Eine Kirche ohne Heiligen Geist ist unerträglich‘

8. Jänner 2024 in Aktuelles


Übersprudelnde Lebensfreude und eine herzliche Zuneigung zu Menschen: Das braucht das Christentum dringend, meinte der Theologe Johannes Hartl bei der MEHR 2024 in Augsburg. Von Petra Knapp


Augsburg (kath.net) „Eine Kirche ohne Heiligen Geist ist unerträglich!“ Das sagte der deutsche Theologe und Philosoph Johannes Hartl bei seinem Vortrag auf dem MEHR-Festival 2024 in Augsburg. Der Heilige Geist sei „der große Unbekannte in der Christenheit“, von dem man nie etwas höre, bemerkte Hartl, Gründer des Gebetshauses Augsburg, am Samstagabend vor rund 11.000 Besuchern in der Messehalle.

Das Christentum sei „komplett unverständlich ohne den Heiligen Geist“. Er präsentierte eigene Übersetzungen der Früchte des Heiligen Geistes, wie Paulus sie im Brief an die Galater beschrieb. Liebe, das sei „herzliche Zuneigung zu Menschen“, Freude eine „übersprudelnde Lebenslust“, Güte ein „waches Interesse an anderen“, Sanftmut heiße, „nichts erzwingen zu müssen.

Dies seien konkrete Auswirkungen des Heiligen Geistes in unserem Leben, die in der Kirche präsent sein müssten. Sind sie es nicht, so leben wir ein Christentum, wo es nur um äußere Dinge gehe oder um Regeln – und das ist nach Hartls Ansicht „unerträglich“.

Ziel des Heiligen Geistes seien „heile Emotionen“, führte der Theologe aus. „Heile Emotionen sind die Basis für heile Beziehungen!“ Der Heilige Geist sei nicht abstrakt, er sei sehr real, „aber er kommt nur, wenn du ihn bittest“. Eine Frucht des Heiligen Geistes, die Freude, werde im Neuen Testament 50 Mal genannt, erklärte der Theologe.

„Woher kommt Lebensfreude, wenn meine eigenen Quellen vertrocknet sind?“, fragte er im Hinblick auf die biblische Erzählung von der Frau am Brunnen, die Jesus in ein Gespräch verwickelte, in dem er genau ihren wunden Punkt ansprach. Er konfrontierte sie in einer direkten, aber zärtlichen Art und Weise, die abzielte auf eine „Wiederherstellung ihrer Würde“.

Ihre Sehnsucht nach mehr sei geweckt worden, und genau das sei das Problem heute, interpretierte Hartl. „Wenn du gar keine Sehnsucht hast, dann kannst du auch nicht beschenkt werden!“ Wir Menschen seien im Alltag nicht viel im Kontakt mit unseren wunden Punkten, „wir schieben das weg“, sagte er. „Bedürftigkeit tut weh, da sind wir lieber cool. Aber wenn du cool bist und dir nichts weh tut, dann bist du auch nicht berührbar. Der kürzeste Weg ins Herz ist über eine Wunde.“

Der Umgang Jesu mit Frauen, Kindern, Kranken oder Sündern sei immer so, dass er Würde aufrichte und die Grundsehnsucht der Menschen offenlege. „Jeder sucht im Letzten nach Gott“, erläuterte Hartl. Unsere Sehnsucht gehe nie ganz weg, egal, was wir alles haben oder erreichen. Er zitierte den Mystiker Johannes vom Kreuz, der festhielt: „Mein Geist ist vertrocknet, weil ich vergessen habe, mich von dir zu nähren.“  

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