Rom hat das so genannte 'Dritte Geheimnis' vollständig veröffentlicht

in Weltkirche


Falschmeldung: Ein selbst ernannter „Streiter Mariens“ steht hinter den Gerüchten um einen angeblichen Brief der Seherin Lucia an den Papst Von Marie Czernin/DIE TAGESPOST


Rom (DT)
Zweifel und Verunsicherungen war die Folge, als die Medien vor Wochen von einem „mysteriösen Brief“ berichteten, den Schwester Lucia, die Seherin von Fatima, im vergangenen Oktober an den Papst gerichtet haben soll (DT vom 27. Oktober). Darin habe sie den Papst gewarnt, dass sich sein Leben in Gefahr befinde. Außerdem stehe „eine große Naturkatastrophe und ei-ne große Bestrafung“ bevor. Auch habe Schwester Lucia den Papst in diesem Schreiben darum gebeten, den gesamten Text des dritten Geheimnisses zu veröffentlichen, da dies noch nicht geschehen sei.Diese Meldungen bezogen sich auf einen Artikel in der italienischen Tageszeitung „Il Tempo“ vom 25. Oktober aus der Feder des italienischen Journalisten David Murgia. Der Autor, der diese apokalyptisch anmutende Notiz in die Welt gesetzt hatte, glaubte damals, dass der Bischof von Fatima, Serafim Ferreira De Sousa, jenen mysteriösen Brief während der Bischofssynode persönlich dem Papst übergeben habe. Dieser distanzierte sich jedoch in einem Interview mit der italienischen Nachrichtenagentur ANSA vom selben Tag ausdrücklich von jener Behauptung, denn er sei seit Oktober des vergangenen Jahres nicht mehr in Rom gewesen und habe auch nicht an der Synode teilgenommen. Er präzisierte, dass er bei seinem letzten Besuch in Rom auch keinen Brief von Schwester Lucia an den Papst dabei gehabt habe, doch erinnerte er sich daran, dass der Vizepostulator des Seligsprechungsprozesses der beiden Hirtenkinder Hiacinta und Francisco, Luigi Kondor, im vergangenen Jahr dem Papst einen Brief von Schwester Lucia überbracht habe: „Aber das war einer jener Briefe, die Schwester Lucia an den Papst zu schreiben pflegt, um ihn Ihrer Gebete zu versichern und ihre Glückwünsche zu überbringen“, erklärte der Bischof von Fatima.

Die Nachrichtenagentur ANSA verwies in jener Meldung auch auf den kanadischen Priester Nicholas Gruner, den der Vatikan wegen Ungehorsams schon vor einigen Jahren „a divinis“ suspendiert hatte. Gruner ist Herausgeber einer Monatszeitschrift, „Der Kreuzfahrer Fatimas“, in der er sich zum „Streiter Mariens“ auserkoren hat. Er vertritt die Überzeugung, dass die Weihe der Welt an das Unbefleckte Herz Mariens, die Papst Johannes Paul II. im Jahre 1984 auf dem Petersplatz gebetet hatte, vom Himmel nicht akzeptiert worden sei, da der Papst im Weihegebet nicht ausdrücklich das Wort „Russland“ verwendet habe, wie dies die Muttergottes in Fatima gewünscht hatte. Gruner ist auch überzeugt, dass der Vatikan im vergangenen Jahr nur einen Teil des dritten Geheimnisses veröffentlicht hat. Denn seiner Meinung nach gebe es noch einen weiteren Teil des Geheimnisses, in dem die Muttergottes von einer internen Krise gesprochen habe, von der die Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil erschüttert werde. Indiz dafür sei ein Satz, den die Seherin in ihrer „vierten Erinne-rung“ im Jahre 1941 an die ersten zwei Teile des Geheimnisses hinzugefügt hatte: „In Portugal wird man stets das Dogma des Glaubens bewahren...“. Daraus folgerte Gruner, dass es sich beim dritten Teil des Geheimnisses in erster Linie um einen Abfall der übrigen Kirche vom orthodoxen Glauben handle und sich der Vatikan deshalb weigern würde, den Inhalt jenes Geheimnisses preiszugeben.

In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Zenit vom vergangenen 28. Oktober hat dann der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Joseph Ratzinger, erklärt, jene Gerüchte, das dritte Geheimnis sei nicht vollständig veröffentlicht worden, seien nichts anderes als die Fortsetzung „einer alten Polemik, die von Personen von zweifelhafter Glaubhaftigkeit gefördert wird“, die zum Ziel habe, „das innere Gleichgewicht in der römischen Kurie zu destabilisieren und das Gottesvolk zu beunruhigen“.

Dass der Präfekt der Glaubenskongregation damit eine Anspielung auf den suspendierten Priester Nicholas Gruner machen wollte, scheint offensichtlich zu sein.Der slowakische Bischof Pavel Hnilica, der sein Leben ganz in den Dienst der Verbreitung der Fatimabotschaft gestellt hat, bezweifelt hingegen nicht die Gültigkeit der Weihe, die der Papst im Einklang mit den Bischöfen am 25. März 1984 auf dem Petersplatz vollzogen hatte. Schwester Lucia habe danach in einem Gespräch zu ihm gesagt: „Der Papst hat alles getan, was in seiner Macht war, und der Himmel ist damit zufrieden“. Doch habe sie Hnilica gefragt, wie viele Bischöfe denn tatsächlich die Weihe vollzogen hätten. Daher habe der Papst jene Weihe im Heiligen Jahr noch einmal erneuert, als er am 8. Oktober in Anwesenheit eines Drittels des Weltepiskopats das dritte Jahrtausend dem Herzen Mariens anvertraute. Bischof Hnilica bezweifelt nicht, dass die Glaubenskongregation den vollständigen Text des „dritten Ge-heimnisses“ veröffentlicht hat.


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