Asia Bibi tritt erstmals im Exil öffentlich auf

30. Jänner 2020 in Weltkirche


In Pakistan verfolgte Katholikin publiziert Autobiografie über ihr zehnjähriges Martyrium vom Todesurteil bis zur Ausreise nach Kanada


London (kath.net/KAP) Zum ersten Mal seit ihrer Flucht ins kanadische Exil tritt die pakistanische Christin Asia Bibi, die nach einer Blasphemie-Verurteilung acht Jahre lang in einer Todeszelle verbrachte hatte, am Mittwoch (Ortszeit) an die Öffentlichkeit. Wie die britische Zeitung "The Guardian" online am Dienstagabend berichtete, wird die Katholikin ihre Autobiografie "Endlich frei" präsentieren. Erstmals wurde im Vorfeld dazu auch ein aktuelles Foto Bibis publik. Es zeigt sie mit der Journalistin und Menschenrechtlerin Anne-Isabelle Tollet, die 2010 über den Fall berichtet hatte (Foto).

"Sie kennen meine Geschichte aus den Medien. Vielleicht haben Sie versucht, sich selbst in meine Situation zu versetzen um mein Leid zu verstehen", wird Bibi in einer Presseaussendung zitiert. Was ihr tagtägliches Überleben im Gefängnis oder auch ihr nunmehriges neues Leben bedeute, sei für Außenstehende jedoch kaum nachvollziehbar. Im Buch, das gemeinsam mit der Journalistin Tollet entstand, soll darauf eingegangen werden. Es erscheint zunächst in französischer Sprache.

Gegenüber dem französischen Radiosender RCF Radio erklärte Tollet am Mittwoch, Asia Bibi gehe es in Kanada gut und sie sei "körperlich als auch geistig gesund". Die Exilierte führe ein "einfaches und diskretes Leben" als Hausfrau, die sich um ihre Kinder kümmert. Sie sei traurig, ihr Heimatland Pakistan verlassen zu haben, sei aber weiterhin mit den dort verbliebenen Familienangehörigen in Kontakt.

Ihre zehn Jahre der Tortur zwischen Anklage und Ausreise habe Asia Bibi vor allem aufgrund ihres religiösen Glaubens überstanden, so Tollets Einschätzung. "Sie betete jeden Tag in ihrer Zelle, sie vertraute Gott und sie wusste, dass er sie da rausholen würde." Immens wichtig für den Überlebenskampf, ohne den man ein pakistanisches Gefängnis nicht überstehe, sei jedoch auch die Unterstützung und Anteilnahme durch die internationale Gemeinschaft gewesen. Die nun erschienene Biografie sei vor allem als Dank dafür gedacht.

Plädoyer gegen Fanatismus

Die in Bibis Buch enthaltenen Schilderungen seien vor allem als "Plädoyer gegen jeglichen Fanatismus" zu verstehen, sagte die französische Journalistin, die jahrelang für die Freilassung der Pakistanerin gekämpft hatte. Gezeigt werde, "wie religiöser Fanatismus Menschen zu etwas anstacheln kann, das sie dann als menschliches Wesen völlig unkenntlich macht". Immer wieder sei Bibis Leben nicht nur durch Islamisten gefährdet gewesen, sondern auch durch Christen, die etwa zum falschen Zeitpunkt Anklage erhoben hätten oder Verhandlungen vorschnell publik machten. Tollet selbst hatte aus diesem Grund Papst Franziskus zu einem bestimmten Zeitpunkt darum gebeten, sich zum Fall Bibi nicht zu äußern.

Scharfe Kritik äußerte Tollet am pakistanischen Blasphemiegesetz: Es werde als "Waffe" missbraucht, schließlich genüge es doch bereits, einen Menschen der Gotteslästerung zu beschuldigen, um diesen - etwa bei Nachbarschaftskonflikten oder Streitereien etwa um Landkäufe - loszuwerden.

Prominente Verfolgte

Der Fall von Asia Bibi war in den vergangenen Jahren von Menschenrechtsgruppen weltweit angeprangert worden. 2010 war die Landarbeiterin und fünffache Mutter zu Tode verurteilt worden, nachdem ihr muslimische Arbeitskolleginnen aus Ärger darüber, dass die Christin aus demselben Wassercontainer wie sie getrunken hatte, eine Beleidigung des Propheten Mohammed vorgeworfen hatten. Im Gefängnis kämpfte Bibi um eine Revision des Urteils, was erst im Oktober 2018 mit dem Freispruch durch das pakistanische Höchstgericht gelang.

Bibis Prozess war von heftigen Protesten und Polemiken von Islamisten begleitet, in deren Zusammenhang u.a. 2011 der pakistanische Minderheitenminister Shahbaz Bhatti wie auch der Governeur von Punjab, Salman Taseer, wegen deren Unterstützung für Bibi ermordet wurden. Auch die Päpste Benedikt XVI. und später Franziskus hatten sich für eine Freilassung der Christin ausgesprochen. Nach erfolgtem Freispruch war es ihr aufgrund von Drohungen und anhaltenden Spannungen in Pakistan erst neun Monate später im Mai 2019 möglich, unter großer Geheimhaltung ins Exil nach Kanada auszureisen.

Asia Bibi mit der Journalistin und Menschenrechtlerin Anne-Isabelle Tollet


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