Das Gebet der Eltern ist mächtig

24. August 2019 in Spirituelles


Eltern haben die schöne und wichtige Aufgabe für ihre Kinder zu beten - Interview mit P. Thierry-Joseph, Prior des Karmeliterklosters von Montpellier und geistlicher Begleiter zahlreicher Familien / VISION2000


Wien (kath.net/VISION 2000)
Eltern erfahren häufig, dass sie in der Erziehung ihrer Kinder mit Problemen konfrontiert sind, die sie einfach überfordern. Sorgen über Sorgen. Da heißt es, Zu­flucht zum Gebet zu suchen. Im Folgenden einige Anregungen.

Beginnt die Mission der Eltern für ihre Kinder nicht damit, dass sie für diese beten?

P. Thierry-Joseph: Selbstverständlich. Sie geben ja nicht nur das Leben weiter. Indem sie für ihre Kinder beten, gelangen sie ja an die Wurzeln ihrer Vater- und Mutterschaft. In ihrer Beziehung zu Gott kommen sie zur Quelle dessen, was sie weitergeben. Ihre Aufgabe ist es, das zu vermitteln, was zum Wachstum gereicht – in allen Lebensbereichen: dem der Schule, des Gefühlslebens, des Intellekts. Die Gabe des Heiligen Geistes ist der Wachstums­impuls schlechthin.

Hat ihr Gebet eine besondere Wirksamkeit?

P. Thierry-Joseph: Besteht nicht ein unübersehbarer Zusammenhang zwischen dem Gebet und den Tränen der heiligen Monika und der Bekehrung dessen, der nach einem sehr bewegten Leben der heilige Augus­tinus geworden ist?

Die Macht des Gebets der Eltern besteht darin, dass sie ihre Machtlosigkeit hoffend ertragen. Dies führt dazu, dass man lernt zu vertrauen. (…) Es ist schwierig, die Hoffnung zu bewahren, wenn man sieht, wie ein noch nicht gefestigtes Kind sich auf Irrwege begibt oder sich von der Kirche entfernt. Gott hat uns nicht zugesagt, dass in unserem Leben alles gut verläuft, wohl aber, dass Er immer da sein wird. Die Eltern machen die gleiche Erfahrung, das Leben nicht anstelle ihrer Kinder gestalten zu können. Sie machen, was sie können – und dann bleibt da eben das Geheimnis der Freiheit.

Würden Sie den Ehepartnern raten, allein oder zu zweit zu beten?

P. Thierry-Joseph: Die größten Lasten trägt man leichter gemeinsam, soweit dies möglich ist. Aber es gibt auch eine persönliche Beziehung zu Gott, die man respektieren sollte. Wo es Probleme gibt, haben Vater und Mutter als Mann und Frau einen verschiedenen Zugang und daher auch eine unterschiedliche Art zu beten. Außerdem hat jeder seinen Rhythmus, einen eigenen Weg im geistigen Leben.

Welche Art von Gebet empfehlen Sie?

P. Thierry-Joseph: Für mich ist das Fürbittgebet der Schwes­tern von Lazarus ein Vorbild. Sie rufen Jesus und sagen Ihm: „Herr, Dein Freund ist krank.“ Der Beter tritt in den Hintergrund und drängt seine eigene Sichtweise nicht auf. Ins Zentrum wird der gestellt, für den man betet. In Kana hat Maria dieselbe Haltung. Sie zwingt den Sohn Gottes nicht, sondern sagt nur: „Sie haben keinen Wein mehr.“ Das Gebet ist keineswegs Magie, hat aber seine eigene Fruchtbarkeit. Es führt immer zu einem Mehr an Leben. Wie man betet, das spielt eine geringe Rolle: Lobpreis, Rosenkranz, Bittgebet… Das hängt auch von den Lebensumständen ab. Es genügt, wie die kleine Thérèse sagt, ein bewegtes Herz.

Die Welt und ihre Probleme sind für Eltern tatsächlich besorgnis­erregend: Werden die Kinder den Versuchungen der Pubertät widerstehen? Wird ihre Ehe gelingen? Finden sie einen Arbeitsplatz? Durch regelmäßiges Beten wird den Eltern das Vertrauen zuteil, um das zu erfüllen, was möglich ist. Denn Gott wirkt nicht ohne uns.

Was soll man sich vom Gebet für die Seinen erwarten? P. Thierry-Joseph:

Dazu ein Bild: Es sammelt Fluten der Gnade vor der Tür der Kinder. Allerdings können nur sie Gott, der uns unbedingt die Freiheit lässt, das Herz öffnen. An dem Tag, an dem dies geschieht, hat Gott leichteren Zutritt. Der Feind des Gebets ist die Entmutigung, vor allem in Zeiten der Prüfung. Mit den Kleinen ist das Gebet einfach. Je mehr die Kinder heranwachsen, umso drängender werden die Bitten. Manchmal dauert es lange, bis man Früchte des Gebets sieht, oft sehen wir sie gar nicht. Aber der Herr wirkt, davon können wir überzeugt sein.

Soll man Bitten, die uns besonders am Herzen liegen, wiederholen?

P. Thierry-Joseph:
Zwingen wir den Herrn nicht. Wir brauchen allerdings die Wiederholung, sie ist Ausdruck unseres Vertrauens. Wie alle Gnaden Gottes wird die Hoffnung jeweils nur in der Gegenwart zuteil. Ist diese Wiederholung außerdem ein Akt der Liebe – dann ist das perfekt.

Das Interview führten Bénédicte Drouin und Stéphanie Combe für Famille Chrétienne v. 3.5.11.
P. Thierry-Joseph ist Prior des Karmeliterklosters von Montpellier und geistlicher Begleiter zahlreicher Familien.


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