Die Krankheit der Gesellschaft

21. März 2020 in Jugend


Vielleicht ist der Corona-Virus für uns eine Gelegenheit mal eine Pause einzulegen - Die Jugendkolumne von kath.net - Von Victoria Samp


Linz (kath.net)
Im letzten Monat habe ich von der Unordnung in der Gesellschaft [Link: http://kath.net/news/70731] geschrieben, die – gemäß den Worten der hl. Angela Merici – von der Unordnung in der Familie kommt. Was haben wir jetzt für eine perfekte Gelegenheit, die Lehre aus diesem Zitat umzusetzen! Wir haben nun die Möglichkeit, einige Dinge in unserem Leben zu ordnen. Wir hatten diese Möglichkeit eigentlich schon immer, aber bis uns das Schicksal nicht praktisch dazu gezwungen hat, haben wir sie gerne übersehen, auf unserer „To Do“-Liste, die heute unser Leben dominiert, ganz nach hinten verschoben oder sind uns gar nicht bewusst gewesen, dass sich dieser Punkt auf irgendeiner „To Do“-Liste überhaupt befinden sollte.

Und auf einmal sitzen wir zu Hause, begegnen Bruder und Schwester, Mutter, Vater, Tochter, Sohn, Großeltern, vielleicht Tanten, Onkels und Cousinen. Oder wir begegnen diesen allen eben nicht und spüren auf einmal, wie weit weg diese sind und wie schön es wäre, sie jetzt um uns zu haben. Wir greifen, sei es auch aus Langeweile, weil alles andere in diesen Tagen ausfällt, den Hörer, rufen an, fragen, was es neues gibt.

Vielleicht ist der Corona-Virus für uns eine Gelegenheit mal eine Pause einzulegen. Er zwingt uns, etwas mehr Zeit für die Menschen in unseren nächsten Umgebung zu haben, die uns vielleicht im Alltag zu den entferntesten geworden sind: unsere Familienmitglieder, aber auch wir selber.

Wir stellen fest, dass viele Aktivitäten in unserem Alltag nicht lebensnotwendig sind, dass wir auch ohne übertriebenem Konsum ganz gut auskommen können, dass es mit meiner nächsten Familie viel zu besprechen gibt und dass wir auch gerne die Zeit, die wir mit uns und unseren eigenen Gedanken verbringen, gar nicht gefunden haben. Vielleicht ist der Corona-Virus auch eine Chance, andere Prioritäten in unserem Leben zu erkennen.

Die aktuelle Situation zeigt uns, dass vieles, was wir für selbstverständlich halten, nicht selbstverständlich sein muss. Wer hätte gedacht, dass eine Zeit kommt, in der wir nicht die Möglichkeit haben würden, leiblich an einer Eucharistiefeier teilzunehmen? Wie oft fällt es uns schwer, uns in „normalen“ Zeiten dazu zu motivieren, häufiger als einmal die Woche die hl. Messe zu besuchen und wie oft betrachten wir die SonntagsPFLICHT als eine solche? Oder wie selten schätzen wir die Menschen, die uns am nächsten stehen und wie wenig sind wir jeden Tag aufs Neue dankbar, dass wir diese um uns haben? Wie viel wertvolle Zeit verschwenden wir auf Jagd hinter Geld und Konsum?

Als Mutter Teresa den Friedensnobelpreis erhielt, fragte sie jemand, was man als normaler Bürger für den Frieden in der Welt tun könne. Ihre Antwort lautete: „Geh‘ nach Hause und liebe Deine Familie“. Der Virus ist nichts Gutes, er schwächt viele Menschen, einige müssen sogar an ihm sterben. Diese Krankheit kann uns aber auch zeigen, was in unserer Gesellschaft krank ist.

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