Erzbischof in Syrien: Kirchen in Aleppo sind voll

17. Februar 2018 in Chronik


Armenisch-katholischer Erzbischof Maravati betont in Interview: der Glaube der Christen in den Kriegsjahren ist stärker geworden ist und er fordert europäische Regierungen zur Unterstützung der Orientchristen auf.


Wien-Damaskus (kath.net/ KAP)
Die Kriegsjahre in Syrien haben bei den im Land verbliebenen Christen zu einer Stärkung ihres Glaubens geführt. Darauf hat der armenisch-katholische Erzbischof von Aleppo, Boutros Maravati, in einem Interview mit der deutschen "Tagespost" hingewiesen. Bei den Menschen gebe es wegen des Krieges keine Abkehr von Gott, Religion oder Kirche, sondern im Gegenteil eine Wiederentdeckung des Glaubens. "Unsere Kirchen sind voll", sagte der Erzbischof.

Freilich bräuchten die Orientchristen Unterstützung, mahnte Maravati. Bekämen die Christen etwa von europäischen Regierungen keine Hilfe, würden sie weiterhin die Gegend verlassen. Laut dem Erzbischof leben heute noch rund 50.000 der vor Kriegsausbruch 150.000 Christen in Aleppo. Zwei Drittel haben die Stadt in den vergangenen Jahren verlassen, ein Verhältnis, dass sich auf die Zahl der Christen in ganz Syrien umlegen lasse.

Er hoffe, so Maravati, dass langfristig die Hälfte der geflohenen Christen zurückkehren wird, auch wenn dies "wahrscheinlich ein wenig zu optimistisch ist". Vor allem Christen, die heute in Europa und Nordamerika leben, würden nicht zurückkommen. Im Gegensatz dazu kehrten diejenigen, die in den Libanon oder an die syrische Küste geflohen sind, langsam zurück. Gleiches gelte für syrische Christen, die nach Armenien geflohen sind.

Politisch äußerte der armenisch-katholische Erzbischof die Hoffnung, dass die am Syrienkonflikt beteiligten Parteien eine Lösung zu Beendigung des Krieges finden. "Es gibt keine ideale Lösung. Aber es ist möglich, einen Weg zum Frieden zu finden und so dem vielen Leid ein Ende zu machen. Wir haben genug von Krieg, Blut und Opfern", sagte Maravati.

Bei seinem jüngsten Besuch in Paris habe er darum gebeten, dass Frankreich eine größere Rolle bei den internationalen Friedenskonferenzen zu Syrien spielt und seine Botschaft in Damaskus wieder öffnet, so der Erzbischof: "Den Frieden kann man nicht nur mit Worten schließen. Die Absichten müssen in die Tat umgesetzt werden. Und die Präsenz der europäischen Länder in Damaskus ist wichtig."

Interreligiöse Delegation aus Moskau in Syrien

Der Pressedienst der Wiener Stiftung "Pro Oriente" berichtete am Mittwoch vom Solidaritätsbesuch einer interreligiösen Delegation der Syrien-Arbeitsgruppe des russischen Präsidentschaftsrates für die Zusammenarbeit mit den religiösen Organisationen in Damaskus und der libanesischen Bekaa-Ebene. Dabei seien in der Vorwoche Weichenstellungen für die Intensivierung der humanitären Hilfe vorgenommen worden.

Demnach besuchte der Leiter der Delegation, der Mönch Stefan Igumnow aus dem Außenamt des russich-orthodoxen Moskauer Patriarchats, am 5. Februar auch den Apostolischen Nuntius in Kairo, Kardinal Mario Zenari. Dabei wurden gemeinsame Projekte des Heiligen Stuhls und des Moskauer Patriarchats für Hilfsmaßnahmen zu Gunsten der leidenden Bevölkerung in Syrien besprochen.

Die interreligiöse Delegation aus Moskau traf bei ihrer am 9. Februar zu Ende gegangenen Visite in Damaskus auch mit Repräsentanten der syrischen Regierung und mit dem (christlichen) Präsidenten des syrischen Parlaments, Hamoudeh al-Sabbagh, zusammen. In den syrischen - und anderen arabischen - Medien wurde hervorgehoben, dass noch nie eine so repräsentative Delegation christlicher und muslimischer Vertreter das seit sieben Jahren vom Krieg heimgesuchte Land besucht habe.

In der Omayyadenmoschee in Damaskus verehrte die Delegation gemeinsam die Reliquie des Hauptes von Johannes dem Täufer, der von Christen und Muslimen als Prophet gesehen wird. Anschließend besuchten die Delegationsmitglieder die Grabstätte des islamischen Theologen Said Ramadan Al-Bouti, der 2013 in Damaskus während der Predigt ermordet wurde.

Hilfsgüter verteilt

Als Teil des Solidaritätsbesuchs verteilte die Delegation gemeinsam mit syrischen christlichen und muslimischen Geistlichen 75 Tonnen Hilfsgüter. An 3.000 Familien unterschiedlicher Konfession wurden 25-Kilo-Pakete mit Lebensmitteln übergeben. Bei den Verteilaktionen in Damaskus wurden die Übergabeplätze laut dem Bericht von Rebellen aus dem östlichen Vorort Ghouta beschossen.

Die Kosten für die Verteilaktionen von Hilfsgütern wurden in Russland von orthodoxen, katholischen, evangelikalen, armenischen Kirchengemeinden und muslimischen Moscheegemeinden aufgebracht. Auch der Moskauer Patriarch Kyrill I. habe persönlich "einen wesentlichen Beitrag" geleistet. Die Idee zur Einsetzung einer interreligiösen Syrien-Arbeitsgruppe des russischen Präsidentschaftsrates für die Zusammenarbeit mit den religiösen Organisationen kam von Metropolit Hilarion (Alfajew), dem Leiter des Außenamts des Moskauer Patriarchats.

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