Bartholomaios "traurig und schockiert" über Hagia-Sophia-Debatte

28. Juni 2020 in Aktuelles


Ökumenischer Patriarch: "Statt uns zu vereinen, trennt uns ein 1.500 Jahre altes Erbe".


Washington/Istanbul (kath.net/ KAP)

Er sei "traurig und schockiert": Mit diesen Worten hat sich der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. gegenüber einer Kolumnistin der "Washington Post" zu den türkischen Plänen zu einer Änderung des Status der Hagia Sophia in Istanbul geäußert. "Was soll ich sagen als christlicher Kleriker und griechischer Patriarch in Konstantinopel? Statt uns zu vereinen, trennt uns ein 1.500 Jahre altes Erbe", wurde Bartholomaios auf dem Onlineportal der US-Zeitung von Asli Aydintasbas, Türkei-Expertin des European Council on Foreign Relations, zitiert. Der Patriarch fügte demnach hinzu: "Die Kirche von Konstantinopel hat 17 Jahrhunderte überlebt und wenn es Gottes Wille ist, werden wir für immer am Bosporus bleiben."

 

Der Patriarch hielt sich in dieser Woche zur Versammlung des Heilige Synods, des Leitungsgremiums des Ökumenischen Patriarchats, im Orthodoxen Zentrum in Chambesy bei Genf auf. Dabei dürfte neben mehreren u.a. mit Corona zusammenhängenden innerorthodoxen Fragen auch die Hagia Sophia Thema gewesen sein.

Der türkische Staatschef Recep Tayyip hatte in den vergangenen Wochen die Pläne für eine Rückwidmung der Hagia Sophia in eine Moschee forciert. Am 2. Juli will das Oberste Verwaltungsgericht in der Türkei über den künftigen Status des Gebäudes entscheiden. Die im sechsten Jahrhundert erbaute Hagia Sophia (griechisch: Heilige Weisheit), damals die größte Kirche der Welt, wandelten die Osmanen nach der Eroberung Konstantinopels (heute Istanbul) 1453 in eine Moschee um. Unter dem Republikgründer Mustafa Kemal ("Atatürk") wurde sie 1934 zum Museum erklärt.

 

Die Initiative Ankaras löste scharfe Reaktionen u.a. der griechischen Regierung aus. Zuletzt rief auch der US-Sonderbotschafter für Religionsfreiheit, Sam Brownback, die türkische Regierung auf, die Hagia Sophia in ihrem derzeitigen Status als für alle zugängliches Museum zu belassen. "Die Hagia Sophia hat für Milliarden Gläubigen aus verschiedenen Religionen weltweit eine enorme spirituelle und kulturelle Bedeutung", twitterte Brownback.

 

Zuvor hatten in den Vereinigten Staaten einflussreiche orthodoxe Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur "dringend" an Präsident Donald Trump appelliert, dafür zu sorgen, dass die türkische Regierung von allen Plänen zur Änderung des Status der Hagia Sophia Abstand nimmt. Eine Umwandlung in eine Moschee würde bedeuten, dass die überaus bedeutsame historische Präsenz der christlichen Kirche in der heutigen Türkei ausgelöscht wird, warnte das Oberhaupt des Sankt-Andreas-Ordens, Anthony J. Limberakis.

 

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