Der Strohhalm aus Gummi

18. August 2005 in Schweiz


Wenn die Medien die Jugendlichen nicht mehr verstehen, dann greifen sie in der Verzweiflung zu jedem journalistischen Strohhalm. Eine Kolumne von Martin Meier.


Köln (www.kath.net) Mit dem Weltjugendtag tun sich unsere liberalen und fortschrittlichen Medienschaffenden mehr als schwer. Da prophezeien sie seit Jahren den baldigen Untergang der Institution Kirche, die sie als verkrustet und völlig veraltet darstellen. Und nun das! Hunderttausende von meist jungen Menschen strömen nach Köln, so wie sie vorher nach Manila, Paris, Toronto oder Rom geströmt sind, um einem alten Mann zuzuhören, dessen Botschaft so alles andere als liberal und fortschrittlich ist. Was ist nur mit dieser Jugend los?

Kein Wunder, dass Verzweiflung pur die um ihren Lebensinhalt geprellten Medienleute packt. In dieser Verzweiflung greifen sie zu jedem Strohhalm, der sich ihnen bietet, um noch zu retten, was zu retten ist. Das Erzbistum Köln stehe wegen des Weltjugendtages vor dem finanziellen Kollaps, weiss etwa der Zürcher Tages-Anzeiger vom 16. August zu berichten.

Die Jugendlichen, die nach Köln fahren, tun das – wer könnte daran zweifeln? – selbstverständlich nur aus Neugier und Sensationslust, keineswegs aus religiösen Motiven – so der gleiche Tages-Anzeiger. Schliesslich wird eine ebenso obskure wie marginale Gruppe namens Catholics for Choice (Katholiken für eine „freie“ Wahl) ausfindig gemacht, die mit Parolen wie „Wir glauben an das Kondom“ nur zeigt, wie wenig sie von der Sache versteht. Diese „kritischen“ „Katholiken“ werden als die wahre Kirche ausgegeben.

Die Coop-Zeitung vom gleichen Tag interviewt den Gründer einer andern Vereinigung, die sich „Heidenspass“ nennt und für „religionsfreie Zonen“ kämpft. Bei solch tendenziöser Berichterstattung bleibt der faire Journalismus ebenso auf der Strecke wie der gesunde Menschenverstand. Doch, wie gesagt: In der Verzweiflung greift man nach jedem Strohhalm, notfalls auch nach einem aus Gummi.


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