Brief an Bischof Wiesemann: „Ihre Unterstützung des Synodalen Wegs hat bei uns Erstaunen ausgelöst“

7. November 2020 in Kommentar


„Es darf nicht sein, dass wegen des Missbrauchsskandals Bischöfe sich dem herrschenden Mainstream nicht mehr entgegen zu stellen bereit sind und Lehre des Evangeliums aus lauter Angst vor Widerspruch aufgeben.“ Von Wolfgang und Cindy Bösl


Speyer (kath.net) Offener Brief an den Speyrer Bischof Karl-Heinz Wiesemann.

Eure Exzellenz, sehr geehrter Herr Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann,

in Ihrem Hirtenbrief zur Österlichen Bußzeit laden Sie uns ein, als „einfache“ Gläubige am Visionsprozess zur Erneuerung der Kirche mitzuwirken. Sie betonen, dass wir als Christen ein Segen für andere sein sollen. Im Hinblick auf diese Aussage möchten wir Sie gerne unterstützen und geben unser Bestes, um dies in unserem Alltag und unserem persönlichen Umfeld umzusetzen.

Ihre Unterstützung des Synodalen Wegs hingegen hat bei uns Erstaunen ausgelöst, auch wenn dies im Hinblick auf die Ernennung Ihres Generalvikars Andreas Sturm vorauszusehen war und auf eine konsequente kirchenpolitische sowie theologische Linie Ihrerseits schließen lässt. Für uns stellt sich dabei die Frage, wie es möglich ist, dass Sie sich als Hirte der Kirche und Nachfolger der Apostel für ein Vorhaben einsetzen, das in Bezug auf viele theologische und pastorale Fragestellungen nicht mit der Tradition und der Lehre der Heiligen Katholischen Kirche übereinstimmt, obwohl Sie die Bewahrung der Lehre der Kirche feierlich versprochen haben. 1

Konkret beschäftigen uns dabei die folgenden Fragen:

Diakonat/Priestertum der Frau

-    Wie kann ich als Bischof einen Priester im Amt lassen, der offen das Frauenpriestertum fordert (s. Facebook usw.), ja diesen sogar als Generalvikar einsetzen? Johannes Paul II. hat eindeutig erklärt, dass dies nicht möglich ist. Dies sind außerdem auch Forderungen des Synodalen Wegs, wobei diese erst beim Diakonat der Frau beginnen, das es in dieser Form noch nie gab. Wie kann es sein, dass sich im Priesterseminar in Speyer während der Tagung der Diakone auch (zwar räumlich getrennt) Diakoninnen in spe treffen dürfen?

Zölibat

-    Man bekommt den Eindruck, dass der Missbrauchs-Skandal als Grund und Vorwand genommen wird, um die Position gegen das Zölibat durchzusetzen. Gerade als Bischof sollten Sie Ihre Priester in dieser schwierigen Zeit stärken, nicht schwächen! Auch wenn Sie dies in Ihrem Hirtenbrief zur Fastenzeit 2020 nicht direkt ansprechen, aber was meinen Sie sonst mit „Struktur und Mentalität“? Das Zölibat abzuschaffen gehört hierbei auch zu den vordergründigen Forderungen des Synodalen Wegs. Kommen nicht gerade diese Probleme durch die Verweltlichung der Kirche, wie es seine Heiligkeit Papst em. Benedikt XVI. in seinem Schreiben angesprochen hat (z.B. vaticannews.de)?

Ehe

-    Auch beim Thema Ehe fordert der Synodale Weg eine völlige Aushöhlung katholischer Positionen. Da Sie ganz hinter dem Synodalen Weg stehen -  sind dies auch Ihre Positionen? Schon Ihre Vorgänger haben sich in der Königsteiner Erklärung mit der Gewissensfreiheit beim Thema Verhütung von der katholischen Position abgewandt. Nur zu logisch, dass - wenn schon Bischöfe die Kirche verraten – dies einen Erdrutsch in Gang setzt. Wir als junge Eheleute, die die Lehre leben, fühlen uns von den meisten Bischöfen in Deutschland, vollständig verraten. Wie kann man als Bischof und Nachfolger der Apostel Jesu Lehre in der Heiligen Schrift und die Tradition der Kirche über Bord werfen? – Ja, man kann Sünder segnen. Das sind wir alle. – Aber man kann keine Todsünde segnen, noch nicht einmal eine lässliche Sünde.

