'Der Geist weht, wo er will'

6. Februar 2019 in Jugend


Manches haben wir Katholiken vielleicht ein wenig vergessen und wir sollten von unseren Geschwister im Glauben in anderen kirchlichen Gemeinschaften lernen - Die Jugendkolumne von kath.net - Diese Woche ein Beitrag von Alexandra Hartlieb


Linz (kath.net)
Dieser Satz, in aller Kürze und Einfachheit, beschäftigt mich schon seit einiger Zeit. Ja, er weht, wo er will, oft auch da, wo wir ihn nicht vermuten. Immer öfter mache ich mir intensiv Gedanken über Ökumene, früher stand ich diesem Thema aber sehr ablehnend gegenüber. „Was die anderen machen, interessiert mich nicht, denn nur wir Katholiken haben die Wahrheit“, war meine Devise, ich selbst kam mir sehr klug vor und war bereit, fast jeden, der etwas entgegen meiner Meinung sagte, eines Besseren zu belehren. Ich lernte traditionalistische Priester kennen, die alles verurteilten, was nicht katholisch war und alles abwerteten, was ihnen fremd war, was nicht ihrer Spiritualität entsprach und mit der Zeit wurde ich immer mehr wie sie, wenn ich doch auch immer wieder Zweifel an dem hatte, was sie sagten.

Doch der Geist weht wo er will und oft wehte er genau da, wo ich ihn nicht erwartet hatte, bei Freichristen, Pfingstlern, Protestanten, Orthodoxen, usw. Ich bin überzeugt, dass die Fülle der Wahrheit in der katholischen Kirche zu finden ist, aber ich durfte erfahren, wie sehr der heilige Geist auch in anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften wirkt. Ich gehe sogar einen Schritt weiter und sage: Manches haben wir Katholiken vielleicht ein wenig vergessen oder verloren und wir sollten auf unsere Geschwister im Glauben in den anderen Kirchen/kirchlichen Gemeinschaften schauen und von ihnen (wiederer-)lernen. Ich habe große Freude daran, wenn ich sehe, dass beispielsweise einige meiner Freunde und Bekannten in regem Kontakt mit anderen christlichen Geschwistern stehen und dadurch die Kühnheit finden, mit Kranken und für Kranke um Heilung zu beten, ihnen die Hände aufzulegen. Ich sehe, dass Gott durch Gläubige im ganzen Leib wirkt, dass Wunder geschehen, dass Menschen physisch und psychisch heil werden.

Es ist der eine Herr, der Charismen und Gaben schenkt, quer durch den ganzen Leib Christi. So schreibt auch Paulus im ersten Brief an die Korinther: „Es gibt verschiedene Gnadengaben, aber nur den einen Geist. Es gibt verschiedene Dienste, aber nur den einen Herrn. Es gibt verschiedene Kräfte, die wirken, aber nur den einen Gott: Er bewirkt alles in allen. Jedem aber wird die Offenbarung des Geistes geschenkt, damit sie anderen nützt. Dem einen wird vom Geist die Gabe geschenkt, Weisheit mitzuteilen, dem andern durch den gleichen Geist die Gabe, Erkenntnis zu vermitteln, dem dritten im gleichen Geist Glaubenskraft, einem andern - immer in dem einen Geist - die Gabe, Krankheiten zu heilen, einem andern Wunderkräfte, einem andern prophetisches Reden, einem andern die Fähigkeit, die Geister zu unterscheiden, wieder einem andern verschiedene Arten von Zungenrede, einem andern schließlich die Gabe, sie zu deuten. Das alles bewirkt ein und derselbe Geist; einem jeden teilt er seine besondere Gabe zu, wie er will.“ (1 Kor 12,4-11)

Manchmal kommt es vor, dass ich auf das Sprachengebet angeredet werde und mir begegnen dabei verwirrte, teilweise sogar vorwurfsvolle Blicke. Zungenrede in der katholischen Kirche? Das machen doch nur Freichristen oder Pfingstler… Und dann wundere ich mich, ob diese Personen schon einen Blick in die Bibel geworfen haben. Schrieb nicht Paulus im selben Brief wieder „Ich wünschte, daß ihr alle in Sprachen reden würdet“ (1 Kor 14,5)?

Ich persönlich wünschte, dass Gläubige im ganzen Leib Christi die Charismen der anderen achten und schätzen und nicht schlecht über sie reden würden. Nur weil ich eine Gabe nicht habe, bedeutet das nicht, dass es nicht sein kann, dass ein anderer sie hat oder dass sie schlecht bzw. nicht wahrhaftig ist, nur weil ich sie nicht kenne. Als Katholik glaube ich, dass unsere Kirche allumfassend ist und das jedes Charisma, jede Gabe einen festen Platz darin hat. Ich glaube, dass der eine Gott quer durch den ganzen Leib wirkt und dass wir alle voneinander viel lernen können. Denn schließlich wirkt der Geist, wo er will.


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