Päpstliche Akademie für das Leben verteidigt ihr jüngstes „Gott-loses“ Dokument zur Covid-Pandemie

6. August 2020 in Aktuelles


Kritiker: Auf Gott, Jesus Christus, den Heiligen Geist, die Kirche, die Sakramente oder das Gebet wird nicht direkt Bezug genommen. Akademie-Sprecher: Mit dem Schreiben wollte der Vatikan ein „möglichst breites Publikum“ erreichen.


Rom (kath.net/LifeSiteNews) Der Vatikan hat sein kürzlich veröffentlichtes Dokument zur Coronavirus-Pandemie, in dem Gott nicht erwähnt wird, gegen Kritik verteidigt. Es solle ein „möglichst breites Publikum“ erreicht werden. Das 8-seitige Dokument „Humana Communitas in Zeiten der Pandemie: Unzeitgemäßge Meditationen über die Wiedergeburt des Lebens“ (Englisch) wurde am 22. Juli von der Päpstlichen Akademie für das Leben veröffentlicht, deren Präsident Erzbischof Vincenzo Paglia ist. Es gibt bislang keine offizielle deutsche Übersetzung.

 

„Wir sind daran interessiert, … menschliche Situationen … im Licht des Glaubens zu lesen und auf eine Weise, die ein möglichst breites Publikum, Gläubige und Ungläubige, alle Männer und Frauen 'guten Willens' anspricht“, verteidigt Fabrizio Mastrofini, ein Sprecher der Päpstlichen Akademie für das Leben, das Schreiben. Philologisches Wörterzählen sei hier nicht hilfreich, meinte er in Bezug auf die Kritik des bekannten katholischen US-Journalisten Phil Lawler, dass Gott, Jesus Christus, der Heilige Geist, die Kirche, die Sakramente, das Gebet oder sogar die Nächstenliebe im Dokument nicht erwähnt sind. „Selbst das Wort ‚Christ‘ kommt im Text nicht vor“, fasste Lawler zusammen und bezeichnete das Schreiben auf Catholic World News als eine „Peinlichkeit für die katholischen Gläubigen“.

 

Das Dokument der Päpstlichen Akademie für das Leben hätte gemäß Lawler eine christliche Botschaft senden sollen, was es in früheren Zeiten auch getan hätte. Dieses enthalte nur „einen grandiosen Aufruf zur weltweiten Solidarität und internationalen Zusammenarbeit, in dem festgelegt wird, dass die UNO-Weltgesundheitsorganisation WHO einen ‚privilegierten Platz‘ in der Kampagne einnehmen sollte.“ Die WHO setzt sich ausdrücklich für das Recht auf Abtreibung und die Förderung der künstlichen Verhütung ein.

 

Die Päpstliche Akademie griff Lawler über Twitter an und nannte seinen Artikel „ein absichtliches Missverständnis, um Verwirrung zu stiften“. Lawler antwortete: „Sie brauchten meine Hilfe nicht, um Verwirrung zu stiften. Ihr eigenes Dokument hat das gut gemacht.“

 

Präsident Erzbischof Vincenzo Paglia

 

Erzbischof Vincenzo Paglia wurde 2016 von Papst Franziskus zum Präsidenten der Päpstlichen Akademie für das Leben ernannt. Danach wurden alle früheren Mitglieder der 1994 gegründeten Institution entfernt. Gleichzeitig wurden der Akademie neue Statuten auferlegt, nach denen es nicht mehr notwendig ist, dass die Mitglieder mit der katholischen Lehre über das menschliche Leben übereinstimmen.

 

Im Sommer 2019 hat Paglia als Großkanzler auch am Päpstlichen Theologischen Institut Johannes Paul II. für Ehe- und Familienwissenschaften einschneidende personelle Veränderungen durchgeführt, sodass dort nunmehr manche Theologen - im Gegensatz zu den entlassenen Professoren - lehren, dass Verhütung und Homosexualität moralisch zulässig sind, wiederverheiratete Geschiedene zur Kommunion zugelassen werden können (ohne die Auflage der Enthaltsamkeit) und überhaupt das subjektive Gewissen die letzte Instanz ist, wie kath.net aus Institutskreisen erfahren konnte.  

