„Teenstar hat seine Unterrichtsmaterialien immer offen gelegt“

8. April 2019 in Österreich


„Da von über 100 sexualpädagogisch aktiven Vereinen bisher bei keinem einzigen die Materialien geprüft wurden, erscheint die mediale Kampagne grotesk und stellt völlig verzerrte Situation der Sexualpädagogik dar.“ Gastbeitrag von Christian Spaemann


Wien (kath.net) Dieses Statement gab Dr. Christian Spaemann bei der Pressekonferenz zu Teenstar im Café Prückel in Wien am 04.04.2019

Sehr geehrte Damen und Herren,
die von der schulfernen Homosexuelleninitiative Salzburg losgetretene Medienkampagne gegen den Verein Teenstar hat massive Unruhe und Verunsicherung in den internen Bereich der Schulpartnerschaft zwischen Lehrern, Schülern und Eltern gebracht. Aus dem Zusammenhang gerissene Zitate aus zugespielten, teils veralteten Ausbildungsunterlagen des Vereins sollten eine bewährte Alternative zum gegenwärtigen sexualpädagogischen Mainstream vernichten. Die den Verein schwer schädigenden öffentlichen Äußerungen unter Druck geratener Vertreter von Schulbehörden und Bildungsministerium waren insofern äußerst problematisch, als der Verein zuvor gar nicht zu den Vorwürfen angehört und damit die Amtsverschwiegenheit verletzt wurde. Festgehalten werden muss auch, dass es generell keine Rechtsgrundlage gibt, interne Vereinsunterlagen zu prüfen. Zu prüfen sind allenfalls die in den Schulen zur Anwendung kommenden Unterrichtsmaterialien. Angesichts der Tatsache, dass von den über 100 sexualpädagogisch aktiven Vereinen in Österreich bisher bei keinem einzigen die Materialien geprüft wurden, erscheint die mediale Kampagne geradezu grotesk und stellt für den Bürger eine völlig verzerrte Situation der Sexualpädagogik in Österreich dar.

Anzumerken ist, dass der Verein Teenstar im Gegensatz zu den meisten anderen sozialpädagogisch tätigen Vereinen seine Unterrichtsmaterialien gegenüber den Eltern immer offengelegt hat. Während meiner Kenntnis und Erfahrung nach der Verein Teenstar eine moderne, auf biologischem, entwicklungspsychologischem und bindungstheoretischem Wissen basierende, geschlechtssensible Sexualpädagogik anbietet, die an den Bedürfnissen und Sehnsüchten der Schüler orientiert ist, kann man das von den anderen Vereinen in ihrer Mehrheit nur schwer behaupten.

Fast alle diese Vereine sind direkt oder indirekt Mitglied in der Sexualpädagogischen Allianz, die auf die Schule des Kieler Sexualpädagogen Uwe Sielert zurückgeht, der seinerseits Curricula in Österreich anbietet. Diese, auf die neoemanzipatorische Sexualpädagogik der siebziger Jahre zurückgehende sog. „Sexualpädagogik der Vielfalt“ geht von einem veralteten, an Wilhelm Reich und dem pädophilen Aktivisten und Sexualpädagogen Helmut Kentler orientierten Sexualitätsbegriff aus. Nach ihm wird Sexualität als eine metapsychologische, den Menschen bestimmende, „allgemeine Lebensenergie“ aufgefasst, die es von Geburt an aktiv zu fördern gilt. Dabei wird der wesentliche Unterschied in der Bedeutung von allgemeiner und genitaler Sinnlichkeit auf unzulässige, ja gefährliche Weise verwischt. Unter dem Hinweis auf die angeblichen Erfordernisse einer umfassenden Nichtdiskriminierung wird hier eine Ideologie verbreitet, die Sexualität nur noch als beliebigen Baustein atomisierter Lebensentwürfe sieht. Hierfür scheut man sich nicht, sexuelle Minderheiten zu instrumentalisieren.

Nach Uwe Sielert, bedeutet „Die kritische Anwendung der Gender Debatte auf Sexualpädagogik […] Heterosexualität, Generativität und Kernfamilie zu entnaturalisieren“. Nach Sielert wird „der klassische heterosexuelle Koitus […] zu einer von vielen möglichen Formen, sexuell zu sein. Perversionen verlieren ihren perversen Charakter, indem sie einvernehmlich vorgenommen und stolz geoutet werden“. In dieser Pädagogik werden Wissensvermittlung und sexuelle Selbsterfahrung gezielt miteinander vermischt und damit die intimen Grenzen der Kinder und Jugendlichen massiv überschritten. Nicht genug, dass zehnjährige Buben über ihre sexuellen Vorlieben diskutieren, zwölfjährige einen „neuen Puff für alle“ konstruieren sollen oder Klassenkameradinnen dazu angehalten werden, vor dem Kursleiter sich über ihre Erfahrungen mit Masturbation auszutauschen, sollen in den Kindergärten „Gedeihräume“ entstehen, in denen diese Doktorspielen nachgehen und masturbieren können.

