Schüttet Jesus euer Herz aus!

10. August 2018 in Kommentar


Mein Sehnen ist, dass jeder, der diesen Artikel liest, sich, am besten heute noch, bewusst persönliche Zeit alleine im Gebet nimmt - BeneDicta am Freitag von Linda Noé


Linz (kath.net)
Ich schließe die Türe des Badezimmers hinter mir zu und betrachte beim Zähneputzen mein eigenes, etwas blasses, aber trotz aller Ereignisse der letzten Tage doch verhältnismäßig unverändertes Spiegelbild. Ich bin immer noch ich, fühle mich nicht weiser oder fähiger als vor einigen Wochen. Das unfassbare Wunders des Lebens habe ich aus nächster Nähe erfahren, und doch gab es kein magisches „Pling“, das alle Unsicherheiten und Fragen meines Lebens hinweggefegt hätte.

Die Wucht des Gedankens überrollt mich in einem kurzen Augenblick, inklusive psychosomatischer Bauchkrämpfe: Ich bin Mama! Seit heute Nachmittag zuhause mit meinem ersten Kind, das ganz auf mich angewiesen ist. Auf MICH! Da ist niemand Erfahrener, der immer da und noch vor mir zuständig wäre, ich bin es selbst, rund um die Uhr.
Von Gott einfach hineingestellt in diese Aufgabe, und wie bei allen großen Dingen des Lebens ist absolut nicht vorhersehbar, wohin dieser gemeinsame Weg noch führen wird. Ich bin nicht alleine, denn Gott sei Dank sind wir eine Familie. Und doch.
Ich bin Valerie´s Mama, niemand sonst. Für immer werde ich es sein. Ihr und mein ganzes Leben lang.
Elf Jahre ist diese Begebenheit heute mittlerweile her, und ich erinnere mich noch lebhaft an diesen starken Moment mit Gott.

Schon länger bewegt mich der Gedanke, den ich in einem Impuls von Johannes Hartl gehört habe. Er schildert darin ein Treffen, in dem Christen zusammenkommen. Er vergleicht es mit einer Grillfeier, zu der jeder etwas mitbringen soll. Alle kommen jedoch mit leeren Händen und wundern sich darüber, dass die Feier nicht in Schwung kommt und niemand etwas zu essen hat. So sitzen sie also müde herum und sinnen darüber nach, wie toll es früher doch gewesen ist. Jeder ist mehr oder minder innerlich leer und ausgebrannt und möchte erbaut werden, vielleicht von einem „Wunderwuzzi- Christen“, der die Hände auflegt und alles wird gut .

Gegen die empfangende Haltung ist natürlich prinzipiell nichts einzuwenden. In der Heiligen Messe oder in der Anbetung ist es meist eher hinderlich, wenn wir dauernd gestalten und tun wollen und am Ende vielleicht selbst mit unserem Bemühen im Mittelpunkt stehen. Es geschieht schnell, dass wir vergessen, dass wir uns selbst heraus nichts geben können, dass wir nur lieben können, weil wir wir zuerst von Ihm geliebt und beschenkt worden sind.

Andererseits hat das erwähnte Beispiel von dem Treffen derer, die alle nichts mitbringen und nur selbst passiv betütelt werden wollen, stark zu mir gesprochen. Ist es nicht auch so, dass wir manchmal dort, wo Gott uns befähigen und hinstellen will, um selbst Verantwortung zu übernehmen und anderen zu dienen, unter Menschenfurcht, Unwillen und Bequemlichkeit leiden? Eventuell noch die Ausrede der (falschen) Demut und der vorgeschobenen eigenen Unfähigkeit benützen, um uns der Affäre zu ziehen? Dass wir manchmal lieber auf die großen Vorbilder im Glauben zeigen und uns sagen:“Ich bin nicht so toll wie der, ich kann eben nicht. Mit Jesus Gemeinschaft haben, etwas bewegen, für andere beten, evangelisieren, die Fahne hochhalten auch wenn es schwer fällt, das ist was für die besonderen Leute.“

