Breite Phalanx gegen offene Geschäfte am Sonntag

1. Mai 2020 in Österreich


Sprecher der "Allianz für den freien Sonntag", Philipp Kuhlmann: Sonntagsöffnung "würde lediglich eine Kannibalisierung unter den Handelsunternehmen fördern", "die Großen fressen die Kleinen."


Wien (kath.net/KAP) Gegen offene Geschäfte an Sonn- und Feiertagen formiert sich eine breite Phalanx: Am Mittwoch haben sich die "Allianz für den freien Sonntag" und mit ihr der St. Pöltner Bischof Alois Schwarz und der Wiener evangelische Superintendent Matthias Geist sowie der Katholische Familienverband in die Kritiker jüngster Vorstöße von Shoppingcenter-Betreibern eingereiht. "Nein zur Sonntagsöffnung - zum Schutz und zur Entlastung für alle!", hieß es seitens der 2001 gegründeten Sonntagsallianz mit mehr als 50 Mitgliedsorganisationen. Laut KFÖ-Präsident Alfred Trendl wäre es "unverständlich und unsolidarisch, den Handelsangestellten und ihren Familien den Sonntag als gemeinsamen freien Tag zu nehmen".

Der in der Österreichischen Bischofskonferenz für Wirtschaftsfragen zuständige Bischof Schwarz strich in der Sonntagsallianz-Aussendung die Bedeutung des Sonntags "als Geschenk für Religion und Ehrenamt" hervor. "Nach christlichem Verständnis ist der Sonntag der erste Tag der Woche", er komme somit vor Arbeit und Wirtschaft. Der freie Sonntag sei damit Ausdruck dafür, "dass die Wirtschaft dem Menschen dienen soll und nicht umgekehrt". Superintendent Geist argumentierte mit den kurzzeitig "hochgelobten" systemerhaltenden Berufstätigen im Handel, die wie andere Einkommen und Zeit für ihre Familie bräuchten. "Wir sollten sie davor bewahren, dass sie durch allzu liberale Maßnahmen der Ladenöffnung die 'Verlierer der Krise' werden."

Die - laut Sonntagsallianz für den Handel gar nicht repräsentative - Forderung einiger Shoppingcenter-Betreiber für eine Sonntagsöffnung würden in regelmäßigen Abständen vorgebracht, "aber noch nie erschienen die wahren Absichten dahinter so deutlich wie jetzt". Allianzsprecher Philipp Kuhlmann nannte die Mieten der Shoppingcenter als Hintergrund der jüngsten Begehrlichkeiten. "Die Handelsunternehmer selbst, ihre Angestellten und auch die Kunden spielen in den Überlegungen in Wirklichkeit keine Rolle", meinte Kuhlmann, der auch dem Leitungsteam der "Katholischen Arbeitnehmer/innen-Bewegung Österreich" angehört. In Zeiten von Kurzarbeit und erhöhter Arbeitslosigkeit, von Geldeinbußen und Zeitmangel "von erweiterten Öffnungszeiten zu träumen", beweise mangelnden Realitätsbezug. Gerade jetzt seien die Menschen mit massiven Umstellungen wie Home Office, mehr Kinderbetreuung und dazu oft weniger Entlohnung bzw. einer Ansteckungsgefahr konfrontiert. 43 Prozent der Haushalte hätten durch die aktuelle Krise weniger Einkommen zur Verfügung.

Die Forderung nach Sonntagsöffnung werde von den kleinen und mittelgroßen Unternehmen Österreichs nicht mitgetragen - "und sie würde auch lediglich eine Kannibalisierung unter den Handelsunternehmen fördern", sagte Kuhlmann: "Die Großen fressen die Kleinen." Gerade in Zeiten der Corona-Krise zeige sich bei den Konsumenten eine Solidarität mit kleineren, regionalen Unternehmen.

Dass längere Öffnungszeiten gar nicht mehr Umsatz bringen, betonte Christian Lindmeier, Sprecher der Wiener Sonntagsallianz und Betriebsrat im Schuhhandel. Die Kunden seien beim Shoppen sehr zurückhaltend, eine Ausweitung der Öffnungszeiten sei daher unnötig. Durch weniger verfügbares Geld sei auch vielen die Lust am Einkaufsbummel vergangen."

Trendl: Dringend nötigte Erholung

Gerade in Zeiten erhöhter Mehrbelastung und auch psychischem Druck sei der Sonntag als arbeitsfreier Tag unverzichtbar. Auf die zuletzt massive Belastung von Familien als wichtige Systemerhalter wies KFÖ-Präsident Trendl hin: "Während der Krise haben wir die Angestellten im Lebensmittelhandel zu Recht bedankt. Nun, wo ein erster Schritt Richtung Rückkehr zur Normalität bevorsteht, wird prompt überlegt, den Handelsangestellten und ihren Familien den einzigen geregelten freien Tag - den Sonntag - zu nehmen."

Viele Menschen übten am Sonntag Ehrenämter aus, gingen ihren Hobbys in Vereinen nach oder planten Veranstaltungen mit Freunden, hieß es weiter in der Sonntagsallianz-Aussendung. "Wenn auch der letzte, sichere Tag für Gemeinsames wegbricht, fallen diese Aktivitäten weg." Eine Einschränkung des Ehrenamtes gefährde den sozialen Zusammenhalt und die Gesellschaft. Ein Beispiel: Nicht weniger als 99 Prozent der Feuerwehren in Österreich seien ehrenamtlich organisiert. (Link: www.freiersonntag.at)

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