Bei Teenstar sind ihre Kinder vor solchen Aktionen in Sicherheit. Entgegen der Lebensrealität der Kinder in unserer Gesellschaft, die zu 80 % bei ihren Eltern leben und entgegen der Tatsache, dass sich weit über 99 % der Menschen einem der beiden Geschlechter zugehörig fühlen, versucht man die Schutzbefohlenen im Sinne der Diversity-Ideologie massiv zu manipulieren.

Federführend ist hier u. a. der Wiener Verein „Selbstlaut“, der mit seinen Schulungen bereits in den Raum der katholischen Kirche eingedrungen ist.

Hierzu einige Beispiele:

• In seinen 2013 publizierten und vom damaligen Unterrichtsministerium finanzierten „Materialien für die Sexualerziehung Sechs- bis Zwölfjähriger“ finden sich ein Schaubild auf dem 16 Familien gezeigt werden, von denen lediglich zwei der natürlichen Familie von Mann und Frau entsprechen.

Diese sind mit einem ironischen Kommentar unterlegt:
• In dem sogenannten „Haus der Vielfalt“ zeigen sich neben kopulierenden Katzen und Mäusen, Kinder, die Geschlechtsverkehr miteinander haben und masturbieren.

• Die Schwangerschaft durch Zeugung wird als eine von acht verschiedenen Möglichkeiten dargestellt wie man zu einem Kind kommen kann. Wobei die Zeugung in sich noch einmal pluralisiert dargestellt wird, da der Same ja auch ohne Geschlechtsverkehr in die Scheide kommen kann.

• Von vier Kollagen innere Geschlechtsorgane sind zwei intersexuell. Es entsteht der Eindruck als sei das bei 50 % der Menschen der Fall. Intersexualität liegt im Promillebereich.

• Biologie scheint für diese Ideologie gefährlich zu sein. Über Chromosomen sollen sich die Kinder lustig machen, noch bevor sie überhaupt gelernt haben, was das ist. Ganz entsprechend den Vorstellungen einer der Protagonistinnen der Genderideologie, Judith Butler, für die die Parodie der Geschlechtsrollen für ihre gesellschaftliche Dekonstruktion eine wichtige Rolle spielt.

Bitter ernst, wird es wenn es um das Thema Missbrauch geht. Viele Vereine behaupten, ihre Sexualpädagogik ganz in den Dienst der Missbrauchsprophylaxe zu stellen. Aus meiner langjährigen Erfahrung als Psychiater und psychotherapeutisch tätiger Arzt kann ich allerdings von vielen tragischen Fällen sexueller Übergriffe zwischen Kindern berichten, die zu einer massiven Beeinträchtigung der weiteren sexuellen Entwicklung geführt haben. Die Förderung von Doktorspiele und sexuelle Aktivitäten in öffentlichen Kindergärten und Horten öffnen hierfür nur Tür und Tor. Der gesamte subjektivistische Ansatz in der Missbrauchsprophylaxe der „Sexualpädagogik der Vielfalt“ stellt in Wirklichkeit eine erhebliche Gefährdung der Kinder dar. So heißt es in den Materialien des Vereins Selbstlaut:

„Zustimmung ist ein positiver Zugang zur Sexualität. Im Fokus steht das Anliegen, bei jedem kleinen Schritt nach Zustimmung zu fragen, um sich behutsam und langsam zu verständigen, wie andere Personen Berührungen erfahren möchten. Zu einer selbstbestimmten Sexualität gehört die explizite Freiwilligkeit und das kommunizierte Einverständnis bzgl. spezifischer körperlicher/sexueller Aktivitäten“ Dieser völlig verfehlte Ansatz vermeintlicher kindlicher Autonomie klingt geradezu wie eine Einladung zum sexuellen Missbrauch.

Während der Sexualkundeunterricht der Biologielehrer, den Rückmeldungen nach zu schließen, meist vernünftig erscheint, spricht die hier angeführte sexualpädagogische Richtung dem in Österreich geltenden Indoktrination-und Überwältigungsverbot an Schulen Hohn und verstößt gegen die verfassungsmäßig verbürgten Rechte der Eltern auf die weltanschauliche Erziehung ihrer Kinder und gegen die Grundprinzipien des Bildungsauftrags der Schulen. Es wird Zeit, dass die Öffentlichkeit und die vernünftigen Bürger aller politischen Couleur zum Schutz der Kinder und Jugendlichen ihr Augenmerk auf die Tätigkeit dieser Vereine richten. Die Angriffe auf Teenstar erscheinen vor diesem Hintergrund als groß angelegtes Ablenkungsmanöver.

