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Der neue Wert der Worte, oder ....

27. März 2020 in Kommentar, keine Lesermeinung
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".. what to do with the time that is given us" - BeneDicta am Freitag von Gudrun Trausmuth


Wien (kath.net)
Die Wirklichkeit mit Hilfe von Literatur zu lesen, hilft uns, sie zu begreifen, weil die Literatur – dank der ihr eigenen allgemeinen Dimension - Phänomene mit Worten abgreifen kann, welche unsere eigene Fähigkeit zur Begriffswerdung noch übersteigen. Wenn aber andere unsere Empfindungen und Emotionen versprachlichen können, signalisiert uns das: Du bist nicht allein, es hat die Dunkelheit, die sich über uns legt, schon gegeben, schon andere haben sie empfunden. Auf diese Weise weitet sich eine Schicksalsgemeinschaft von den Menschen dieser Zeit zu den Menschen anderer, ja, aller möglichen Zeiten.

Wie stärkend, mit einem schönen Bild versehen, Sätze aus Tolkien’s „Herr der Ringe“ auf Twitter geschenkt zu bekommen, aus dieser schattenvollen erzählten Welt heraus Worte zu hören wie “Nearly all lands have been disturbed these days, very disturbed. But cheer up...better times are coming. Maybe, better than you remember.” Oder auch Frodos: “I wish it need not have happened in my time.” Und Gandalfs weise Antwort: “So do I, and so do all who live to see such times. But that is not for them to decide. All we have to decide is what to do with the time that is given us.” – Eine gute Zeit, um Tolkien zu lesen …

Die schnelle Rede von der Vorsehung mag ich eigentlich nicht. Aber wie soll ich es anders nennen, wenn mir während der Arbeit an der Neuerscheinung von Werner Bergengruens Roman „Am Himmel wie auf Erden“ (1940) immer mehr bewusst wird, wie unglaublich dieser Text zur aktuellen Lage passt? Nein, Bergengruen spricht nicht von der diffusen Bedrohung durch ein neuartiges Virus, er spricht in dem historischen Roman von einer angekündigten Sintflut im Berlin des Jahres 1524, aus der Sternen herausgelesen von einem Arzt und Gelehrten mit Namen Carion. Und ja, der Kurfürst, der die Bedrohung verschweigen will, hat vielleicht nicht so viel gemein mit den Politikern unserer Zeit; aber was den Text vor der Folie der aktuellen Geschehnisse so interessant macht, sind Bergengruens unterschiedliche erzählerische Antworten auf die Frage „Wie verhält sich der Mensch unter der Last von Angst und Druck?“ Die verschiedenen Möglichkeiten führt er anhand verschiedener Gestalten und Schicksale vor: vom Kammerjunker, der seine Braut aus dem bedrohten Landstrich schickt bis zum magiegläubigen Völkchen der Wenden, von den Profiteuren der Krise bis zur Geliebten des Kurfürsten, vom Erzbischof bis hin zum Arzt und Gelehrten Carion. Alle schon genug herausgefordert, belastet und beladen mit ihrem eigenen Schicksal, ringend, kämpfend, sich durchs Leben schlagend. Jeder beschenkt und verletzt zugleich, manche erschütternd liebend, alle plötzlich in ihrem Eigenen überrollt und angefragt durch die dunkle Wolke einer allgemeinen, nicht kontrollierbaren Bedrohung, die sie entwaffnet und machtlos macht. Genial erzählt Bergengruen die einzelnen Schicksale während der Krise: die große Liebe, die in Sorge die Geliebte in Sicherheit haben möchte und sich selbst der Todesstrafe für „Verrat“ unterstellt, die erschütternde Szene der Hochzeit unmittelbar vor der Hinrichtung … Und dann Carion, dieser mir so sympathische Protagonist, ganz seiner Wissenschaft hingegeben, allein mit seiner dementen Mutter lebend - am Höhepunkt der Bedrohung wird er von einem Aussätzigen absichtlich berührt. Plötzlich lernt nun Carion, der Beobachter, der Souveräne, der von der allgemeinen Angst bisher verschont war, seinerseits die blanke Furcht um sein Leben kennen und kämpft einen harten Kampf, bis ihm plötzlich klar wird, welcher innere Ort ihn einzig von der Todesangst befreien kann: "Er rang um die Kraft, sich ein einverstandenes Ergreifen auch des strengen Schicksals als ein dauerndes Besitztum anzueignen. Er machte den Vorsatz, was auch geschehen mochte, dem Willen der Gottheit eine Stätte innerhalb des eigenen Willens zu bereiten, ja, endlich diesen ganz von jenem verzehren zu lassen und an solcher Übereinstimmung unabweichlich festzuhalten. Und er fühlte, wie sich ein Friede in ihn ergoß …“
Eine Erfahrung dieser Tage ist, dass Worte besser treffen als sonst – vielleicht weil der Boden unseres Herzens weicher geworden ist, bereiter, Samen zu empfangen? Vielleicht weil die Entbehrung des „Größten Geschenks“ uns dankbarer für die möglichen, kleineren Gaben macht? Fastenzeitlich ist mir ein Wort aus Paul Claudels erschütterndem „Kreuzweg“ (Zweite Station) aufs Herz gefallen: „Mach nun auch mich geduldig unter dem Holze, von dem Du willst, daß ich es tragen soll. Denn wir müssen das Kreuz tragen, ehe das Kreuz uns trägt.“

Ja, die Worte treffen gut an Tagen, an denen wir verwundbar sind. Es gibt eine große Sehnsucht, gute Worte zu empfangen, aber diese Tage seien auch eine Zeit, unsere eigenen Worte zu bedenken. Physisch können wir den Freund nun nicht treffen, aber im Wort und im Gebet (als höchster Möglichkeit unseres Sprechens). Nehmen wir dies wahr: Einen alten Schulfreund zurückrufen, der ein scheues und sorgenvolles „Wie geht es dir?“ getextet hat, der Bekannten, die allein mit ihren Sorgen in der Wohnung sitzt, einen Brief schreiben …

Vielleicht macht einen die Abstinenz von leibhaftiger Begegnung - nach einem Wort von Else Lasker-Schüler – auch fähig „sein Herz barfuss gehen zu lassen“. Das heißt natürlich nicht, exhibitionistisch und geschwätzig zu werden, aber vielleicht: etwas mehr zu wagen, uns etwas mehr und großzügiger im Wort zu schenken, unsere Scheu vor dem Wort und der Berührung des anderen im Wort zu überwinden. Die Worte sind frei, machen wir von der Freiheit, die wir haben, Gebrauch.


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