 Die Position von Ehe und Homosexualität sollten Sie kennen. Auch den BDKJ, der bekannt ist für seine Ablehnung fast aller katholischen Positionen und Glaubensinhalte,  stellen Sie als Segen dar.

Covid-19

-    Auch in der Corona-Krise ziehen Sie sich gemeinsam mit einigen anderen Bischöfen lieber aus der Verantwortung und schieben diese auf die Gemeinden vor Ort. Beim Zusperren von Kirchen waren Sie als Bischöfe schneller als der Staat. Sollte Ihnen nicht zuerst das Seelenheil der Gläubigen am Herzen liegen? Woher nehmen Sie als Bischof das Recht, älteren Priestern das Feiern des Hl. Messopfers und das Spenden der Sakramente zu verbieten? Der Heilige Karl Borromäus hat bei der Pest, die wesentlich schlimmer war, angeordnet, dass die Priester lieber in den Tod gehen und die Seelen retten sollten 2, als zu fliehen. 3 Die Kirche macht immer mehr den Eindruck, ein Teil der Partei „Bündnis 90 - Die Grünen“ zu sein und nicht die Kirche Jesu Christi.

-    Pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche

-    In der Stellungnahme des Generalvikars Andreas Sturm vom 22.07.2020  zum Schreiben der Kleruskongregation bedauert er die mangelnde Unterstützung der „neuen Leitungsmodelle“. Diese mangelnde Unterstützung liegt vermutlich an den vertretenen Positionen, die nicht katholisch sind. Es ist bezeichnend und zeigt ein klares Bild der „deutschen“ Kirche, dass nur wenige der deutschen Bischöfe das Schreiben aus Rom dankbar annehmen.

Kardinal Woelki und Bischof Vorderholzer sind hier positiv zu erwähnen.

Speyer fällt durch die Stellungnahme negativ auf. Dies zeigt, wie weit sich die Diözese Speyer inzwischen von Rom entfernt hat.

S. Hl. Papst Franziskus stärkt mit diesem Schreiben die Pfarrer in ihrer Berufung. In Speyer ist der Synodale Weg wichtiger als die Missionierung und Stärkung der Gemeinde und deren Priester. 4

Des Weiteren seien hier folgende Inhalte des Schreibens erwähnt:

Abschnitt 22: benennt die Feier der Hl. Eucharistie als Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens! In Speyer werden Wort Gottes Feiern gerne gesehen…

Abschnitt 23: erinnert an die Aussage von Papst Franziskus über den Pelagianismus. Dieser bringt hingegen den Menschen dazu, auf eigene Kraft zu bauen. Diesen Eindruck er-wecken leider große Teile der Kirche in Deutschland.

Abschnitt 27: besagt, dass die Pfarrei nicht nur ein Gebäude oder eine Struktur ist, sondern eine konkrete Gemeinschaft um den Pfarrer. In Speyer setzt man Laien zur Leitung einer Pfarrei ein.

Auch die Leitungsteams kommen weiter in Mode. Dies widerspricht ebenfalls der kath. Sichtweise und dem Schreiben, in dem Papst Franziskus klarstellt, dass nur der Pfarrer eine Pfarrei leiten kann.

Dies alles sind nur wenige Punkte, die hier angeführt werden, warum unseres Erachtens die katholische Kirche in Deutschland nicht mehr ernst genommen werden kann.

Der heilige Paulus schreibt an seinen Schüler Timotheus, wie ein Priester zu handeln hat: Verkünde das Wort, tritt dafür ein, ob man es hören will oder nicht; weise zurecht, tadle, ermahne, in unermüdlicher und geduldiger Belehrung.

Denn es wird eine Zeit kommen, in der man die gesunde Lehre nicht erträgt, sondern nach eigenen Wünschen immer neue Lehren sucht, die den Ohren schmeicheln; und man wird der Wahrheit nicht mehr Gehör schenken, sondern sich Fabeleien zuwenden.