Anhang:

Antworten zu einigen Anschuldigungen und Bedenken gegenüber Teenstar

Teenstar vermittle eine negative Einstellung zur Homosexualität:

Für Teenstar ist es eine Selbstverständlichkeit, den Kindern und Jugendlichen eine respektvolle Haltung gegenüber Menschen sexueller Minderheiten zu vermitteln. Das Thema Homosexualität steht nicht im Fokus der Arbeit von Teenstar. Dies ist in den Altersklassen, in denen Teenstar tätig ist auch nicht sinnvoll. Die Fluidität der sexuellen Orientierung ist in der Zeit der Pubertät sehr hoch, sodass es Teenstar verantwortungslos erschiene, Kinder und Jugendlichen in ihrer Selbstwahrnehmung auf eine sexuelle Orientierung hin zu fixieren. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine homosexuelle oder bisexuelle Orientierung nach der Pubertät in Richtung einer stabilen heterosexuellen Orientierung verändert ist mindestens 25-zig Mal so hoch wie umgekehrt.1 Bei Konflikten in diesem Bereich, werden die Eltern und Jugendlichen an erfahrene Kinder- und Jugendpsychotherapeuten verwiesen. Dies gilt auch für den Themenbereich Trans- und Intersexualität.

Teenstar bediene Rollenklischees:

Das Wort „Rollenklischee“ verweist inzwischen selbst auf ein klischeehaftes Denken, das dazu tendiert, ein ziemlich unselbstständiges Frauenbild zu vermitteln. Nach Auffassung von Teenstar sind junge Frauen sehr wohl in der Lage, die ihnen in der Familie und Gesellschaft dargebotenen verschiedenen Frauenrollen für sich kritisch zu reflektieren und für sich selbstständige Lebensentscheidungen zu fällen. Teenstar bedient keine Rollenklischees betreibt aber sehr wohl eine geschlechtssensible Sexualpädagogik auf wissenschaftlicher Grundlage. Wie wir wissen, bestehen bei Männern und Frauen statistisch signifikant unterschiedliche sexuelle Erregungsmuster, die gravierende Missverständnisse in der Deutung von gegenseitigem Annäherungsverhalten bewirken können.2 An dieses Wissen knüpft Teenstar an, sodass das Empowerment der Jugendlichen ihre körperliche Identität mit einschließt und dadurch verstärkt wird.

Teenstar vermittle eine negative Einstellung zur Masturbation: Tatsache ist, dass Selbstbefriedigung sehr unterschiedliche Bedeutung und seelische Funktionalität haben kann. Es kann u. a. Suchen nach Lust, Triebabfuhr aber auch Kompensation von Frustration bedeuten. Berichte über innerer Leere nach Masturbation liegen genauso vor wie über eine gewisse sexuelle Isolation mit Schwierigkeiten sich einem Partner zu öffnen. Auch ist Masturbation zwischen Buben und Mädchen verschieden verteilt. Eine Untersuchung der Psychiatrischen Abteilung des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf hat gezeigt, dass nur 45 % der weiblichen Jugendlichen zwischen 16 und 19 Jahren in einem liberalen großstädtischen Milieu Selbsterfahrung mit Masturbation hatten. Nur für ein Viertel der Mädchen war Masturbation die erste sexuelle Erfahrung, die sie machten.
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Angesichts dieser Datenlage besteht für Teenstar kein Grund in diesem Bereich aktiv einzugreifen und, wie dies häufig von anderen sexualpädagogischen Akteuren in übergriffiger Weise betrieben wird, Masturbation anzupreisen oder gar Anleitungen dazu zu geben. Es wird über dieses Thema informiert und drauf geachtet, einen Ton zu treffen, der kein Mädchen oder Bub mit einem belastenden Gefühl zurücklässt.

Fußnoten
1 Whitehead, N, 2009
https://static1.squarespace.com/static/55efa8b5e4b0c21dd4f4d8ee/t/563ba5e6e4b06324f5a6eef9/14467496
70638/Adolescent+Sexual+Orientation+-+Whitehead.pdf
2 Clement, U. u. Eck, A., Weibliches Begehren, in: Stirn, A. et al, Sexualität, Körper und Neurobiologie, Stuttgart, Kohlhammer 2014, S 366 ff.
3 Aude, A. u. Matthiesen, S., Mädchen und Selbstbefriedigung, BzGA Forum 3-2012, S. 19-22 https://www.geschlechtergerechtejugendhilfe.de/downloads/bzga_maedchen.pdf



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