Ein Leben für die Kirche in Not

10. Mai 2020 in Weltkirche


Langjährige Generalsekretärin und Vorstandsvorsitzende Antonia Willemsen wird 80


Wien-München (KIN)
„Es war nicht geplant, es war nicht vorgesehen, es ist mir passiert.“ Antonia Willemsen fasst ihren Einsatz für die bedrängte und verfolgte Kirche so zusammen, wie es auch Pater Werenfried van Straaten häufig tat. Der Gründer von „Kirche in Not“ war ihr Nennonkel (er war ein Cousin von Willemsens Mutter), Förderer und Motivator, sie seine rechte Hand, Vertraute und Mitkämpferin über fast ein halbes Jahrhundert.

Geboren wurde Willemsen am 11. Mai 1940 in Eindhoven – einen Tag nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Niederlande. Ein wuchtiges Vorzeichen für ihre spätere Lebensaufgabe in einem Werk, das sich in seiner Entstehungsphase der Aussöhnung mit den Feinden von einst widmen sollte. Pater Werenfried trat zu Weihnachten 1945 mit einem Artikel in der Hauszeitschrift seiner Prämonstratenser-Abtei Tongerlo/Belgien eine Lawine der Hilfsbereitschaft für die heimatvertriebenen Deutschen los – die junge Antonia war von Anfang an in ihrem Sog.

Freiheit, die sich in Dienst nehmen ließ

Nicht nur die Besuche des „großen, weißgekleideten Ordensmannes“ bei der Familie beeindruckten sie, sondern auch die Tatkraft ihres Verwandten, der eines Tages mit einem mächtigen Kapellenwagen zur Seelsorge an den Heimatvertriebenen vorgefahren kam. 1960 trat Willemsen selbst ihren Dienst bei der „Ostpriesterhilfe“ an, so der damalige Name des Hilfswerks. Es war mittlerweile nach Rom übergesiedelt und begann seine Hilfe für bedrängte Christen in anderen Erdteilen auszuweiten. Südamerika wurde eines ihrer ersten Aufgabenfelder – und eine Passion ein Leben lang.

„Freiheit war mir immer wichtig“: Nach zehn Jahren ging Willemsen zurück in die Heimat, eine neu Aufgabe lockte. Doch der Sog von „Kirche in Not“ war stärker. Als eine Stelle als rechte Hand Pater Werenfrieds nicht besetzt werden konnte, kam sie 1972 zurück, „zähneknirschend“, aber eine Berufung spürend, die sich auf Ehe und Familie verzichten ließ – „obwohl es viele Angebote gab“, wie sie wissen ließ.

30 Jahre diente sie „Kirche in Not“ als Generalsekretärin, knüpfte Kontakte, wo die Kirche zum Schweigen verdammt worden war und erschloss Hilfsmöglichkeiten, wo Diktaturen und Kriege Wege verschlossen. Und wenn es nötig war, betätigte sie sich auch als Schwimmlehrerin für junge Ordensfrauen am Bukavu-See im Kongo.

Neben dieser Hilfsarbeit waren auch Willemsens Managerqualitäten gefragt: Sie organisierte den personellen Ausbaus des Werks ebenso wie den Umzug der Zentrale nach Königstein im Taunus und den Aufbau der ersten Nationalbüros von „Kirche in Not“, von denen es heute weltweit 23 gibt.

Früher Einsatz für katholische Medienarbeit

Da sich selbst die härtesten Diktaturen schwertun, gegen Radio- und Fernsehwellen vorzugehen, entwickelte „Kirche in Not“ unter Federführung von Antonia Willemsen eine rege Medienarbeit. Lange war sie Vorsitzende des „Catholic Radio und Television Network“ (CRTN), das bis heute Zeugnisse der bedrängten Kirche und Hilfen zum geistlichen Leben weltweit zugänglich macht.

Nach der politischen Wende in Osteuropa wurde aus der diskreten Hilfe für die Kirche hinter dem Eisernen Vorhang eine mühsame, aber erfolgreiche Aufbauarbeit. Hinzukam die Aussöhnung mit der russisch-orthodoxen Kirche, auf ausdrücklichen Wunsch von Papst Johannes Paul II. – und gegen viele Widerstände, von innerhalb wie außerhalb des Werks. Willemsen packte auch diese Aufgabe mutig und entschlossen an.

Im neu errichteten griechisch-katholischen Priesterseminar von Lemberg/Ukraine, einem der größten Hilfsprojekte von „Kirche in Not“, gibt es eine regelrechte „Willemsen“-Galerie. Fotos, die sie bei Besuchen, Eröffnungen oder Einweihungen zeigen. Der Dank der Projektpartner, unzähliger Bischöfe, Priester und Ordensleute ist bis heute lebendig – weit über Osteuropa hinaus. Weltliche wie kirchliche Auszeichnungen zeugen davon.

Pastorale Hilfe als Lebensaufgabe

2005, zwei Jahre nach dem Tod Pater Werenfrieds, ging Antonia Willemsens Zeit als Generalsekretärin zu Ende, nicht jedoch ihr Einsatz für das Werk: Von 2006 bis 2014 war sie ehrenamtliche Vorsitzende von „Kirche in Not“ Deutschland. Der Bau eines Fernsehstudios für die Evangelisierungsarbeit fiel ebenso in diese Amtszeit wie auch die historische Begegnung zwischen Kurt Kardinal Koch und dem russisch-orthodoxen Metropoliten Hilarion Alfejew beim Kongress „Treffpunkt Weltkirche“ 2011, der von „Kirche in Not“ veranstaltet wurde.

Im Ruhestand in die alte Heimat Eindhoven zurückgekehrt, gehört ein Termin fest zu ihrem Jahreslauf: Das Jahresgedächtnis an Pater Werenfried van Straaten in Köln, dem „großen, weißgekleideten Mann“, der ihr Leben und Arbeiten geprägt hat.

„Wir müssen den Leuten helfen, wo es um mehr geht als um Entwicklungshilfe“: Dieses Credo lebt in Willemsens Lebenswerk „Kirche in Not“ weiter. Die heute Päpstliche Stiftung hat sich der nach wie vor der pastoralen Hilfe verschrieben, dem „Hunger der Seele“, der heute so brennend ist wie in den Anfangsjahren. Dabei gilt, was die Jubilarin so auf den Punkt bringt: „Die Kirche darf keine Insel sein. Sie muss strahlen.“

Ein dreiteiliges Fernsehinterview und weitere Beiträge von und über Antonia Willemsen sind auf der Mediathek von „Kirche in Not“ zu finden: www.katholisch.tv (Suchbegriff „Willemsen“).

Foto: Antonia Willemsen im Januar 2020 beim Pater-Werenfried-Jahresgedächtnis in Köln. © Kirche in Not


© 2020 www.kath.net