Du aber sei nüchtern, ertrage das Leiden, verkünde das Evangelium, erfülle treu deinen Dienst! Dies verweist den Priester eindeutig auf Christus, der ihn in seinen Dienst genommen hat – nicht der Synodale Weg.

Es darf nicht sein, dass wegen des Missbrauchsskandals die deutschen Bischöfe sich dem in der Öffentlichkeit herrschenden Mainstream nicht mehr entgegen zu stellen bereit sind und die Lehre des Evangeliums aus lauter Angst vor Widerspruch aufgeben.
 
Man spricht von der Identitätskrise des Priesters.

Der Priester, der im Hl. Messopfer verwurzelt ist, wird keine Identitätskrise haben und es wird ihn davor bewahren, sich vom Verwalter der Geheimnisse Gottes zum Fachmann für geselliges Gemeindeleben und Freizeitgestaltung herabnivellieren zu lassen.

Außerdem wird er sich nicht zum Manager für kumpelhafte Gottesdienste mit möglichst hohem Unterhaltungswert, zum Phrasendrescher einer auf das Ankommen bedachten Gefälligkeitstheologie und Kirchenträumerei wandeln; die Verwurzelung des Priesters im Opfer der Eucharistie wird ihn davor bewahren, sich vom Diener in einen klerikalen Sozialarbeiter, einen Möchtegern-Politiker oder Vorkämpfer eines irdischen Paradieses zu verwandeln.

Aufgrund der oben genannten Argumente stellen wir uns als Katholiken im Bistum Speyer die Frage, ob und wie wir Ihre Position noch länger mittragen können, oder ob wir die Kirche aus Gewissensgründen verlassen müssen, um der Heiligen Katholischen Kirche in der überlieferten Lehre und Tradition treu zu bleiben.

Daher möchten wir Sie bitten, Ihre Position auf der Grundlage Ihres Weiheversprechens zu über-denken, denn „jeder, der sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen“. 5

Über eine Rückmeldung von Ihnen würden wir uns freuen, seien Sie Sich unseres Gebets gewiss.
Der hl. Papst Johannes Paul der II. möge uns stets von oben segnen, mit der Bitte um Ihren Segen

Ihr Wolfgang und Cindy Bösl
Erlenbach, den 05.10.2020

Fußnoten:
1 Bist du bereit, in dem Amt, das von den Aposteln auf uns gekommen ist und das wir dir heute durch Handauflegung übertragen, mit der Gnade des Heiligen Geistes bis zum Tod zu dienen? Ich bin bereit. Bist du bereit, das Evangelium Christi treu und unermüdlich zu verkünden? Ich bin bereit. Bist du bereit, das von den Aposteln überlieferte Glaubensgut, das immer und überall in der Kirche bewahrt wurde, rein und unverkürzt weiterzugeben? Ich bin bereit. Bist du bereit, am Aufbau der Kirche, des Leibes Christi, mitzuwirken und zusammen mit dem Bischofskollegium unter dem Nachfolger des heiligen Petrus stets die Einheit zu wahren? Ich bin bereit. Bist du bereit, dem Nachfolger des Apostels Petrus treuen Gehorsam zu erweisen?  Ich bin bereit.  Bist du bereit, zusammen mit deinen Mitarbeitern, den Presbytern und Diakonen, für das Volk Gottes wie ein guter Vater zu sorgen und es auf dem Weg des Heils zu führen? Ich bin bereit. Bist du bereit, um des Herrn willen den Armen und Heimatlosen und allen Notleidenden gütig zu begegnen und zu ihnen barmherzig zu sein? Ich bin bereit. Bist du bereit, den Verirrten als guter Hirte nachzugehen und sie zur Herde Christi zu-rückzuführen? Ich bin bereit. Bist du bereit, für das Heil des Volkes unablässig zum allmächtigen Gott zu beten und das hohepriesteliche Amt untadelig auszuüben? Ich bin bereit.
2 Mt 16,25; Lk 9,24; Mk 8,35
3 kath.net: Der Heilige Karl Borromäus
4 Siehe hierzu Abschnitt 17 des Schreibens
5 Mt 10,32; Einheitsübersetzung 2016

Pressefoto Bischof Wiesemann (c) Karl Hoffmann / Bistum Speyer


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