligen Petrus sagen wird, statt ihn zu grüßen, ist: ‚Wo ist die Hölle?’, immer das Negative. Und der heilige Petrus wird ihm die Hölle zeigen. Und er hat gesehen...: ‚Wie viele Verdammte sind da?’ – ‚Nur einer.’ – ‚Ach was für ein Desaster, diese Erlösung...’. Immer.. geschieht das. Und angesichts der Verbitterung, angesichts des Grolls, angesichts der Klagen lautet das Wort der Kirche heute ‚habt Mut’, ‚habt Mut’“.

Jesaja lade nämlich zum Mut ein, da Gott komme, um dich zu retten. Der Papst richtete dann seine Aufmerksamkeit wieder auf das Evangelium. Die Menschen, die den Gelähmten vom Dach heruntergelassen hätten, damit er zu Jesus kommen könne, hätten nicht daran gedacht, dass da Schriftgelehrte oder andere anwesend gewesen seien. Ihr Anliegen sei allein die Heilung jenes Mannes gewesen.

Die Botschaft der heutigen Liturgie, so Franziskus abschließend, laute, sich vom Herrn trösten zu lassen:

„Das ist nicht leicht, denn um sich vom Herrn trösten zu lassen, ist es notwendig, unsere Egoismen abzulegen, jene Dinge, die der eigene Schatz sind, sei dies die Bitterkeit, seien dies die Klagen oder viele andere Dinge. Es wird uns heute gut tun, einem jeden von uns, eine Gewissenserforschung zu verrichten: wie ist mein Herz? Habe ich da Verbitterungen? Habe ich da Traurigkeiten? Wie ist meine Sprache? Ist sie ein Lobpreis auf Gott, auf die Schönheit, oder ist sie immer ein Klagen? Und den Herrn um die Gnade des Mutes bitten, denn im Mut kommt er, um uns zu trösten, und den Herrn bitten: Herr, komm, um uns zu trösten!“.

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