P.U.S.H.

20. April 2018 in Kommentar


Nicht jedes Gebet wiegt gleich viel. Und wer seine Autorität im Gebet einsetzt, kann Wunder erleben. BeneDicta am Freitag von Petra Knapp-Biermeier.


Linz (kath.net) P.U.S.H. Ich stehe gerade bis zu den Knien im eiskalten Wasser, und blinzle über meine Schulter, als ich Stimmen höre. Mein Mann plaudert mit ein paar Spaziergängern. Das Armband sehe ich erst 30 Sekunden später, als mir die Unterschenkel taub werden und ich herauswate, meine Zehen eingrabe in sonnengewärmte Kieselsteinchen und dunkelbraunen Schlamm.

Das Kunststoffband ist mittelblau, und die Frau trägt es an ihrem linken Handgelenk. P.U.S.H. steht da. „Pray Until Something Happens.“ Was für ein Zufall, hier in der Wildnis jemanden zu treffen, der an Gott glaubt, denke ich. Meine Beine prickeln jetzt, stechen, pulsieren wieder.

P.U.S.H., das war bislang für mich nur ein cooler Slogan, den ich zwar für wahr befand, aber gleichzeitig anzweifelte. Und wenn nämlich nichts passiert, wenn ich bete? Und gibt es nicht so viele Gebete, die keine Antwort bekommen, Bitten um die Beendigung himmelschreiender Ungerechtigkeiten?

Sobald mein Blick herumschweift, nach Nordkorea, Syrien, Nigeria, oder hin zu den Millionen Abtreibungen, den vor Hunger sterbenden Kindern, dann brechen diese Fragen auf, wie das alles sein kann bei einem Gott, der sich doch um jeden einzelnen kümmert. Das Leid dieser Welt ist so unermesslich groß, viel zu groß, um es mit menschlichem Verstand zu begreifen, auszuhalten, ihm Stand zu halten, ohne die Hoffnung zu verlieren.

Viel zu groß auch für meine kleine Fürbitte, denke ich manchmal, und ich bin dankbar, wenn ich mich sonntags einreihen darf, mitbeten kann mit Millionen, die im Gottesdienst eintreten für die verfolgten Christen, die Kranken, die Sterbenden. Wenn ich 40 Tage mit „Europe Shall Be Saved“ Fürbitte halten kann für Europa.

Denn was kann schon mein einsames Gebet, an einem Montagmorgen, das ich mit verschlafener Stimme an den Allmächtigen richte? Nicht jedes Gebet wiegt gleich viel, lese ich in Pete Greigs Buch „Dirty Glory“. Das Geheimnis dahinter ist Autorität. Wer Autorität hat, muss nicht schreien. Er braucht nicht viele Worte, weil er nämlich legitimiert ist, Anspruch darauf hat, gehört zu werden.

Geistliche Autorität hast du immer am Ort deiner natürlichen Berufung, etwa in der Elternschaft. Die einen nennen es „Standesgnade“, andere sprechen vom „Mandat“ oder eben von „Autorität“. Konkret: Wenn ich als Mutter für meine Kinder bete oder als Ehefrau für meinen Mann, dann bin ich in einer einzigartigen Position vor Gott, und dann hat meine Fürbitte mehr Gewicht als wenn mein Nachbar dieselbe Fürbitte aussprechen würde.

Und jetzt kommt das P.U.S.H. ins Spiel: Erst vor zwei Monaten habe ich die konkrete Fürbitte für meine Familie in die tägliche Gebetszeit aufgenommen, eher zufällig. Was dann passiert ist: In meinem ganzen Leben habe ich noch nie so viele erhörte Gebete und kleine Wunder erlebt wie in diesen zwei Monaten. Es war kein einziger Tag seither, wo sich nicht eine Sache zumindest prozesshaft umsetzt, die ich täglich bei Gott deponiere.

Dabei bin ich wirklich nachhaltig lästig. Ich gehe Gott auf die Nerven, lasse nicht nach, immer wieder konkrete Dinge für meine Familie zu erbitten, und er gibt mir jeden Tag etwas davon, immer genau so viel wie ich für diesen einen Tag brauche. Manna. Für einen Tag reicht es. Es sättigt. Es ist direkt von ihm, und meine inneren Selbstversorger, meine Trostschokolade, mein Sich-etwas-von-der-Seele-Reden, meine mannigfaltigen Mechanismen an Kontrolle und Absicherung verblassen immer mehr.

Meine fünf Minuten Fürbitte, mein tägliches P.U.S.H. sind demnach mehr als Selbstoptimierung. Meine kleine Fürbitte, das ist der Kieselstein, den ich ins Wasser werfe, und er zieht Kreise, rund um mich. Löst Probleme, Blockaden, Traumata bei mir und meinen Lieben, die uns daran hindern, so zu sein, wie Gott uns sieht, wie Gott uns braucht für diese Welt.

Ja, es ist ihm wichtig, wie es mir geht, wie es dir geht. Aber er will mehr! Er will deinen Blick heben, auf zu ihm, und er will dich befreien, damit du anderen dienen kannst, damit du Zeuge sein kannst für den Auferstandenen! Er will dich an Orte führen, wo noch keiner den Namen „Jesus“ gehört hat. Wo Wüste ist und ein sehnsüchtiges Warten auf Erlösung.

Darum ermutige ich dich heute, einzutreten für jene, für die du Autorität hast. Denk nach über deine Standesgnade, über dein Mandat für diese Welt. Und schöpfe das aus, lass es nicht verkommen, lass es nicht brach liegen, deinen Lebensacker, auch wenn er klein ist. Nicht die Größe zählt sondern die Früchte, die hervorgehen. Darum bete, bis etwas passiert…


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