Kardinal: Viele ignorieren, dass Gläubige in der Minderheit sind

30. November 2018 in Weltkirche


Etliche Kleriker lebten noch wie "in Dorf, in dem sonntagmorgens, wenn die Glocken läuten, die Leute zur Kirche rennen", meint Kurienkardinal Ravasi - Kein wirklicher Atheismus, aber Form religiöser Apathie in den meisten westlichen Ländern


Rom (kath.net/KAP) Viele Kleriker wollen aus Sicht von Kurienkardinal Gianfranco Ravasi (Archivfoto) immer noch nicht wahrhaben, dass im Westen gläubige Menschen eine Minderheit seien. "Die leben immer noch so, als lebten wir in einem Dorf, in dem sonntagmorgens, wenn die Glocken läuten, die Leute zur KircheEtliche Kleriker lebten noch wie "in einem Dorf, in dem sonntagmorgens, wenn die Glocken läuten, die Leute zur Kirche rennen", meint der italienische Kurienkardinal Ravasi - Kein wirklicher Atheismus, aber Form religiöser Apathie in den meisten westlichen Ländern rennen", sagte der Präsident des Päpstlichen Kulturrates im Interview der Zeitung "Corriere della Sera" (Donnerstag). Ravasi äußerte sich vor Beginn einer Konferenz zur Umwidmung von Kirchen, die bis Freitag in der Päpstlichen Universität Gregoriana stattfindet.

In den meisten westlichen Ländern gebe es keinen wirklichen Atheismus. "Vielmehr herrscht eine Form religiöser Apathie: Ob es Gott gibt oder nicht, ist egal", umschrieb der italienische Kurienkardinal das vorherrschende Bewusstsein. Das führe aber dazu, dass jeder sich sein eigenes moralisches System aufbaue, wie es für ihn überzeugend ist und passt.

Selbst wenn in Umfragen sich jemand als Christ bezeichne, besage das mitunter wenig, so Ravasi. Vor einiger Zeit habe er auf Twitter geschrieben: "Ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen" und massenhaft heftigste Reaktionen erhalten. "Die allermeisten haben nicht einmal kapiert, dass ich das Evangelium zitiert habe, Matthäus 25,43."

Als mögliche Reaktionen sieht der Kardinal zwei Alternativen. Die eine sei das Verhalten vieler protestantischer Kirchen: dem Trend nachzugeben, sich zurückzuziehen und auf ein Minimum religiöser und moralischer Aussagen zu beschränken. Das halte er aber für falsch. "Die Präsenz von Gläubigen, auch wenn es wenige sind, muss ein Schrei sein, kein Flüstern", so Ravasi. Besser sei es, auf diese Weise den Kern der christlichen Botschaft zu bewahren: "die Zehn Gebote, die Bergpredigt, die Wahrheit, Leben und Tod".

Dazu müssten diese aber so verkündet werden, dass man sie heute versteht, in entsprechender Sprache und Medien. Papst Franziskus etwa mache das vor, wenn er in einfachen kurzen Sätzen spricht, indem er wie Jesus sprechende Bilder verwendet, in virtueller Welt Greifbares schildert.

Die zweitägige internationale Tagung "Dio non abita più qui?" (Wohnt Gott hier nicht mehr?) befasst sich mit Möglichkeiten der Umwidmung kirchlicher Gebäude. Allein in Italien sind rund 65.000 Kirchen im Besitz von Pfarren und Diözesen. Organisiert wird die Konferenz von der Gregoriana, dem Päpstlichen Kulturrat und der Italienischen Bischofskonferenz.

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