Slowakei: Regierung plant mehr finanzielle Hilfen für Schwangere

26. April 2020 in Prolife


Lob und Kritik von Pro-Life-Aktivisten für Programm der neuen Vier-Parteien-Koalition in Bratislava


Bratislava (kath.net/KAP) Im Parlament in Bratislava ist am Freitag die Debatte über das Programm der neuen slowakischen Regierung fortgesetzt worden. Die aus vier Parteien gebildete Koalition unter Premier Igor Matovic hatte zuvor in dieser Woche dem Nationalrat ihre Vorhaben präsentiert. Matovic selbst sprach dabei von einem "Kompromiss der Kompromisse", wie slowakische Medien berichten. Hinsichtlich des in der Slowakei besonders stark debattierten Themas Lebensschutz sind darin u.a. zusätzliche finanzielle Unterstützungen für schwangere Frauen enthalten. Auch soll ein Schwangerschaftsabbruch bei Frauen über 40 nicht mehr von der Krankenversicherung bezahlt werden,
Matovic, Chef der mit Abstand stimmenstärksten Sammelpartei "Gewöhnliche Leute und unabhängige Persönlichkeiten" (OLaNO) hatte nach der jüngsten Parlamentswahl ein Bündnis mit mehreren liberalen Parteien und der rechtspopulistischen Partei "Wir sind Familie" (Sme rodina) geschmiedet. Angesichts der Bandbreite der beteiligten Parteien konnte man sich erwartungsgemäß bei heftig umstrittenen Themen wie etwa einer deutlichen Verschärfung des Abtreibungsgesetzes oder zur "Ehe für alle" nicht auf vor der Wahl von manchen der Koalitionsparteien geforderte weitreichende Maßnahmen einigen.

Zur Senkung der Abtreibungszahlen finden sich im Regierungsprogramm nun positive wie negative finanzielle Anreizen, die dazu führen sollen, dass mehr Frauen von einer Abtreibung absehen. So sollen Schwangere ab dem vierten Schwangerschaftsmonat monatlich 200 Euro erhalten. Voraussetzung ist, dass sie einer Arbeit nachgehen oder wie beispielsweise Hochschulstudentinnen freiwillig krankenversichert sind. Hochschülerinnen, die bisher nur ein minimales Elterngeld erhalten, sollen höher eingestuft werden. Frauen, die ungewollt schwanger werden und sich für eine geheim gehaltene Geburt entscheiden, sollen für die Zeit ihrer Schwangerschaft ein Krankenhausgeld erhalten. Auch sollen Schwangerschaftsabbruch bei Frauen, die älter sind als 40 Jahre, künftig von der Krankenversicherung nicht mehr bezahlt werden, was bisher der Fall war.

In abgeschwächter Form enthält das Koalitionsabkommen damit Maßnahmen, die die damalige Oppositionspartei OLaNO im vergangenen Herbst bereits im Parlament vorschlug. Beim Nationalrats-Votum Ende September fehlte zur Umsetzung damals aber eine Stimme. Vorschläge wie Herabsetzung der Abtreibungsfrist von derzeit zwölf auf sieben Wochen, wie sie die nunmehrige Regierungspartei "Sme rodina" gefordert hatte, finden sich im aktuellen Regierungsprogramm nicht.

Grundanliegen des Istanbul-Abkommens

Heftig debattiert wurde in der Slowakei in den vergangenen Jahren auch mehrfach die sogenannte "Istanbul-Konvention" des Europarates. Kurz vor der letzten Parlamentswahl lehnte der Nationalrat deren Ratifizierung durch die Slowakei definitiv ab. Die nunmehrige Regierungserklärung greift jedoch das Grundanliegen des Abkommens auf und verspricht, "mit höchster Priorität im Aufbau systemischer Lösungen für den Schutz und die Unterstützung häuslicher, sexueller und an Frauen begangener Gewalt voranzuschreiten".

Mehrfach wird in der Regierungserklärung auch der Kampf gegen die Diskriminierung von Frauen und die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen erwähnt - andererseits erwägt die Regierung, den Rat der Regierung für Menschenrechte, nationale Minderheiten und Geschlechtergleichheit durch ein "Amt für die nationalen Minderheiten" zu ersetzen. Damit fallen die beiden Ausschüsse dieses Beratungsorgans der Regierung für Geschlechterfragen und die Rechte der LGBTI-Menschen ersatzlos weg.

Hinsichtlich gleichgeschlechtlicher Partnerschaften enthält das Regierungsprogramm einen Satz, in dem es heißt, dass "die Regierung die Legislative im Bereich der Eigentumsrechte verbessern wird, welche im gemeinsamen Haushalt lebende Personen betrifft". Wirtschaftsminister Richard Sulik, dessen liberale Partei "Freiheit und Gerechtigkeit" (SaS) in der Koalition als Anwalt der sexuellen Minderheiten auftritt, erklärt offen, dieser Satz könne Paaren gleichen Geschlechts zumindest den Antritt des Erbes nach dem Tod des einen Partners ermöglichen und einstweilen eine registrierte Partnerschaft ersetzen, die "im jetzigen konservativen Parlament wahrscheinlich nicht durchzusetzen" wäre.

Lob und Kritik von Pro-Life-Aktivisten

Prominente katholische Pro-Life-Aktivisten würdigten in Einschätzungen die Zusage der Regierung etwa im Bereich mobiler palliativer Fürsorge für Kranke und Alte, die klare Absage an jegliche Form der Euthanasie sowie die Einrichtung des Amtes eines Botschafters für religiöse Freiheiten, bemängelten aber das Fehlen von Aussagen zum Thema Ehe und zu den Rechten der Ungeborenen.

Manche Konservative erblickten im Bemühen um eine Verbesserung der Eigentumsverhältnisse für in einem Haushalt Zusammenlebende ein "trojanisches Pferd", so Anton Chromik, der Vorsitzende der "Allianz für das Leben". Dadurch solle "in einem Halbschritt die Slowakei an die Einführung registrierter Partnerschaften herangeführt werden". Die Regierung dementiere dies zwar, aber es werde "sehr wichtig sein, wie die Justizministerin diesen Satz auslegt".

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