„Anderer Meinung sein ist kein ‚Bashing‘ und Kritik ist nicht ‚Hatespeech‘“

3. November 2020 in Spirituelles


Augsburger Gebetshausleiter Johannes Hartl listet „8 der populärsten Lügen, die wir Menschen von heute glauben“, beispielsweise lehnt er den Gedanken ab, dass Widersprechen böse sei.


Augsburg (kath.net/pl) Zum Blick hinter die eigenen Kulissen lädt der Augsburger Theologe Johannes Hartl ein. In einem Posting auf seiner Facebookseite listet er „8 der populärsten Lügen, die wir Menschen von heute glauben“.

„Schneller ist besser“, zitiert er, um dann zu widersprechen: „Wer im falschen Zug sitzt, hat nichts davon, dass es ein super schneller ICE ist. Entscheidend ist, wo Du im Leben hin willst und was wirklich zählt.“

„Neuer ist besser“, doch dann stellt er dagegen: „‚2+2=4‘ ist nicht am Dienstag falsch, weil es am Montag richtig war“. Es sage noch nichts über den Wert aus, dass „etwas neuer oder moderner“ sei. Obendrein erinnerte Hartl daran, dass „auch Rassismus … in den 30er Jahren als wissenschaftlich und modern“ gegolten habe.

„Wir können alles kontrollieren“. Hier kommt vom gefragten Konferenzredner Hartl kein vollständiger Widerspruch, denn „dank Technik“ könne man glücklicherweise wirklich „mehr kontrollieren“. Doch auch hier stelle sich ein Problem, mahnte Hartl: „je mehr Technik, desto mehr Kontrolle auch über Menschen. Und das, was im Leben am meisten zählt, lässt sich nicht kontrollieren: Liebe, das Leben selbst und sein Ende, der Tod.“

„Man kann alles mit dem Kopf lösen“, aber in Wirklichkeit werde der Verstand überschätzt. Gerade „die tiefsten Lebensfragen sind nicht rational lösbar und in menschlichen Beziehungen auch das meiste nicht.“ Hartl ergänzte: „Viel im Kopf zu haben, bedeutet noch nicht, ein weiser oder guter Mensch zu sein.“

„Das menschliche Gehirn ist ein Computer“, aber da der Mensch „aus Körper, Geist und Seele in Verbindung“ bestehe, wird das Leben tot „ohne spirituelle Dimension und emotionale Gesundheit“. Hier sage einem der eigene Körper „die Wahrheit, die Dein Hirn nicht hören will“.

„Widersprechen ist böse“, so nimmt Hartl die gegenwärtig immer deutlicher werdende Gesprächs- und Diskussionskultur auf das Korn. Er erinnert daran, dass es kein „Bashing“ sei, wenn man anderer Meinung ist, auch sei Kritik nicht automatisch „Hatespeech“. Vielmehr sei „die Fähigkeit, anderer Meinung zu sein, … Grundlage sinnvollen Austauschs“.

Damit zusammenhängend formulierte er den Anspruch: „Alles sollte harmonisch sein“, doch die Wahrheit sei: „“enn Menschen freien Willen haben, werden sie streiten“. Wer „immer Harmonie“ wolle, werde „unfrei“. „Für das Gute und Richtige einzustehen, bedeutet, dass es manchmal stressig wird und zu Konflikten kommt.“


„Naturwissenschaft = Realität“, so lautet das letzte Postulat, dem Hartl widerspricht. Denn „Naturwissenschaften sind dort exakt, wo sie messen, wiegen, zählen.“ Doch je mehr Theorie daraus wird, desto mehr Interpretation ist darin“. Die Naturwissenschaft könne kein „ganzes Bild der Wirklichkeit“ zeichnen. Anschaulich führt Hartl vor Augen, dass beispielsweise Anatomie „nicht den ganzen Menschen“ zeige, „denn sie findet an der Leiche statt“.

 


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