Hunderte katholische Charismatiker zu Pfingst-Treffen im Vatikan

7. Juni 2019 in Weltkirche


Ökumene, Mission und sozialer Einsatz für Arme im Fokus von Kongress, der mit Papstaudienz am Samstag endet - Satzung der neuen Vatikan-Anlaufstelle "Charis" für Charismatische Erneuerung, der auch Wiener Diakon Johannes Fichtenbauer angehört


Vatikanstadt (kath.net/KAP) Mehr als 500 internationale Leiter der katholischen Charismatischen Erneuerung (CE) kommen zu Pfingsten zu einer Tagung im Vatikan zusammen. Zu den Themen des Treffens von Donnerstag bis Samstag zählen Ökumene, Mission und sozialer Einsatz für Arme. Am Samstag ist eine Audienz mit Papst Franziskus in der vatikanischen Audienzhalle geplant, wie aus dem am Dienstag vom Vatikan verbreiteten Programm des neuen Internationalen Dienstes für die Charismatische Erneuerung in der katholischen Kirche ("Charis") hervorgeht. Auch bei der Pfingstvigil mit Franziskus auf dem Petersplatz am Samstagabend sowie bei Papstmesse am Pfingstsonntag werden die katholischen Charismatiker dabei sein.

Als vatikanische Vertreter sprechen unter anderen der für die Erneuerungsbewegungen ("Movimenti") zuständige Kurienkardinal Kevin Farrell, Präfekt des Dikasteriums für Laien, Familie und Leben, sowie der päpstliche Hausprediger Raniero Cantalamessa, der auch geistlicher Assistent der Charismatischen Erneuerung ist. Aus Österreich nimmt laut Programm der Wiener Diakon Johannes Fichtenbauer teil. Er ist Präsident des Gemeinden-Netzwerks "European Network of Communities" und in der Erzdiözese Wien nicht nur Ausbildungsleiter für die Ständigen Diakone, sondern auch im Dialog mit den Freikirchen engagiert.

Fichtenbauer gehört außerdem dem in den vergangenen Monaten auf Wunsch von Papst Franziskus vom Vatikan ins Leben gerufenen neuen Anlaufstelle "Charis" für die Charismatische Erneuerung an. Der Wiener Diakon ist einer der rund 20 Mitglieder des vorerst auf drei Jahre "ad experimentum" errichteten Gremiums, dessen Statut zu Pfingsten offiziell in Kraft tritt.

Der beim Laien-Dikasterium angesiedelte "Charis"-Dienst werde dabei keine rechtliche Autorität über Gruppen der Charismatische Erneuerung ausüben, wie der Vatikan betonte. "Jede charismatische Realität wird das bleiben, was sie ist, unter voller Achtung ihrer eigenen Identität", hieß es zur Präsentation der neuen Koordinierungsstelle im vergangenen Oktober. Zugleich werde jede Gemeinde der Charismatischen Erneuerung die von "Charis" angebotenen Dienste frei nutzen können.

"Der Papst wollte, dass der Heilige Stuhl 'Charis' schafft, damit die Charismatische Erneuerung und die gesamte Kirche wissen, dass die Charismatische Erneuerung vollständig zur Weltkirche gehört", sagte der Sekretär des vatikanischen Laien-Dikasteriums, Alexandre Awi Mello, zuletzt dem Nachrichtenportal "Vatican News".

Erster Moderator von "Charis" wird der seit mehr als 45 Jahren in der Charismatischen Erneuerung engagierte 68-jährige Belgier Jean-Luc Moens. Der Mathematiker und Familienvater gehört der Gemeinschaft Emmanuel an. Papst Franziskus fordere die Charismatische Erneuerung mit Nachdruck dazu auf, sich um Arme und Bedürftige zu kommen sowie zu ihren ökumenischen Wurzeln zurückzukehren und auf die Einheit der Christen hinzuarbeiten, betonte Moens gegenüber "Vatican News": Letzteres sei bei der Geburt der Charismatischen Erneuerung sehr präsent gewesen, aber an vielen Stellen schrittweise aufgehoben worden, so Moens: "Der Papst bittet uns, es wieder in den Vordergrund zu stellen."

Großtreffen in Rom vor zwei Jahren

Bereits zu Pfingsten 2017 waren anlässlich des 50-jährigen Bestehens der katholischen Charismatischen Erneuerung Christen unterschiedlicher Konfessionen zu einem internationalen Großtreffen in Rom zusammengekommen. An einem Abendgebet mit Papst Franziskus im Circus Maximus beteiligten sich Zehntausende. Der Papst würdigte damals das Entstehen der charismatischen Bewegung als ökumenisches Ereignis.

Die Katholische Charismatische Erneuerung entstand 1967 als missionarische Studentenbewegung an der katholischen Duquesne-Universität in Pittsburgh (USA). Die Bewegung übernahm Elemente der protestantischen Pfingstkirchen wie die Taufe im Heiligen Geist und das Zungengebet. Wesentlicher Förderer der Charismatischen Erneuerung war der belgische Kardinal Leo Joseph Suenens (1904-1996). Heute schätzt man die weltweite Mitgliederzahl auf mehr als 120 Millionen.

Während die CE heute etwa unter den lateinamerikanischen Katholiken ("Hispanics") in den USA besonders lebendig ist, flaute die Begeisterung der euro-amerikanischen Pfarrmitglieder seit den 1980er-Jahren stark ab. Große Begeisterung für die Bewegung besteht weiterhin in den Ländern Mittel- und Südamerikas, wohin sie in den 1970er-Jahren von meist amerikanischen Jesuitenpatres und Dominikanern in die Region "exportiert" wurde.

Einen starken Boom erlebten die "Charismatiker" in den 1970er- und 1980er-Jahren auch in Frankreich. Auch dort waren die Dominikaner die Pioniere. Es entstanden die auch in Österreich bzw. Deutschland präsenten Gemeinschaften wie "Communauté de l'Emmanuel", "Gemeinschaft der Seligpreisungen", Johannesbrüder und "Gemeinschaft Jerusalem". Eine Österreich-Gründung ist die im Jahr 1987 gegründete Loretto-Gemeinschaft mit Sitz in Wien.

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