Corona: Historiker warnt vor langfristigem Schaden für die Demokratie

20. März 2020 in Deutschland


René Schlott in deutschen Medien: „Dieses Gemeinwesen braucht einen Verständigungsprozess darüber, ob es wirklich jeden Preis für die Eindämmung eines Virus zu zahlen bereit ist"


Berlin (kath.net)
Die aktuellen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie könnten langfristig Schaden in der Gesellschaft anrichten. Diese Ansicht vertrat der Historiker René Schlott (Berlin) in einem Interview mit dem Westdeutschen Rundfunk (WDR) und in einem Beitrag für die „Süddeutsche Zeitung“, wie idea berichtet. Kritik übt Schlott an der Aufforderung von Angela Merkel, soziale Kontakte „weitestgehend einzustellen“. Menschen seien aber als soziale Wesen darauf angewiesen, Kontakt zueinander zu haben. Wenn man ihnen das verbiete, sei das so, als zwinge man einen Fisch, das Wasser zu verlassen. Die Politik habe bei ihren Entscheidungen laut Schlott nicht die Frage berücksichtigt, wie sich die getroffenen Maßnahmen langfristig auf die Gesellschaft und ihren Zusammenhalt auswirken könnten.

Für den Historiker sei es durchaus fraglich, wie verlässlich die Daten seien, auf die Pandemie-Forscher derzeit ihre Vorhersagen stützten. Trotzdem gebe es einen „Überbietungswettbewerb an Brachiallösungen“. Durch die getroffenen Maßnahmen werden kreative gesellschaftliche Kräfte wie Kunst, Kultur und Wissenschaft völlig ausgehebelt.

Laut Schlott sei es auch ein alarmierendes Zeichen, wie bereitwillig in der Gesellschaft die Einschränkungen von fundamentalen Grundrechten wie der Bewegungs- und Versammlungsfreiheit hingenommen würden. Er warnte davor, dass es nicht auszuschließen sei, dass dieselben Einschränkungen in Zukunft im Namen einer anderen vermeintlichen Notsituation wieder aktiviert werden könnten. In den Medien ortet der Historiker derzeit eine gefährliche Sehnsucht nach autoritären Strukturen. Die Presse sei aber in der aktuellen Situation gefordert, nicht nur Verlautbarungsorgan der Regierungen zu sein oder immer striktere Maßnahmen zu fordern, sondern die gesellschaftliche Diskussion darüber am Laufen zu halten. „Dieses Gemeinwesen braucht einen Verständigungsprozess darüber, ob es wirklich jeden Preis für die Eindämmung eines Virus zu zahlen bereit ist“, so Schlott.

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