 

Ebenfalls als Großkanzler des Johannes Paul II.-Instituts für Ehe- und Familienwissenschaften twitterte Paglia erst kürzlich ein Bild von einem nackten Mann und einer nackten Frau, die auf dem Boden lagen und von nackten Kindern umgeben waren. Obwohl sogar Twitter warnte: „Die folgenden Medien enthalten potenziell sensible Inhalte“, verteidigte der Erzbischof seinen Tweet.

 

Bekehrung zur (Um-)Welt?

 

„Man fragt sich, wer diese Dokumente tatsächlich schreibt“, überlegt Stefano Fontana von La Nuova Bussola Quotidiana in Bezug auf das neue Dokument der Päpstlichen Akademie für das Leben. „Nach der Art und Weise, wie diese Autoren schreiben, scheinen sie anonyme Funktionäre einer anonymen Institution für soziologische Studien zu sein.“ „Bekehrung wird gefordert, aber in Bezug auf die Umwelt und eine breitere Solidarität, nicht als Rückkehr zu Gott.“

 

Doyen Nguyen, Professor an der Päpstlichen Universität des hl. Thomas von Aquin (Angelicum) in Rom, kritisierte ebenfalls das jüngste Dokument der Päpstlichen Akademie für das Leben auf LifeSiteNews: „Nirgendwo in dem Dokument wird erwähnt, dass Gott unser letztes Ziel ist, dass Christus unsere Hoffnung ist und dass wir die Gnade des Heiligen Geistes sowohl für unsere moralische Bekehrung als auch für ein gutes moralisches Leben brauchen. Nirgendwo wird auch die Kirche - die Spenderin der Sakramente als Gnadenquelle - erwähnt. Wenn dies alles stillschweigend übergangen wird, inwiefern unterscheidet sich die Forderung der Päpstlichen Akademie nach Solidarität, Gleichheit und ‚Zugang (zur Gesundheitsversorgung) für alle ohne Ausnahmen‘ von der der säkularen Ideologien? Dies ist ein Dokument, das von einer angesehenen Institution der katholischen Kirche herausgegeben wurde, aber es gibt keine Erwähnung des Christentums oder der Christen, geschweige denn der Katholiken. Dass ein Dokument für alle Männer und Frauen bestimmt ist, ist sicherlich kein Grund, seine katholische Identität einzuklammern oder jeden Hinweis auf Gott, Christus, den Heiligen Geist und die Kirche wegzulassen“, schrieb er.

 

Der WHO wird in dem neuen vatikanischen Dokument eine wichtige Rolle eingeräumt. Die WHO erklärt auf ihrer Website ausdrücklich: „Jede Frau hat das anerkannte Menschenrecht, frei und verantwortungsbewusst ohne Zwang und Gewalt über Anzahl, Abstand und Zeitpunkt ihrer Kinder zu entscheiden und über die Informationen und Mittel dafür zu verfügen, sowie das Recht, den höchsten Standard der sexuellen und reproduktiven Gesundheit (ICPD 1994) zu erhalten. Der Zugang zu legaler und sicherer Abtreibung ist für die Verwirklichung dieser Rechte von wesentlicher Bedeutung.“ Und: „Informationen über und Bereitstellung von Verhütung sind für die Gesundheit und die Menschenrechte aller Individuen von grundlegender Bedeutung.“
Das „soziale Geschlecht“ (gender) definiert die WHO als „die Rollen, Verhaltensweisen, Aktivitäten, Attribute und Möglichkeiten, die jede Gesellschaft für Mädchen und Jungen sowie Frauen und Männer für angemessen hält. Das soziale Geschlecht interagiert mit den binären Kategorien des biologischen Geschlechts (sex), unterscheidet sich jedoch von diesem.“

 


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