Effata! Neue Offenheit für den Menschen und die Welt

9. September 2018 in Aktuelles


Franziskus: die Notwendigkeit der zweifachen Heilung, in Leib und Geist. Die Menschwerdung: damit der Mensch, innerlich durch die Sünde taub und stumm, die Stimme Gottes hören kann. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Angelus am dreiundzwanzigsten Sonntag im Jahreskreis. In seiner Ansprache vor dem Mittagsgebet kommentierte Papst Franziskus das Evangelium vom Tag (Mk 7,31-37) von der wunderbaren Heilung eines Taubstummen.

Die Leute hätten einen Taubstummen zu Jesus gebracht und ihn angefleht, ihm die Hand aufzulegen. Stattdessen mache er mehrere Gesten. Er führe ihn von der Menge weg. Bei dieser Gelegenheit verhalte sich Jesus wie immer diskret. Er wolle die Leute nicht beeindrucken, er suche weder nach Popularität noch nach Erfolg, sondern er wolle nur den Menschen Gutes tun. Mit dieser Einstellung lehre er uns, dass Gutes ohne Lärm und ohne Prahlerei getan werden sollte.

Als er abseits gewesen sei, „legte Jesus ihm die Finger in die Ohren und berührte dann die Zunge des Mannes mit Speichel“. Diese Geste bezieht sich auf die Menschwerdung. Der Sohn Gottes sei ein Mensch, der in die menschliche Realität eingefügt sei. Daher könne er den schmerzhaften Zustand eines anderen Menschen verstehen und interveniert mit einer Geste, in die seine eigene Menschheit involviert sei. Gleichzeitig möchte Jesus deutlich machen, dass das Wunder durch seine Vereinigung mit dem Vater geschehe. Daher „blickte er zum Himmel auf, seufzte und sagte zu ihm: Effata!, das heißt: Öffne dich! Sogleich öffneten sich seine Ohren, seine Zunge wurde von ihrer Fessel befreit und er konnte richtig reden“. Die Heilung „war für ihn eine ‚Offenheit’ für die anderen und für die Welt“.

Diese Geschichte unterstreiche die Notwendigkeit einer zweifachen Heilung. Vor allem die Heilung von Krankheit und körperlichem Leiden, um die Gesundheit des Körpers wiederherzustellen, auch wenn dieses Ziel trotz der Bemühungen von Wissenschaft und Medizin im irdischen Horizont nicht vollständig erreichbar sei.

Doch es gebe eine zweite Heilung, die vielleicht schwieriger sei, „und es ist die Heilung von der Angst, die uns dazu treibt, die Kranken, die Leidenden, die Behinderten auszugrenzen“. Es gebe viele Möglichkeiten der Ausgrenzung, auch durch Pseudo-Mitleid oder durch die Verdrängung des Problems. Man bleibe taub und stumm angesichts der Schmerzen von Menschen, die von Krankheit, Angst und Schwierigkeiten gezeichnet seien. Zu oft würden die Kranken und die Leidenden zu einem Problem, während sie eine Gelegenheit sein sollten, die Fürsorge und Solidarität einer Gesellschaft gegenüber den Schwächsten zum Ausdruck zu bringen.

Jesus „hat uns das Geheimnis eines Wunders offenbart, das auch wir wiederholen können, indem wir zu Protagonisten des ‚Effatà’ werden, des Wortes ‚Öffne dich’“. Es gehe darum, uns den Bedürfnissen unserer leidenden und hilfsbedürftigen Brüder und Schwestern zu öffnen, Selbstsucht und das Schließen des Herzens zu vermeiden. Es sei genau das Herz, der tiefe Kern der Person, das zu „öffnen’, zu befreien Jesus gekommen sei, um es uns zu ermöglichen, die Beziehung zu Gott und zu den anderen voll zu leben.

Er sei Mensch geworden, damit der Mensch, innerlich durch die Sünde taub und stumm, die Stimme Gottes hören könne, die Stimme der Liebe, die zu seinem Herzen spreche, und so lerne, seinerseits die Sprache der Liebe zu sprechen und sie in Gesten der Großzügigkeit und Selbsthingabe zu übersetzen.


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