Wenn der SPIEGEL gegen die eigenen Richtlinien verstößt

6. Februar 2020 in Deutschland


Peter Seewald schreibt an den SPIEGEL: "Mit der Aufmachung, der 'Verkaufe', des obigen Beitrages über Benedikt XVI. haben Sie in eklatanter Weise gegen Ihren eigenen Kodex verstoßen und die Recherchen Ihres Autors ad absurdum geführt."


München (kath.net)
kath.net dokumentiert mit freundlicher Genehmigung von Peter Seewald einen Leserbrief an die Spiegel-Redaktion zum Beitrag "Zwei Päpste streiten um den Zölibat"

"Zwei Päpste streiten um den Zölibat" - wirklich? Hat der emeritierte Papst dezidiert einen Beitrag zum Zölibat geschrieben, um sich gegen die Position seines Nachfolgers zu wenden? Hat Papst Franziskus in dieser Frage denn überhaupt eine völlig gegensätzliche Haltung als sein Vorgänger (und seine Vorvorvorvorgänger)? Zweimal nein. Im Aufsatz Benedikt XVI. geht es auch nicht speziell um den Zölibat, sondern um das Verständnis des katholischen Priestertums an sich. Und von einem Dissens zwischen dem deutschen Papst und seinem Nachfolger kann hier auch nicht die Rede sein, ganz im Gegenteil.

Tatsächlich hatte Benedikt XVI. seinen Beitrag bereits im Sommer 2019 zu schreiben begonnen, ganz unabhängig von irgendeiner Buchveröffentlichung oder gar einem Zusammenhang mit der Amazonas-Synode oder dem "Synodalen Weg" in Deutschland. Genau das geht auch aus den Recherchen des Autors hervor. Die scharfmacherische Titelzeile widerspricht also völlig dem Inhalt des Beitrages. Sie ist ein Spin, ein gewollter Dreh, um die Linie des Blattes oder bestimmter Redakteure zumindest in der Überschrift zum Ausdruck zu bringen. Auch die Unterzeile, dass Benedikt XVI. "einmal mehr" die Geduld von Franziskus strapazieren würde, ist durch den Beitrag nicht gedeckt.

Zusammen mit Mayrs Artikel wurden gestern auf Spiegel-online die neuen Richtlinien des Hauses veröffentlicht. Darin heißt es: "Die Geschichte muss stimmen. Verantwortlich dafür ist die Redaktion. Stimmen heißt nicht nur, dass die Fakten richtig sind, dass es die Personen gibt, dass die Orte authentisch sind. Stimmen heißt, dass der Text in seiner Dramaturgie und seinem Ablauf die Wirklichkeit wiedergibt."

Und weiter: "Ein SPIEGEL-Text muss eine Idee und eine These haben, aber er darf keinen Spin haben, dem die Argumentation untergeordnet wird."


Mit der Aufmachung, der "Verkaufe", des obigen Beitrages über Benedikt XVI. haben Sie in eklatanter Weise gegen Ihren eigenen Kodex verstoßen und die Recherchen Ihres Autors ad absurdum geführt.

Mit freundlichen Grüßen
Peter Seewald, Autor der Biografie "Benedikt XVI.: Ein Leben"


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