In diesem Moment als unsichere Mama einer Neugeborenen, den ich oben geschildert habe, hat mich das Beispiel der Muttergottes bei der Verkündigung ermutigt. Sie wusste nicht lange vorher, wie alles geschehen würde. Sie kannte die große Verheißung über den Messias- und nun sollte sie selbst ihn auf die Welt bringen. DAS nenne ich mal Wucht eines Gedankens. Sie war demütig, hatte ein ganz reines Herz. Sie war jung. Sie kannte bestimmt andere Frauen, die sie für groß, gut, begabt hielt, Prophetinnen, Beterinnen, Erfahrenere. Und doch hat sie selbst ja gesagt, weil Gott durch den Engel zu ihr gesprochen und sie ihn gehört hat, weil sie Vertrauen hatte in seinen Willen.
Die wichtigste Antwort auf Gott war doch zunächst, dass sie Ihn, seinen Engel, überhaupt hören konnte. Maria war nach dem Evangelium eine Frau, die Dinge in ihrem Herzen bewegte, die Stille und Gegenwart Gottes in der Einsamkeit kannte und suchte. Sie war offensichtlich fähig, zu hören, nicht nur selbst zu sprechen im Gebet.

Gemeinschaft im Glauben ist für uns natürlich notwendig als Leib Christi. Suche ich aber auch oft genug ganz alleine, nackt und bloß, in der Stille, so wie ich bin, das Gespräch mit Gott? Ohne drumherum? Höre ich auch selbst seine Stimme, oder glaube ich, dass nur die anderen das können? Jesus ist das lebendige Wort des Vaters, es ist seine Liebe und sein tiefstes Sein, zu uns zu sprechen. Wenn ich Ihn in meinem Leben nicht hören kann, woran könnte das liegen, wenn ich doch sicher weiß, dass Er spricht?

Jesus ist, und das ist ja überhaupt noch der Zuckerguss der frohen Botschaft, nicht nur für unsere Sünden gestorben, sondern auch, damit wir Freunde Gottes werden können. Freundschaft ohne Kommunikation ist unmöglich. Jesus hat den Menschen Gleichnisse erzählt, bestimmt nicht um die Wahrheit VOR ihnen zu verstecken, sondern FÜR sie. Gott sucht ja Menschen, die Ohren haben, um zu hören, die sich die Zeit nehmen, um Ihn zu suchen, um Ihn zu fragen: „Meister, wo wohnst du?“

Jesus selbst hat uns ein Beispiel gegeben und sich in die Einsamkeit zurückgezogen um mit dem Vater Zeit zu verbringen.
"Gott ist der Freund der Stille. Je mehr wir im stillen Gebet bleiben, desto mehr können wir in unserem aktiven Leben geben“ ist ein Zitat von Mutter Teresa, der Frau, die es wissen musste, wenn wir betrachten, wie vielen Menschen sie so viel gegeben hat.

Dieser Satz scheint mir auch ein Schlüssel zu sein für das Beispiel der kraftlosen Gemeinschaft, in der keiner etwas mitbringt. Ich weiß, dass ich diese Zeit alleine mit Gott brauche, aber es ist nicht so leicht, immer dran zu bleiben. Gemeinsame Fixpunkte wie die Heilige Messe oder das Abendgebet als Familie sind für alle klar und können nicht so leicht unter den Tisch fallen wie meine Zeit alleine mit Gott, wenn ich müde bin, im Haushalt noch einiges zu tun wäre, oder beim Dümpeln in den sozialen Medien die kostbaren einsamen Minuten durch die Finger rinnen.


Wir brauchen, so glaube ich, mehr von diesen Müttern und Vätern in der Kirche.
Diejenigen, die selbst schon einen persönlichen Weg, auch auf steinigen Pfaden, mit Gott gegangen sind, die selbst an der Quelle trinken. Die anderen in Liebe davon weitergeben können. Die sich wie Mütter und Väter zurück stellen und dienen können, in der Gewissheit, selbst von Gott wieder zu empfangen.

In diesen heißen Sommerwochen, ob im Urlaub oder tapfer in der Arbeit, schicke ich herzliche Grüße an alle Leser von kath.net. Mein Sehnen ist, dass jeder, der diesen Artikel liest, sich, am besten heute noch, bewusst persönliche Zeit alleine im Gebet nimmt. Jesus das Herz ausschüttet, und dann auch darauf wartet und vertraut, dass Seine Gegenwart und Antwort kommen wird - lasst uns nicht gleich aufgeben! (Ich würde mich über Kommentare mit Ihren/ Euren Erfahrungen diesbezüglich unter dem Artikel freuen.)

Damit wir, wenn wir dann wieder zusammenkommen, nicht nur jammern und seufzen und uns über die schlechte Entwicklung in Kirche und Gesellschaft beklagen.

Damit wir auch mal gestärkt und strahlend kommen, und einander Zeugnis geben können von Seiner Gegenwart in unserem Leben. Die Kraft eines solchen Zeugnisses im Leben eines anderen könnte größer sein, als wir denken.


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