Schönborn: Teile interne Kritik am Papst überhaupt nicht

20. Juni 2018 in Aktuelles


Wiener Erzbischof im OE24-Interview: Franziskus "ein Mann, der das Evangelium verkörpert" - Zur Zukunft der Kirche in Österreich sei er durchaus nicht pessimistisch, doch dies hänge vom Einsatz der Menschen im Land ab


Wien (kath.net/KAP) Der Papst ist "ein Mann, der das Evangelium verkörpert", und die interne Kritik an ihm, er sei "zuwenig klar" und habe "zuwenig Linie", teile er "überhaupt nicht", hat Kardinal Christoph Schönborn am Montagabend im TV-Sender OE24 betont. Er sei "sehr zufrieden" mit Franziskus, sagte der Wiener Erzbischof: "Und ich war übrigens auch mit den Vorgängern sehr zufrieden. Ich habe sie sehr gut gekannt."

In der Außenwahrnehmung seien Franziskus und Benedikt XVI. verschieden, weil Benedikt/Joseph Ratzinger auch als Papst Professor gewesen sei: "Ich war sein Student, er war ein grandioser Professor. Er ist auch Professor geblieben als Papst, und seine Lehre war hervorragend, spannend. Es gibt viele, auch Nichtchristen, die mit Faszination seine Schriften lesen", so Schönborn

Franziskus sei demgegenüber "ein Mann der Begegnung". Das sehe man in der Art, wie er Menschen umarme. "Ich war ja mit dem Klub Rapid beim Papst. Wie die Spieler von Rapid ihn umarmt haben und wie er das akzeptiert hat - das war erfrischend", berichtete der Kardinal über die Begegnung im vergangenen Mai im Vatikan.

Zur Zukunft der Kirche in Österreich sei er durchaus nicht pessimistisch, doch dies hänge vom Einsatz der Menschen im Land ab, sagte Schönborn: "80 Prozent der Österreicher wünschen sich, dass Österreich ein christliches Land bleibt. Und die Frage ist natürlich: Was tut ihr, liebe Österreicherinnen und Österreicher, damit Österreich ein christliches Land bleibt? Das bleibt es ja nicht von selber, da muss man ja etwas tun dazu. Wenn dir christliche Werte wichtig sind, dann musst du sie praktizieren. Sonst verschwinden sie halt." Wenn man die Kirche nur brauche, um ein schönes Hochzeitsfest zu haben, sei das "auch schön", aber "nicht das, was die Zukunft eines christlichen Österreich sichert".

Kirche darf nicht zeitgeistig sein

Der Wiener Erzbischof warnte vor einem falsch verstandenen "Aggiornamento": "Die Kirche muss heutig sein, aber nicht zeitgeistig. Es gibt ein berühmtes Wort von Gilbert Chesterton: Wer den Zeitgeist heiratet, wird sehr schnell Witwe. Das heißt: Anpassung ja, aber ich sehe die Herausforderung in Glaubwürdigkeit." Es gehe um das Zeugnis im Dienst für andere.

Als Beispiel nannte Schönborn den Jesuitenpater Georg Sporschill: "Pater Sporschill, der vielen bekannt ist wegen dem, was er in Rumänien für die Straßenkinder getan hat und jetzt für die Roma und Sinti tut - ein solcher Mann ist einfach glaubwürdig. Wenn wir genügend glaubwürdige Vertreterinnen und Vertreter des Christentums haben, brauchen wir keine Angst um die Zukunft des Christentums zu haben."

Befragt zum Frauenpriestertum sagte der Kardinal, im Gespräch sei die Einführung des Diakonats für Frauen, also die erste Weihestufe: "Es hat Diakoninnen gegeben in den ersten Jahrhunderten. Das könnte auch wieder eingeführt werden. Es hat aber nie Priesterinnen gegeben in der katholischen Kirche. Das wäre ein zu tiefer Eingriff in die 2.000-jährige Tradition, und auch Papst Franziskus hat gesagt: Das ist nicht vorgesehen."

Als zentrale Reformerfordernis für die Kirche nannte der Wiener Erzbischof, "dass wir das Evangelium praktizieren, also: Wie verhältst du dich deinem Mitmensch gegenüber? Das zeigt sich natürlich auch in der Flüchtlingsfrage". Da laute die Frage: "Ist das zuerst ein Mensch für dich? Oder ist das ein Störenfried." Und es werde sich auch Misserfolg einstellen, aber "Jesus hat nicht gesagt, ihr müsst erfolgreich sein, sondern ihr müsst glaubwürdig sein".

Abschließend zog Schönborn Bilanz über 23 Jahre als Erzbischof von Wien: "Es waren zum Teil schwierige Zeiten, die Anfangszeit war sehr schwierig. Ich bin sehr dankbar, dass wir heute in der Kirche im Großen und Ganzen ein gutes Einvernehmen haben. Es herrscht eine viel bessere Atmosphäre als vor 20 Jahren."

In seiner Anfangsphase 1995 habe es starke Polarisierungen - die Konservativen, die Fortschrittlichen - gegeben. "Heute spüren wir: Wir ziehen am selben Strang, wir haben dasselbe Evangelium, wir wollen in dieser Gesellschaft auch etwas verändern im Sinn des Evangeliums. Und ich bin heute sehr dankbar, wie sich die Dinge entwickelt haben. Aber es ist Luft nach oben. Es kann noch viel besser werden."

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