Zeitzeuge würdigt Anteil des Papstes an friedlicher Wende 1989

9. November 2019 in Chronik


Philosoph und früherer italienischer Europaminister Buttiglione: "Politische Strategie" von Johannes Paul II. gegenüber dem Kommunismus war Appell an das Gewissen.


Bonn (kath.net/KAP)
Der Philosoph und frühere italienische Europaminister Rocco Buttiglione hat den Beitrag von Papst Johannes Paul II. (1978-2005) zur Wende in Osteuropa gewürdigt. Das kommunistische System wäre früher oder später zusammengebrochen, sagte der frühere christdemokratische Politiker der katholischen Wochenzeitung "Die Tagespost" in Würzburg. Dass die Umbrüche vor 30 Jahren aber ohne Bürgerkrieg und Blutvergießen friedlich verlaufen seien, daran "hatte die Kirche, aber besonders Johannes Paul II. entscheidenden Anteil", sagte Buttiglione.

Die "politische Strategie" des polnischen Papstes gegenüber dem Kommunismus sei gewesen, an das Gewissen des Menschen zu appellieren, fügte er hinzu. Dieser Weg habe viele Märtyrer das Leben gekostet. Am Ende aber habe der Papst damals einen Kommunisten mit Gewissen gefunden: "Und der hieß Michail Gorbatschow." Dass der Staatschef der damaligen UdSSR die Bitte Erich Honeckers 1989 ausgeschlagen habe, die Rote Armee gegen die Proteste in der DDR einzusetzen, "macht ihn zu einem großen Menschen", sagte Buttiglione.

Zentrale Themen der Gespräche zwischen Johannes Paul II. und Gorbatschow seien "Wahrheit, Freiheit und Gewissen" gewesen. Gorbatschow sei zudem für das Christentum empfänglich gewesen, "schließlich war er von seiner Großmutter ja getauft worden". Nicht überschätzt werden könne auch der Einfluss der Kirche und besonders der Karol Wojtylas auf die Intellektuellen in Polen.

Als Kardinal von Krakau habe Wojtyla auch großen Anteil an der 1966 von den deutschen und polnischen Bischöfen formulierten wechselseitigen Vergebungsbitte gehabt, erinnerte Buttiglione. Die Furcht vor den Deutschen sei nach dem Zweiten Weltkrieg "eine der Hauptstützen des Kommunismus in Polen" gewesen. Nach dem Dokument der Bischöfe hätten viele Polen erkannt: "Die Deutschen sind nicht unsere Erbfeinde." Ohne diesen von der Kirche vorbereiteten gewandelten Blick der beiden Nachbarn aufeinander hätte es nach Überzeugung des Italieners keine deutsche Wiedervereinigung geben können.

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