Jesuiten gegen Focolarini: Die Seligsprechung von Chiara Lubich

23. November 2018 in Weltkirche


Aus den Reihen der Jesuiten kommt Kritik an ‚sektiererischen Tendenzen’ in der Fokolar-Bewegung und anderen neuen geistigen Bewegungen.


Vatikan (kath.net/jg)
Seit Giovanni Kardinal Becciu 2018 zum Präfekten der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungen ernannt worden ist, schien die Seligsprechung von Chiara Lubich, der Gründerin der Fokolarbewegung nur mehr eine Frage der Zeit zu sein. Becciu gehört selbst der Bewegung an. Die Gegner einer Seligsprechung Lubichs sollten nicht unterschätzt werden, schreibt Vatikanjournalist Sandro Magister in einem Artikel auf seinem Blog. (Siehe Link am Ende des Artikels)

Zu den einflussreichsten Gegenspielern zählen Jesuiten, also Angehörige jenes Ordens, aus dem der gegenwärtige Papst komme, fährt er fort. Die schärfste Kritik am theologischen Denken Chiara Lubichs stamme von Jean-Marie Hennaux, einem Professor am IET, der theologischen Fakultät der Jesuiten in Brüssel.

Er hat sein vernichtendes Urteil an Raffaello Martinelli, den Bischof von Frascati, geschickt, kurz bevor dieser das Seligsprechungsverfahren für Lubich offiziell eingeleitet hat. Das Mutterhaus der Fokolarbewegung liegt in der Diözese Frascati. Chiara Lubich hat hier die letzten Jahrzehnte ihres Lebens verbracht.

Die Analyse von Hennaux ist auch in ein 2017 erschienenes Buch aufgenommen worden, das sich sehr kritisch mit „sektiererischen Tendenzen“ in einer Reihe von Bewegungen auseinander setzt. Der Vorwurf wird nicht nur gegen die Fokolar-Bewegung erhoben, sondern auch gegen das Opus Dei, die Legionären Christi und den Neokatechumenalen Weg.

Das Buch trägt den Titel „De l’emprise à la liberté. Dérives sectaires au sein de l’Église. Tèmoignages et réflexions.“ („Von der Abhängigheit zur Freiheit. Sektiererische Tendenzen im Innersten der Kirche. Zeugnisse und Reflexionen“) und wurde in einem belgischen Bildungszentrum der Jesuiten vorbereitet.

Es enthält zwei Interviews von Renata Patti mit Kardinal Carlo Martini SJ, in welchen sich der emeritierte Erzbischof von Mailand sehr kritisch über die neuen geistigen Bewegungen äußert.

Das Zeugnis von Renata Patti, einem ehemaligen Mitglied der Fokolar-Bewegung, hat für die Entstehung des Buches eine wichtige Rolle gespielt. Sie hat 2012 ihre Erinnerungen an die vierzig Jahre veröffentlicht, die sie in der Bewegung war. Nach ihrem Austritt 2008 hat sie an der theologischen Fakultät der Jesuiten in Brüssel studiert.

Die Entscheidung über eine Seligsprechung liege bei Papst Franziskus. Dieser habe zwei einflussreiche Kardinäle aus den Reihen der Fokolar-Bewegung in der Kurie. Neben Kardinal Becciu ist dies João Braz de Aviz, der Präfekt der Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens. Es sei aber natürlich möglich, dass er der kritischen Linie der Mitglieder seines Ordens folge, schreibt Magister.


Link zum Artikel von Sandro Magister auf seinem Blog bei L’Espresso (englisch):

Jesuits Against Focolarini. The Beatification of Chiara Lubich in Doubt



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