Patriarch Bartholomaios würdigt Konzil aus orthodoxer Sicht

14. Oktober 2022 in Weltkirche


Patriarch von Konstantinopel im "L'Osservatore Romano": Konzil war "logische Konsequenz des Lebens" von Papst Johannes XXIII., der darauf gedrängt hat, das "Einende" und nicht das "Trennende" zu unterstreichen


Vatikanstadt (kath.net/KAP) Das Zweite Vatikanische Konzil aus orthodoxer Sicht hat Patriarch Bartholomaios im Vatikanblatt "L'Osservatore Romano" gewürdigt, wie "VaticanNews" am Dienstag berichtete. Dabei weist der Patriarch von Konstantinopel darauf hin, dass die Ankündigung eines "ökumenischen" Konzils durch Johannes XXIII. 1959 zunächst zu Verwirrung und Fragen auf orthodoxer Seite geführt habe. Zwar seien Beobachter aus der Orthodoxie zum "Ökumenischen Konzil" eingeladen worden, diese sollten jedoch nicht aktiv an den Diskussionen teilnehmen. Gleichzeitig gingen die Vorbereitungen aber mit einer verstärkten innerorthodoxen Annäherung einher, wie der Ökumenische Patriarch schildert.

Als Papst Johannes XXIII. ein "großes Konzil aller Christen" angekündigt hatte, sei in der orthodoxen Welt die Hoffnung aufgekeimt, "dass ein großes ökumenisches Konzil aller christlichen Kirchen einberufen werden würde, um Wege zur Vereinigung des Leibes Christi zu finden", erinnert Bartholomaios in seinem Beitrag. Johannes XXIII., der vor seiner Wahl zum Papst als Vatikanvertreter bereits in Bulgarien, Griechenland und der Türkei tätig war, habe dort seine Erfahrungen mit den östlichen Kirchen vertiefen können; der damalige Ökumenische Patriarch Basilius III. habe ihm bereits seine "Besorgnis über die Uneinigkeit der christlichen Welt" und "seinen Wunsch nach Einberufung eines allgemeinen Konzils der gesamten Christenheit" anvertraut.

Trotz der schwierigen Umstände jener Jahre habe der spätere Papst Johannes XXIII. gut verstanden, dass "Katholiken und Orthodoxe keine Feinde, sondern Brüder sind". Der Aufenthalt in den östlichen Gebieten sei für Roncalli "eine Schule der Ökumene" gewesen, wie verschiedene Beobachter bemerkt hätten: "In diesen schwierigen Zeiten gelang es ihm, bei allen eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen", würdigt Bartholomaios.

Skepsis, Enttäuschung, Interesse

In der orthodoxen Welt habe man die Ankündigung eines ökumenischen Konzils teils mit Freude, teils mit Skepsis aufgenommen, doch als man festgestellt habe, dass "dieses Konzil nur die römische Kirche betreffen" würde, habe eine gewisse Enttäuschung vorgeherrscht, gepaart mit der Ansicht, dass dies "eine Einschränkung der Ideen von Papst Johannes" sei.

Aber, schreibt Bartholomaios weiter: "Patriarch Athenagoras ließ nicht locker und brachte seinen großen Wunsch, die Vergangenheit zu überwinden und den Weg der Begegnung zu beschreiten, nach Rom und zeigte damit Interesse an der Initiative der Kirche von Rom." Dieser Wunsch nach interchristlicher Einheit sei auch durch eine "wiederentdeckte panorthodoxe Einheit" unterstützt worden, die schließlich im Lauf der Jahrzehnte zum Konzil von Kreta im Jahr 2016 geführt habe: "Der ökumenische Weg ist offen für Ost und West und kann nicht mehr verschlossen werden", so Bartholomaios.

Das Zweite Vatikanische Konzil habe in der orthodoxen Welt und bei ihren Theologen und Seelsorgern großes Interesse geweckt und sei "in all seinen Phasen und Dokumenten verfolgt" worden, unterstreicht der Patriarch von Konstantinopel, der das Konzil nicht nur als Überwindung der "Theorie der Rückkehr" würdigt, sondern auch als "logische Konsequenz des Lebens von Papst Johannes", der darauf gedrängt habe, das "Einende" und nicht das "Trennende" zu unterstreichen.

Würdigung der Liturgiekonstitution

Von orthodoxer Seite aus hätten viele beim Konzil erörterte Themen "lebhaftes Interesse" geweckt, doch insbesondere die Liturgiekonstitution und ihr "Bezug auf die Tradition", verstanden als "lebendiger Ausdruck der Kirche", erscheine aus orthodoxer Sicht wichtig. Bartholomaios nannte in diesem Zusammenhang "das Prinzip der Rückkehr ,ad pristinam Sanctorum Patrum normam', die "Rückkehr zu den ältesten Quellen der verschiedenen Liturgien der Kirche", die die aktive Teilnahme der Gläubigen als "eine Gemeinschaft, die feiert", hervorhebe.

Dabei handele es sich um einen pastoralen Akt, "der aus dem Erlösungswerk Christi hervorgeht, frei von soziologischen oder psychologischen Funktionen, immer eins, auch in der Vielfalt der Riten". Die Liturgie werde so wieder zu einem "Werk des Volkes", in dem "das Priesterkollegium und die Gläubigen einen einzigen liturgischen Körper bilden, in dem jeder seine besondere Funktion hat", unterstreicht Bartholomaios.

Papst Johannes XXIII. habe die Liturgie "als höchste Form des Gebets der Kirche" geliebt, so Bartholomaios weiter, der darauf hinweist, dass die Liturgie "ein Zeichen der Einheit zwischen Gott und Mensch und zwischen Mensch und Gott" sei. Das Zweite Vatikanische Konzil habe "diese zentrale Bedeutung der römischen Liturgie wiederhergestellt", lobt der Patriarch. Nachsatz: "Es ist unser aller Pflicht, die wir heute Christen sind, daran zu arbeiten, unsere Einheit in diesem einen Brot und diesem einen Kelch wiederzuentdecken."

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Foto: Papst Franziskus empfängt den Patriarchen Bartholomaios


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