Theologe: Öffentlich unsichtbare Religion schafft Probleme

21. September 2018 in Aktuelles


Innsbrucker Theologie-Dekan Quitterer: Glaube an Gott und Jesus heute ebenso "Störfaktor" wie öffentliches Bekenntnis zu Allah und Mohammed - Aber: Es drohen Frömmlerei oder Fundamentalismus


Innsbruck (kath.net/KAP) Die Beseitigung religiöser Symbole und Sprechakte aus dem öffentlichen Raum führt zu problematischen Folgen. Der Dekan der Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck, Josef Quitterer hat in einem Beitrag zur Kreuzesdebatte in der Kirchenzeitung "Tiroler Sonntag" vor zunehmender "religiöser Sprachlosigkeit" gewarnt und davor, "dass Religion dem Bereich der subjektiven Beliebigkeit überlassen wird". Wenn religiöse Überzeugungen jedoch keinen öffentlichen Ausdruck mehr finden, würden sie nicht mehr nachvollziehbar und korrigierbar, so der Theologe. Eine ins Private zurückgedrängte Religion müsse keine Rechenschaft mehr ablegen über ihre Sinnhaftigkeit, ihren Nutzen für das Allgemeinwohl und ihre Vereinbarkeit mit den Grundnormen unserer Gesellschaft, warnte er.

Der Trend zu einer fortschreitenden Säkularisierung des öffentlichen Raums führt laut Quitterer gerade nicht dazu, dass Religion verschwindet - "im Gegenteil: Das Religiöse, das dann seinen Ort im privaten Gefühlsleben und verschworenen Zirkeln bekommt, manifestiert sich in einer harmlosen Ausprägung in frömmlerischer Gefühlsduselei und in seiner gefährlichen Variante im religiösen Fundamentalismus".

Ein abgenommenes Kreuz im Hörsaal werde so zu einer verpassten Gelegenheit, die damit verbundenen Glaubensüberzeugungen in den öffentlichen Diskurs von Vernunft und Wissenschaft einzubringen, gab der am Institut für Christliche Philosophie lehrende a.o. Professor zu bedenken. Nur eine Religion, die sich in Symbolen und Bekenntnissen in den öffentlichen Raum begibt, setze sich der kritischen Reflexion aus und sei besser gefeit vor Absolutierungen und religiösen Kurzschlüssen.

Warum soll das Kreuz weg?

Mit der Begründung, Religion sei Privatsache, würden heute Kreuze aus Hörsälen, Krankenhäusern und Schulen verbannt, Kirchenkreuze auf Produktverpackungen würden wegretuschiert, ja sogar die Existenz von Gipfelkreuzen werde in Frage gestellt. Zur Frage nach dem Grund dafür erklärte Quitterer: "Es geht wohl kaum darum, den Machtanspruch der katholischen Kirche zurückzuweisen." Das Kreuz als Symbol von mehr als 500 christlichen Kirchen könne keiner bestimmten religiösen Gemeinschaft zugeordnet werden.

Der Innsbrucker Theologe sieht als eigentliches Motiv hinter den Entfernungsbestrebungen, dass der Glaube an Gott und Jesus Christus heute ebenso "als Störfaktor gilt" wie das öffentliche Bekenntnis zu Allah und seinem Propheten Mohammed. Religiösen Überzeugungen werde ein Platz ausschließlich im privaten Bereich und im subjektiven Erleben zugewiesen. Religiöse Bekundungen würden als peinlich und als politisch nicht korrekt gelten. An die Christinnen und Christen richtete Quitterer die Gewissensfrage: "Wie viele ... wagen es heute noch, in der Öffentlichkeit (außerhalb der Messfeier) ihren Glauben an ein Weiterleben nach dem Tod und an die Auferstehung auszudrücken?"

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Foto Dekan Quitterer (c) Universität Innsbruck


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