Das Schweigen zu Viganòs Vorwürfen schadet Papst und Kirche

11. November 2018 in Weltkirche


Diskussion auf EWTN: Papst Franziskus schadet sich selbst und der Kirche, wenn er auf Erzbischof Viganòs Vorwürfe nicht antwortet. Homosexualität ist ein Faktor in der Missbrauchskrise.


Washington D.C. (kath.net/LSN/jg)
Die katholische Kirche muss selbst in der Lage sein, klerikale Missbrauchsfälle aufzuklären. Diese Aufgabe darf nicht auf die weltliche Justiz beschränkt bleiben. Dies ist eine der wesentlichen Aussagen der Sendung „World Over“ des katholischen Senders EWTN von 25. Oktober.

Moderator Raymond Arroyo diskutierte mit Robert Royal, dem Chefredakteur von The Catholic Thing und Gerald Murray, einem Kirchenrechtler und katholischen Priester der Erzdiözese New York.

Murray kritisierte, dass noch immer kein kirchlicher Prozess gegen den ehemaligen Kardinal Theodore McCarrick durchgeführt worden sei. Er sei bereits im Juni glaubwürdig beschuldigt worden, einen Ministranten in der St. Patricks Kathedrale in New York sexuell belästigt zu haben.

Murray sieht hier auch den Papst in der Pflicht. Er sei froh, dass der Papst in Chile gegen die Täter vorgehe und gerade erst zwei Bischöfe abgesetzt habe, die Missbrauch begangen hätten. Dies sollte auch in den USA geschehen, verlangte er.

Robert Royal unterstützte Murray. Die Kirche müsse zeigen, dass sie in der Lage sei auch gegen Bischöfe vorzugehen, ob sie selbst Missbrauch begangen, Fälle vertuscht oder einfach nur weggeschaut hätten. „Das ist ein ernstes Problem, das darüber entscheiden wird, ob die Kirche noch moralische Glaubwürdigkeit haben wird“, sagte er wörtlich.

Arroyo kam dann auf das dritte Memorandum von Erzbischof Carlo Maria Viganò zu sprechen. Der ehemalige Nuntius hatte darin erneut Homosexualität unter Klerikern als eine wesentliche Ursache der Missbrauchskrise bezeichnet. Arroyo fragte, ob die Botschaft in Rom angekommen sei.

Murray wies darauf hin, dass Papst Franziskus in seinem Brief an die Bischöfe Chiles vom 5. August homosexuelle Priester, die Seminaristen nachstellen, als Problem identifiziert habe. Der Papst wisse bescheid und greife in Chile auch durch, sagte Murray. Man könne nicht so tun, als ob Homosexualität kein Thema sei, wenn so viele Opfer männliche Teenager und junge Männer seien, die von männlichen Klerikern missbraucht worden seien, betonte er.

Papst Franziskus habe zu den Vorwürfen von Erzbischof Viganò bis heute keine Stellungnahme abgegeben, sagte Arroyo und fragte Royal, ob der Papst weiter schweigen könne.

„Nun, offensichtlich kann er“, sagte Royal wörtlich. Das Schweigen habe aber seinen Preis. Möglicherweise sei das Schreiben von Kardinal Ouellet, dem Präfekten der Bischofskongregation, als Antwort auf Viganò gedacht, vermutete Royal. Bis jetzt habe jedenfalls niemand die Vorwürfe Viganòs zurückgewiesen. Auch Ouellets Schreiben ändere daran nichts.

Der Hauptvorwurf sei, dass das Fehlverhalten McCarricks bereits vor Jahrzehnten im Vatikan bekannt gewesen sei. Trotzdem sei er in der kirchlichen Hierarchie aufgestiegen Kardinalerzbischof von Washington geworden. Nach seiner Emeritierung habe ihm Papst Benedikt ein Leben in Gebet und Buße verordnet und öffentliche Auftritte untersagt. Nach der Wahl von Franziskus sei er plötzlich wieder aufgetaucht. „Diese Dinge kann man nicht ignorieren – man kann sie ignorieren, aber das hat seinen Preis“, sagte Royal wörtlich.



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