„Also, Papa Francesco, Du entscheidest!“

1. Oktober 2018 in Kommentar


Gefährten Jesu oder "schwule Jungs"? Replik auf den SPIEGEL 39/2018. Gastbeitrag von Franz N. Otterbeck


Köln-Deutz (kath.net) Der jüngste SPIEGEL würdigt die "spektakulär misslungene" DBK-Studie (Lütz) mit keinem Wort. Das überrascht nicht. "Nachrichten" machte das Nichtmehr-Magazin lieber im Vorfeld der Publikation derselben. Kein Wunder. Das enthauptete Leitmedium, im Vorruhestand, flaggt ja seit jeher in antikatholischem Schwarzweißrot.

Dazu muss man wissen, dass der Gründer des "Sturmgeschützes" Deutscher Demokratie (wie man seit der Spiegel-Affäre 1962 in damals noch nicht verjährtem Jargon sagte), anders als sein Bruder, der katholische Strafverteidiger Josef Augstein, in seiner Jugend ein glühender Nazi war, bevor er sich zum liberalen Nationalisten bekehrte. Als solcher bekam er von der Besatzungsmacht eine Lizenz zum "Gelddrucken". Heute aber ist das "Schmierblatt" (Adenauer) eine ziemlich feige, fast bis ins Mark verdorbene Institution – und zwar nicht nur "contra sextum". Gegen das VI. Gebot, gegen die Keuschheit, war man da fraglos schon immer. Papst Franziskus hat aber die Zehn Gebote gar nicht abgeschafft! Obwohl die Deutsche Presse - einschließlich der von Deutschen Bischöfen bezahlten "Medien" – das seit 2013 propagierte.

Neulich titelte der SPIEGEL (39/18) folgerichtig: "Du sollst nicht lügen". Auf dem Titel ist der schon mehrfach in den prominenten Spiegel-Rahmen gerückte Heilige Vater zu sehen, jetzt aber dargestellt in den "Lieblingsfarben des Satans": Rot und Schwarz. Wobei mancher SPIEGLER eher ans Casino-Roulette von Baden-Baden denken mag und der Feuilletonist an den Roman von Stendhal. Einem altlinken Redakteur fällt dazu morgens zwar noch die ihm vertraute Flagge der 'Befreiungsfront' von Nicaragua ein, nachts aber – "ich könnt' schon wieder" - denkt er ans 'Moulin Rouge' auf der Reeperbahn.

Keuschheit ist noch nicht wieder in Mode, trotz 'Amoris laetitia', Kapitel VIII. Stattdessen findet in unserem "Kulturraum" ein krampfhafter Kampf statt gegen "Sexismus und Homophobie", beides stets in einem Atemzug genannt. In diesem Kontext, SPIEGEL, zielt Dein Kampf aber zu kurz. Dein Sturmgeschütz erreicht diesmal nicht mehr die leoninische Mauer des "ewigen Rom", anders als im August 1968 ("Nein zur Pille"). Denn das Problem sitzt tiefer als von Dir ermittelt. Auch wenn dieses "Nine-Eleven" in der Kirche (so Georg Gänswein) mit vollem Recht einen heilsamen Schock auslösen muss.

SPIEGEL, was nützt es uns, wenn Deine weltreisend-rasenden Reporter, die sogar Quellen in Buenos Aires wider den "Anti-Antichristen" vor Ort anzapften, so wenig von Theologie und Moral verstehen, dass sie verwegen widersinnig formulieren: die homosexuelle "Neigung" sei nach katholischer Lehre "in sich" nicht sündhaft, aber "sittlich betrachtet" gelte sie (!) als schlechtes Verhalten (S. 17, Sp. 1)? Was denn? Neigung oder Verhalten? Der vorsätzlich homosexuelle Akt, der den actus conjugalis der Eheleute "nachzuahmen" trachtet, ist schwere Sünde; begangen an Jungs oder Jugendlichen eine weit schwerwiegendere Sünde als nur unter Erwachsenen. Aber auch unter Erwachsenen ist nicht alles in Ordnung, solange "es" nur selbstbestimmt vollzogen wird; speziell dann, wenn keine einschlägige "Tendenz" gegeben war. Wer unglückseligerweise nicht anders leben will, keusch, sollte seine Homosexualität aber immer-weniger-sündhaft ins Leben zu integrieren wagen. Denn die zügellose Autonomie ist nunmal nichts anderes als "ein Starrkrampf" (Guardini). Es macht zwar einen Unterschied, ob verdorbene Priester im Vatikan sogar Kokain-Orgien zelebrieren oder ob ein verstockt schwuler Pater Detlef sich nur im Urlaub ab und an eine kurze "Begegnung" herausnimmt, weit außerhalb seines Wirkungskreises. Von Übel ist aber beides.

Heute kämpft so gut wie niemand mehr für die heilige Reinheit, insbesondere nicht der im SPIEGEL vielleicht letztmal zitierte Kardinal (S. 18), der, selber eher Renaissancefürst, mit der "Renaissance des Marxismus" kokettierte. Es werden aber immer mehr Betriebs-Kampfgruppen wider "Sexismus und Homophobie" installiert, speziell auch an den Universitäten. Gemeint ist damit das Homo-Lobbying. Der perverse Akt gilt als normal. Das normale Interesse wird aber zur Infamie deklariert. Umwertung der Werte. Daher wagt es auch der SPIEGEL nur ganz zaghaft anzudeuten, dass die Skandale im katholischen Klerus in allerweitestem Ausmaß ein Problem nachhaltig homosexueller Unkeuschheit sind. So ist es und nicht anders! Das zentrale Problem ist die homosexuelle Ausschweifung im Klerus (nebenbei: auch das diskrete Lesbentum in mancher "spirituellen" Weibergemeinschaft schadet), die immer weiter um sich greift und der kaum ein Bischof mehr zu widerstreiten wagt. Peinlich ist schon, was Felix Genn in Münster so alles durchgehen lässt. Noch peinlicher ist, wie Ackermann in Trier eifrig mit zweierlei oder dreierlei Maß misst. Als der Verfasser 1986 im Bonner Collegium Albertinum "zu Gast" war, ahnte er noch nichts davon, warum die "schwulen Jungs" sich damals so vehement gegen den geplanten Umzug des Konvikts nach Bensberg wehrten. Ganz weit draußen!

