Patriarch Kyrill verurteilt Attentat auf Kirchgänger in Dagestan

20. Februar 2018 in Weltkirche


Mann erschoss nach Gottesdienst fünf Frauen - Moskauer Patriarch befürchtet Provokation, um Konfrontation zwischen Orthodoxen und Muslimen herbeizuführen


Moskau (kath.net/KAP) In der russischen Kaukasusrepublik Dagestan sind am Montag in allen orthodoxen Kirchen Gedächtnisgottesdienste für die Opfer eines Schussattentats auf Kirchgängerinnen abgehalten worden. Bei der Tat in der Stadt Kisljar hatte ein 22-jähriger Mann am Sonntag fünf Frauen getötet, die nach einem Vespergottesdienst gerade die orthodoxe Georgskirche verlassen hatten. Im anschließenden Feuergefecht erschossen Polizisten den Attentäter. Die Terrormiliz IS hat sich zu der Tat bekannt, ohne Belege dafür zu veröffentlichen. Zeitungen zitierten einen Priester, der gehört haben will, wie der Angreifer "Allahu Akbar" rief.

Der russisch-orthodoxe Moskauer Patriarch Kyrill verurteilte in einer Reaktion das dramatische Geschehen in der Stadt an der Grenze zu Tschetschenien scharf. Das "monströse Attentat" zum Beginn der orthodoxen Fastenzeit könne als Provokation gesehen werden, um eine Konfrontation zwischen Orthodoxen und Muslimen herbeizuführen, die "seit Jahrhunderten im Frieden miteinander im Kaukasus leben", stellte er fest.

In seinem Beileidsschreiben an die Familienangehörigen der Opfer sprach Kyrill von einem "schrecklichen und zynischen Verbrechen", das durch nichts gerechtfertigt werden könne. Die russisch-orthodoxe Kirche sei zutiefst besorgt über die Bluttat und erwarte eine "minutiöse Untersuchung des Verbrechens und seiner Hintergründe", fügte der Pressesprecher des Patriarchen, der Priester Aleksandr Wolkow, hinzu.

Der Erzbischof von Makhatschkala, Warlaam (Ponomarjow), betonte, es werde niemandem gelingen, "Frieden und Eintracht" in der multinationalen und multikonfessionellen Republik Dagestan zu zerstören: "Trotz allem waren und sind wir Orthodoxen und unsere Brüder, die sich zum Islam bekennen, gute Nachbarn und Kinder des einen Vaters - und wir werden das immer sein".

Der Sekretär der Eparchie Makhatschkala, Mönch Ioann Anisimow, bezeichnete die Opfer im Gespräch mit der Agentur TASS als "leuchtende Vorbilder". Unter den Getöteten befindet sich eine pensionierte Lehrerin, die in den vergangenen Jahren Pilgerfahrten zu den großen russischen Wallfahrtsorten organisiert hatte und eine arme ältere Frau, die nach den Gottesdiensten an der Kirchenpforte um Spenden zu bitten pflegte.

Anisimow verwies darauf, dass die Kirchen trotz der schwierigen Sicherheitslage in Dagestan bisher nicht bewacht waren, "weil niemand auf die Idee gekommen wäre, dass es ein Attentat auf Kirchgänger oder Kleriker geben könnte". Jetzt schare sich die ganze Eparchie um die Gemeinde der Georgskirche.

Der tschetschenische Präsident Ramzan Kadyrow erklärte am Montag, er sei zutiefst schockiert über das grausame Verbrechen, für das es keinerlei Entschuldigung geben könne. Der Täter habe keine Religion gehabt. Jetzt gehe es darum, die Hintermänner ausfindig zu machen und exemplarisch zu bestrafen. Er sei aber "sicher", dass diese Hintermänner, wenn es sie gäbe, keine direkte oder indirekte Verbindung mit dem Islam hätten. Im nördlichen Kaukasus habe es immer "enge Zusammenarbeit und gegenseitiges Verständnis" zwischen Muslimen und Christen gegeben, meinte Kadyrow wörtlich.

Dagestan ist ein Mosaik großer und kleiner Ethnien, die teils orthodox, teils islamisch geprägt sind. In der Kleinstadt Kisljar rund 50.000 Einwohnern sind laut dem Pressedienst der Wiener Stiftung "Pro Oriente" 50 Prozent der Bewohner ethnische Russen, die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe sind die Avaren, ein ursprünglich christliches, aber im 16. Jahrhundert islamisiertes kaukasisches Volk.

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