Corona-Pandemie als Wendepunkt im Pontifikat Franziskus’?

3. September 2020 in Weltkirche


Zwei Kirchenhistoriker kommen zu unterschiedlichen Bewertungen der Bedeutung der Pandemie für das Wirken von Papst Franziskus. Alberto Melloni sieht den ‚Anfang vom Ende’ gekommen, Austen Ivereigh einen neuen Anstoß für die Kernbotschaft des Papstes.


Rom (kath.net/jg)

Zwei Kirchenhistoriker, die Papst Franziskus wohl gesonnen sind, sehen in der Corona-Pandemie eine Zäsur in dessen Amtszeit, berichtet die Nachrichtenagentur Associated Press (AP).

 

Alberto Melloni hat in einem Essay die Pandemie sogar als „Anfang vom Ende“ des Pontifikates von Franziskus bezeichnet. In jedem Pontifikat gebe es einen historischen Punkt, mit dem die Endphase beginnt, die noch Jahre dauern kann. Für Franziskus sei dies die Pandemie und seine Einsamkeit angesichts des Virus.

 

Die Mittwochsaudienzen waren ebenso abgesagt wie die pastoralen Reisen in alle Welt. Gleichzeitig seien die Konflikte mit „konservativen“ Kritikern an die Oberfläche gekommen. Diese würden auch nach dem Ende der Corona-Pandemie nicht verschwinden, schreibt Melloni.

 

Austen Ivereigh sieht die Pandemie ebenfalls als Wendepunkt. Franziskus sei aber nicht isoliert gewesen, sagte er in einem Interview. Die Krise habe ihm unerwartete Möglichkeiten geboten, einer Welt in Not spirituelle Wegbegleitung zu geben. Franziskus habe einen neuen Anstoß bekommen, um die Kernbotschaft seines Pontifikates zu verkünden, die er in seiner Enzyklika „Laudato si“ (2015) niedergelegt habe. In diesem Dokument habe er die Politiker der Welt aufgefordert, strukturelle Ungleichheiten in der globalen Wirtschaft zu korrigieren, welche die Erde in einer „unermessliche Mülldeponie“ zu verwandeln drohe (LS 21).

 

Der Papst sei davon überzeugt, dass man aus jeder großen Krise, sei es ein Krieg oder eine Pandemie, gestärkt oder geschwächt hervor gehe. Die Kirche habe nach Ansicht von Franziskus der Welt in dieser Situation etwas anzubieten, das sehr hilfreich sei, sagte Ivereigh.

 


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