Wer in dieser Kirchenkrise "aufräumen" will, der muss zuerst den Traktat von der Willensfreiheit wieder lernen und auch lehren. Es geht nicht um Schwarz und Rot, ums dämonische Spiel, sondern um Schwarz auf Weiß, zu deutsch: Die Wahrheit bleibt die Bedingung von Gerechtigkeit und Liebe, iustitia et caritas. Zur Wahrheit über den Menschen ist von etlichen Leitmedien jedoch kein sinnvoller Beitrag mehr zu erwarten. In einer nurmehr halboffenen Gesellschaft steht die Kirche also immer in der Entscheidung. Das gilt um so mehr, wenn der "offene" Diskurs immer offener "sozial" als gelenkt erscheint, also massiv 'Das Christliche' auszumerzen trachtet, auch mittels der berechtigten Skandalisierung echter Skandale. Die "Holz-Auflage" (Paul Badde), das Printmedium wird vom "Netz" gejagt; und so immer närrischer zur Fabrikation von "Fake" verführt. Laut SPIEGEL 40/18 ist Merkel schon am Ende! Halali? Reality existiert in Bälde nur noch als Soap. Man wird sich mithin philosophisch, mehr noch als theologisch, auf den "Thomismus" besinnen müssen, der zu Unrecht als "Platonismus" verunglimpft wurde: Die Wirklichkeit trägt nämlich Wahrheit in sich. Basta.

Es gibt verdienstliche Handlungen, die vor Gott und im Himmel zählen. Die Unterlassung unkeuscher Handlungen zählt "an vorderster Front" mit dazu. Es gibt ihn nämlich, den Verzicht um des Himmelreiches willen. Kasteiung zielt auf Reinigung: "Ein Stück weit" zölibatär müssten alle Menschen leben, wenn die Zivilisation intakt weiterleben will. Im "global village" mehr denn je zuvor. Schon vor Jahrhunderten rang die Kirche Gottes um das Maß der Willensfreiheit, "Gnadenstreit" genannt. Wie sehr bestimmt die Gnade Gottes unser Geschick? Ganz? Kaum? Beides? Darüber ist nachzudenken! Dieser Streit wurde von Papst Paul V. NICHT entschieden, weshalb der Borghese-Papst sich, als einer der wenigen Römer im römischen Amt (nach Pacelli war am ehesten noch Joseph Ratzinger ein "civis romanus"), sozusagen mit Recht auf der Fassade des Petersdoms verewigt hat. Nichtentscheidung ist mitunter die unfehlbarste Entscheidung. Seither dürfen sich die beiden Lager gegenseitig nicht mehr "verketzern". Sie tun es aber mitunter trotzdem, beispielsweise Antonio Spadaro SJ, der aus seiner Zeitschrift "im Lager der Freiheit", aus der Civiltà Cattolica ein Sturmgeschütz des von mir so genannten 'teilhardisme-rahnerien' machen will. So nenne ich die im Jesuitenorden seit Teilhard de Chardin und Karl Rahner grassierende Weltanschauung, die zwar universal-human sein will, dies aber nur sein könnte, bliebe sie noch im katholischen Dogma verankert. Näheres dazu bei Jacques Maritain, 'Le paysan ...' (1966).

Die 'Societas Jesu' wird sich entscheiden müssen, ob sie Weggefährtin Jesu bleiben will oder nicht. Die im SPIEGEL unlängst genüsslich aufbereiteten Skandale deutscher Jesuiten legen das dringend nahe. Leider hat J.M. Bergoglio SJ nicht seinen Orden reformiert, sondern hat sich, wie von ausgewählten Kurialen, so auch von Einflüsterern von dort "bekehren" lassen, wie es immer mehr den Anschein hat. Er galt als konservativ und ist es in seiner Frömmigkeit auch. Aber er hatte sich offenkundig zu viel vorgenommen, in aller Bescheidenheit und Demut. Also werde auch ich, wie bislang nur selten, Martin Mosebach zustimmen, der früh urteilte: "Papst Franziskus"? Das sei ein Widerspruch in sich! Einen 'Franz den Zweiten' wird es wohl kaum geben. In der Historie könnte es durchaus einsam um 'Pope Francis' werden, wie dereinst um Papst Lando, der auch bislang keinen "Zweiten" hervorbrachte.

Wenn der römische Pontifex jetzt aber endlich zur "Agenda Benedetto + Co." zurückfände, die erstmals auch der SPIEGEL lobt (S. 18, Sp. 3), könnte ihm noch manche Großtat glücken. Wohlan denn, auf zu Neuen Ufern, den alten also. 'Duc in altum' (Lk 5,4) besagt nämlich nicht: hin zu "anderen Ufern".

Also, Papa Francesco, Du entscheidest!

Der Verfasser, Dr. iur. Franz Norbert Otterbeck, ist Rechtshistoriker und Wirtschaftsjurist. Siehe auch kathpedia: Franz Norbert Otterbeck.


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