Irak: Auch Christen besorgt über Zunahme der Coronavirus-Fälle

20. Juni 2020 in Weltkirche


Hirtenbrief von Patriarch Sako: Pandemie als Möglichkeit des "spirituellen und moralischen Wachstums" sehen - Corona keine "Strafe Gottes"


Wien (kath.net/KAP) Im Irak herrscht - auch bei den Christen - Sorge über die Zunahme der Coronavirus-Fälle. Offiziell wurden bisher 21.315 Fälle gezählt, 652 Patienten sind gestorben, sechs von ihnen waren Christen. Der chaldäisch-katholische Patriarch, Kardinal Mar Louis Raphael Sako, appelliert laut "Pro Oriente"-Informationsdienst in einem soeben veröffentlichten Hirtenbrief an die chaldäischen Gläubigen, das Leben "nach der Pandemie" mit einem größeren Maß an Humanität und Kraft anzugehen und den Glauben zu vertiefen. Die Pandemie sollte als eine Möglichkeit des "spirituellen und moralischen Wachstums" gesehen werden. Es gehe nicht darum, einfach wieder an die Situation vor der Pandemie anknüpfen zu wollen.

 

Die häusliche Isolierung habe Leben, Visionen, Projekte und Beziehungen verändert, stellt der Kardinal-Patriarch fest. Diese Veränderung betreffe die ganze Menschheit und alle Religionen. Auch die Modalitäten der Begegnung seien andere, die Vertreter der internationalen Politik hätten wegen der beschränkten Reisemöglichkeiten auf Videokonferenzen ausweichen müssen, "auch die orientalischen Patriarchen werden das tun". Die Gesundheitskrise habe aber auch eine "positive Situation menschlicher Solidarität" gezeitigt.

 

Viele Menschen seien in der Pandemie nachdenklicher und kritischer geworden, stellt Sako fest: "Sie akzeptieren zum Beispiel auch nicht, dass man ihnen eine Religion durch Gesetz oder Zwang aufdrängt, sie wollen, dass ihre religiöse Überzeugung aus ihrer persönlichen Freiheit entspringt".

 

Scharf weist der chaldäische Patriarch die Interpretation der Pandemie als "Strafe Gottes" zurück, diese Vorstellung widerspreche den zentralen Werten der Botschaft Christi.

 

Bischof: Pandemie "schlimmer als Krieg"

 

Einer der engsten Mitarbeiter des Patriarchen, Kurienbischof Shlemon Warduni, äußerte im Gespräch mit der italienischen katholischen Nachrichtenagentur "AsiaNews" die Befürchtung, dass sich die Pandemie im Irak weiter ausbreitet, auch in der Hauptstadt Bagdad. Daher sei auch das größte christliche Flüchtlingslager in der Hauptstadt, das der Jungfrau Maria geweiht ist, geschlossen worden. In dem Lager waren bis zu 135 Familien aus Mosul und der Ninive-Ebene untergebracht, die 2014 vor den IS-Terroristen in die Hauptstadt geflüchtet waren. Viele der Flüchtlingsfamilien stammen aus Baghdida (Qaraqosh), der größten Stadt in der Ninive-Ebene.

 

Die Pandemie insgesamt sei "schlimmer als ein Krieg", sagte Warduni: "Wir wissen nicht, woher der unsichtbare Feind kommt, wir wissen nicht, wer er ist und erst Tage, nachdem er sich Einlass verschafft hat, erscheinen die ersten Symptome." Leider sei die Ausbreitung des Virus im Irak noch nicht gestoppt.

 

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