„Humanae vitae“ aufweichen?

8. Februar 2018 in Kommentar


Teil 1: Warum es vernünftig ist, sich an die Lehre der Enzyklika „Humanae vitae“ zu halten. Gastbeitrag von Bischofsvikar Helmut Prader, Diözesanfamilienseelsorger St. Pölten


St. Pölten (kath.net) In letzter Zeit mehren sich Stimmen, die die Lehre von Humanae vitae nicht nur aufweichen wollen, sondern es sogar als geboten sehen, Verhütungsmittel unter bestimmten Bedingungen zu empfehlen. So etwa: „Moraltheologe: Verhütungsmittel unter Umständen sogar geboten“.

Ich selber bin seit 15 Jahren aktiv in der Zyklusberatung tätig, habe etwa 1000 Personen unterrichtet und viele hunderte Paare beraten. Aus dieser Erfahrung muss ich sagen:

Die Enzyklika „Humanae vitae (HV)“ und die Lebensweise der „Natürliche Empfängnisregelung (NER)“ sollte der Normalfall jedes Paares sein. NER ist KEIN IDEAL in dem Sinne, dass es idealistisch sei, es zu leben. Kommt die Behauptung, HV und NER sei nicht lebbar, nicht zu allermeist von Paaren und Seelsorgern, die sich nicht wirklich mit NER voll und ganz auskennen? In meiner seelsorglichen Beratung ist mir in all den 15 Jahren kein Paar untergekommen, denen nicht hätte geholfen werden können.

Es gibt aber Paare, die zwar ursprünglich sich mit NER befasst haben und sich auch auskannten, dann in gewünschter Weise Kinder bekamen, aber in dieser Zeit auch ein Stück weit verlernten, wie NER und die Auswertungen bei Vermeidung einer Empfängnis funktionieren. Es fehlte aber auch Zeit und Motivation, eine NER-Auffrischung zu machen. Der Aufwand wären vielleicht 2-3 Stunden gewesen.

Dadurch beginnen oftmals die Kompromisse, die zwar eher selten zu Hormonen führen, dafür sehr wohl aber zu Kondomen, Coitus interruptus und vor allem Petting. Alle drei Methoden können aber zu den gleichen emotionalen und zwischenmenschlichen Problemen führen, wie sie klar in HV 17 beschrieben wurden (abgesehen einmal von den gesundheitlichen Problemen durch hormonelle Verhütungsmethoden wie etwa Thrombosen, Karzinomen usw.). In dieser Nr. 17 spricht Papst Paul VI. die Befürchtung aus, dass Männer, die sich an empfängnisverhütende Mittel gewöhnt haben, die Ehrfurcht vor der Frau verlieren könnten und – ohne auf ihr körperliches Wohl und seelisches Gleichgewicht Rücksicht zu nehmen – sie zum bloßen Werkzeug ihrer Triebbefriedigung erniedrigen und nicht mehr als Partnerin ansehen, der man Achtung und Liebe schuldet.

Genau diese Erfahrungen muss ich in meiner Beratungstätigkeit als Familienseelsorger immer wieder machen.

Und die „Kompromisse“ (Kondome, Petting, Coitus interruptus) sind letztlich genauso Verhütungsmethoden mit schlimmen Folgen für die betreffenden Paare, vorrangig für die Frauen. In meiner Begleitung von bisher dutzenden Paaren, bei denen es uns gemeinsam gelungen ist, sie etwa von Petting wegzubringen, konnte ich ein Aufblühen beobachten. Regelmäßig kommen von den Betreffenden dann Aussagen, dass es ihnen als Paar jetzt so gut geht wie noch nie in ihrer bisherigen Ehe. Es sind dies sehr häufig sogar Paare, die bereits kurz vor der Trennung standen.

Wenn die Lehre von HV richtig ist, dann muss sie auch lebbar sein. Dr. Rötzer hat durch seine Forschungen den Beweis dafür erbracht, hinzu kommen all die Paare, die die Lehre in der Praxis umsetzen. Dann kann nicht gleichzeitig das Gegenteil von HV richtig sein.

Ich unterstelle einem Theologen wie etwa Maurizio Chiodi, dass er keine Ahnung von der Lebensweise der NER hat. Die dramatischen Folgen der Verhütung werden sicher nicht abgemildert, sollte die Lehre von HV aufgeweicht werden. Vielmehr sind zusätzliche Paare zu erwarten, die Schaden nehmen werden, wenn sie sich nicht mehr konsequent an die bisherige Lehre von HV halten.

Die Lehre der Kirche und von HV ist kein „Ideal“, das vielleicht ein paar wenige Idealisten erreichen können, sondern meine Überzeugung ist es – geprägt aus der Erfahrung – dass grundsächlich JEDES Paar die Lehre von HV leben könnte, wenn es entsprechend angeleitet würde und auch darüber hinaus eine entsprechende Begleitung bekäme. Ich bin überzeugt, dass zumindest 90% der Scheidungen verhindert werden könnten, wenn gerade die Sexualität nach dem Plan Gottes gelebt werden würde. Von daher ist es eine schwere Unterlassung, den Paaren die gesunde Lehre vorzuenthalten, oder positiv formuliert: Machen wir uns auf den Weg, allen Paaren diesen ehelichen Weg nach dem Plane Gottes zu lehren, um so beizutragen, dass Ehen immer tiefer gelingen und sogar geheilt werden können.

Durch die pastorale Realität und die theologische Ausbildung bin ich zu sehr von der Richtigkeit der Lehre von HV überzeugt, als dass ich mich durch allfällige Aufweichungen und Änderungen beeindrucken lassen würde.

Bischofsvikar Dr. theol. Prader ist Pfarrer von Neuhofen an der Ybbs und Dozent für Theologie von Ehe und Familie an der Phil.-Theol. Hochschule Benedikt XVI. Heiligenkreuz, er ist Mitglied des Instituts für Moraltheologie

Symbolbild: Liebe



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