Papst verteidigt China-Abkommen und spricht über Missbrauch

26. September 2018 in Weltkirche


Papst bei "Fliegender Pressekonferenz" zur neuen Vereinbarung mit Peking: "Am Ende ernennt der Papst die Bischöfe; das ist klar" - Jeder einzelne Missbrauchsfall in der Kirche "ungeheuerlich", auch Kirche musste im Umgang mit Missbrauch dazulernen


Rom (kath.net/KAP) Papst Franziskus hat das neue Abkommen des Vatikan mit China verteidigt. Die Vereinbarung zur Ernennung von Bischöfen bedeute "einen Dialog über mögliche Kandidaten", aber "am Ende ernennt der Papst die Bischöfe; das ist klar", sagte Franziskus beim Rückflug von seiner Baltikum-Reise nach Rom am Dienstagabend vor mitreisenden Medienvertretern. Die Verantwortung für das Abkommen liege allein bei ihm, betonte Franziskus bei der üblichen "Fliegenden Pressekonferenz", in der der Papst auch auf das Thema Missbrauch einging.

Ein für ihn entscheidender Impuls, das Abkommen mit Peking jetzt zu unterzeichnen, sei eine gemeinsame Solidaritätserklärung der chinesischen Bischöfe gewesen, sagte Franziskus. Nach den Vorwürfen des früheren Nuntius in den USA, Erzbischof Carlo Maria Vigano, gegen ihn Ende August hätten ihm die Bischöfe aus China geschrieben, sie stünden zu ihm. Unterzeichnet gewesen sei der Brief sowohl von einem Bischof der patriotischen Kirche wie der Untergrundkirche. "Das war für mich ein Zeichen Gottes", so Franziskus.

Gleichzeitig ließ er durchblicken, das Abkommen mit Peking sei für die Kirche nicht optimal. "Wenn man ein Friedensabkommen schließt oder eine sonstige Vereinbarung, verlieren beide Seiten etwas", so Franziskus. Er wisse um den Widerstand, um die Katholiken in China, die viel gelitten hätten. Sie besäßen aber einen starken Glauben und Vertrauen in das, was der Nachfolger des Petrus entscheide. Das sei ihm in etlichen Zuschriften aus China deutlich geworden.

Auf den bislang nicht näher bekannten Inhalt des am vergangenen Samstag unterzeichneten Abkommens ging der Papst nicht weiter ein. Er erinnerte lediglich daran, dass auch zu früheren Zeiten nicht allein der Papst über Bischöfe entschieden habe. So hätten rund 350 Jahre lang die Könige von Spanien und Portugal die Bischöfe in Lateinamerika ernannt. Diesen habe der Papst nur noch seinen Segen gegeben. Ähnlich sei es in Österreich-Ungarn bei Kaiserin Maria Theresia gewesen. Tatsächlich lag bis zum Ende der Habsburger-Monarchie in Österreich das Ernennungsrecht der Bischöfe beim Kaiser bzw. bei der Bürokratie des Kultusministeriums. Die vom Kaiser präsentierten Bischofskandidaten wurden in der Folge vom Papst bestätigt.

Die jetzt vorliegende vorläufige Vereinbarung mit China sei das Ergebnis jahrelanger Arbeit, an der etliche Kurienmitarbeiter unermüdlich beteiligt gewesen seien, fügte Franziskus hinzu. Sie hätten die jeweiligen Textentwürfe, die auf seinem Schreibtisch landeten und mehrfach besprochen worden seien, genauestens durchgearbeitet. Daher habe er, der letztlich die Verantwortung trage, großes Vertrauen in ihre Arbeit gehabt. Am Ende bat Franziskus um das Gebet für jene, die das nicht verstehen könnten oder die jahrelang im Untergrund gelitten hätten.

Der Vatikan und China hatten am Wochenende ein "vorläufiges Abkommen" zur Ernennung von Bischöfen geschlossen. Papst Franziskus erkannte acht regierungstreue Bischöfe an, die ohne päpstliche Zustimmung geweiht worden waren. Damit stehen erstmals seit über 60 Jahren alle katholischen Bischöfe Chinas in Gemeinschaft mit Rom. Teile der chinesischen Kirche hatten die Verhandlungen mit Sorge verfolgt. Sie warfen dem Vatikan Naivität vor und warnten vor einem "Ausverkauf" der Kirche in China.

Jeder einzelne Missbrauch "ungeheuerlich"

Im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal verwies der Papst darauf, dass die Fälle in jüngster Zeit zurückgegangen seien, weil die Kirche erkannt habe, dass sie diese auf eine andere Weise als früher bekämpfen muss. Gleichzeitig gelte es, Fehlverhalten früherer Zeit nicht ausschließlich nach heutigen Kriterien zu betrachten. In früheren Zeiten seien solche Vergehen überall verschwiegen worden; auch in Familien, "wo der Onkel die Nichte vergewaltigte, der Vater die Kinder - weil das eine riesengroße Schande war", sagte Franziskus. So sei man leider im vergangenen Jahrhundert damit umgegangen.

Natürlich seien Menschen dennoch heute mit Recht durch Skandale in der Kirche empört, besonders wenn es um Missbrauch gehe, antwortete der Papst auf eine entsprechende Frage mitreisender Journalisten. Und jeder einzelne Kindesmissbrauch durch Kirchenmänner sei besonders "ungeheuerlich", denn die Kirche solle Kinder Gott nahebringen, statt ihr Leben zu zerstören.

"Es gibt aber ein Prinzip, das mir hilft, die Geschichte zu verstehen", so der Papst: Ein historisches Faktum sei aus dem Kontext seiner Zeit zu deuten und nicht allein durch eine Hermeneutik von heute. Das gelte etwa für die Beurteilung von Verbrechen gegen indigene Bevölkerungen, die oft voller Ungerechtigkeit und äußerst grausam gewesen seien. Ähnlich verhalte es sich bei der Todesstrafe, die noch Ende des 19. Jahrhunderts auch im Kirchenstaat angewandt worden sei.

Das moralische Bewusstsein wachse über die Jahre hinweg, sagte Franziskus. Auch die Kirche habe lernen müssen. So zeige etwa der Bericht über den Umgang mit sexuellem Missbrauch in Diözesen des US-Bundesstaates Pennsylvania, dass vor allem in den ersten 70 Jahren des untersuchten Zeitraums Priester tätlich geworden seien. In jüngster Zeit seien die Zahlen deutlich zurückgegangen, weil die Kirche aufmerksamer geworden sei, sagte der Papst. So habe er in jüngster Zeit von der Glaubenskongregation zahlreiche Urteile gegen Geistliche erhalten, und er habe die Behörde aufgefordert weiterzuarbeiten. Das sei nicht verhandelbar.

Archivfoto Papst Franziskus


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