Fragt euch, warum die Kirche so und nicht anders argumentiert!

20. Juni 2005 in Schweiz


Es ist niemand verpflichtet, auf die Stimme der Kirche zu hören, aber sie hat das Recht, ihre Ansicht öffentlich zu verkünden. Eine Kolumne von Martin Meier.


Zürich (www.kath.net) In einem Leserbrief im Zürcher Tages-Anzeiger wird die Stellungnahme der italienischen Kirche und des Vatikans zu Gunsten des restriktiven Bioethikgesetzes in Italien heftig kritisiert. Von einem „Schildbürgerstreich“ der Kirche ist da die Rede, da sie die demokratische Institution ad absurdum führe.

Anmerkung: Die Kirche hatte dazu aufgerufen, gar nicht abstimmen zu gehen, weil in Italien ein Referendum nur zu Stande kommt, wenn mindestens 50 Prozent der Stimmberechtigen ihr Bürgerrecht auch tatsächlich wahrnehmen. Der streitbare Verfasser des Leserbriefs benutzt die günstige Gelegenheit in der Folge gleich zu einem Rundumschlag gegen die Kirche und führt deren angebliche Frauenfeindlichkeit ebenso ins Feld wie die „Verteufelung“ des Kondoms, die „den Tatbestand des Genozids ritze“.

Man fragt sich angesichts dieser geballten Ladung von Ignoranz und Vorurteilen, wie ein Mensch zu derartig abstrusen Ansichten kommen kann. Was die „Einmischung“ in die Politik betrifft, müsste dem Leserbriefschreiber doch klar sein, dass es eben zur Demokratie gehört, dass jede Person und jede Institution sich frei zu Wort melden darf. Es ist niemand verpflichtet, auf die Stimme der Kirche zu hören, aber sie hat das Recht, ihre Ansicht öffentlich zu verkünden.

Ein Sprichwort der Indianer sagt: „Urteile nie über jemanden, bevor du nicht in seinen Mokassins gegangen bist.“ Für unseren Leserbriefschreiber - und viele seiner Gesinnungsgenossen - könnte das heißen: Fragt euch einmal, warum die Kirche so und nicht anders argumentiert.

Überlegt zum Beispiel, ob nicht doch Treue und Enthaltsamkeit der wirksamere Schutz gegen Aids sind als das Kondom. Erklärt uns, warum Jesus, der sich sonst nie scheute, Tabus zu brechen, keine Frau ins Apostelkollegium berufen hat. Und sagt uns, was denn so falsch daran ist, sich für den Schutz des menschlichen Lebens in all seinen Phasen einzusetzen.


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