'Er lullt dich nicht ein mit psychotechnischen Übungen'

9. April 2007 in Spirituelles


Bischof Gerhard Ludwig Müller kritisiert in Osterpredigt den "blühenden Unsinn" wie wie "Sakrileg", Da Vinci Codes, Storys von aufgefundenen leeren Knochenbehältern mit DNA-Analysen - Alles Elaborate wie die "Kriminalgeschichten des Christentums"


Regensburg (kath.net)
Kath.net dokumentiert die Oster-Predigt von Bischof Gerhard Ludwig Müller im Wortlaut:

1. Korinth war in Antike eine Stadt der Multi-Kulti-Szene: ein späthellenistisches Gemische aus allen möglichen Religionen und einer Unzahl von je-meinigen Wahrheiten. Man war allen religiösen Modeströmungen gegenüber tolerant – und wie das so ist: ein wenig betroffen und empört – wenn es einer zu eindeutig meinte. Denn Wahrheit, die von Gott her kommt, fordert einem zuviel ab. Und der Zeuge von Gottes Wahrheit über Welt und Mensch wird als Spielverderber mit Platzverweis bestraft.

2. Aber auch in einer solchen Umgebung konnte die apostolische Predigt Fuß fassen. Es entstand eine christliche Gemeinde, in der jedoch heftig gestritten wurde um die rechte Auslegung unseres Glaubensbekenntnisses, auf dessen Boden wir bis heute stehen.

Man war Christ; aber der eine berief sich auf die Version des Apollos, der andere auf Petrus oder auf Paulus oder sonst einem der Apostel, gerade so wie es einem persönlich zusagte und passend erschien. Vor allem war die Botschaft von der Erlösung durch den Kreuzestod mit den hergebrachten Denkweisen ebenso wenig vereinbar wie die Auferstehung Christi und in der Folge davon die Auferstehung des Fleisches. Allenfalls eine symbolische oder übertragene Interpretation schien vernünftig zu sein und vor den Gesetzen der Natur mit ihrer Erfahrung der Verweslichkeit allen Fleisches einem aufgeklärten Menschen von damals und heute zumutbar.

3. Von Ephesus aus schreibt Paulus um das Jahr 55 n.Chr. – also zwanzig Jahre nach dem Entstehen der Ur-Kirche in Jerusalem – der Kirche Gottes zu Korinth seinen ersten Brief. Vor allen neugierigen und gelehrten Spekulation, wie denn die Auferweckung der Toten überhaupt möglich sei und an welche Gestalt des Auferstehungsleibes wir zu denken hätten, geht der Apostel auf das Urbekenntnis der Apostel zurück. Die Auferweckung Jesu ist eine unverrückbare Tatsache, keine frommausgedachte erbauliche Fabel und Legende. Er beruft sich auf die Jünger, die Jesus schon während seiner öffentlichen Wirksamkeit begleitet hatten. Es sind die Zeugen seines Leidens und seiner Auferstehung, die zu jenem Zeitpunkt den Missionsbefehl Jesu ausführten.

4. Im berühmten 15. Kapitel des 1. Korintherbriefes zitiert Paulus das Ur-Credo der Kirche: „Denn vor allem habe ich euch überliefert, was auch ich empfangen habe: Christus ist für unsere Sünden gestorben, gemäß der Schrift, und ist begraben worden. Er ist am dritten Tag auferweckt worden, gemäß der Schrift und erschien dem Kephas/Petrus, dann den Zwölf.“ (1 Kor 15,3-5).

So erinnert Paulus die Christus-Gläubigen von Korinth an das Evangelium, das er ihnen in apostolischer Vollmacht verkündet hat. Das ist der Grund, auf dem sie damals und wir heute stehen. Und wenn wir am Wortlaut dieses Evangeliums festhalten, statt uns in rationalistischen oder esoterischen Spekulationen zu verlieren, dann werden wir gerettet werden ( vgl. 1 Kor 15, 1f).

5. Sind wir Christen von heute auch in der Gefahr, uns das Fundament des Christus-Glaubens unter den Füßen wegziehen zu lassen, weil man uns als Fundmentalisten verschreien und die rote Karte der political correctness zeigen könnte? Überhören wir im Gewirr der vielen Angebote die eine Stimme der Wahrheit? Lassen wir uns – so wie einst bei Jakob und Esau – das Erstgeburtsrecht der Kinder Gottes abkaufen für das Linsengemüse, das uns Wellnessberater, Psychoheiler und Szene-Philosophen teuer verkaufen wollen. Wer sich aber für das Christentum interessiert, der muss zuerst wissen, dass er als Mensch in seinem ganzen Sein, in Geist, Seele und Leib unendlich mehr wert ist, als was ihm alle von Menschen ersonnene Freizeitszenarien und Sinnproduzenten anbieten können.

6. Im 1. Petrusbrief rüttelt uns der Apostel wach: „Ihr wisst, dass ihr aus eurer sinnlosen bisherigen Lebensweise nicht um einen vergänglichen Preis, z.B. Silber und Gold, losgekauft worden seid, sondern mit dem kostbaren Blut Christi... Durch IHN seid ihr zum Glauben an Gott gekommen, der ihn von den Toten auferweckt hat und ihm die Herrlichkeit gegeben hat, so dass ihr an Gott glauben und auf ihn hoffen könnt. Der Wahrheit gehorsam, habt ihr euer Herz rein gemacht für eine aufrichtige Bruderliebe... Ihr seid neu geboren nicht aus einem vergänglichen Samen, so wie Gras und Blumen, die heute blühen und morgen verwelken. Ihr seid vielmehr geboren aus einem unvergänglichem Samen, nämlich aus Gottes Wort, das lebt und bleibt und mit dem auch ihr bleibt über den Tod hinaus hinein in Gottes Ewigkeit.“ (Vgl. 1Petr.1,18-25).

7. Was mir immer unerklärlich blieben wird – und ich habe oft über die Alternative Glauben und Unglauben nachgedacht –, ist die Tatsache, dass Menschen, die aufgewachsen sind im Christentum, sich gelangweilt, überdrüssig oder aggressiv abwenden von Christus und Seiner Kirche oder die sich den Glauben als überholt und mittelalterlich ausreden oder als Hindernis der freien Entfaltung der Persönlichkeit aufschwatzen lassen. Oft sind es hanebüchene sog. Sachbücher und Aufklärungsfilme, die das Christentum als Betrug der Kirche oder als Täuschung durch alte Mythologien und Wunschträume zum Hundertstausendstenmal seit dem 18. Jahrhundert entlarven wollen.

8. Da werden alte gnostische Fabeln dem staunenden Publikum aufgetischt. Auch nicht von besserer wissenschaftlicher Qualität sind Bücher und Filme wie „Sakrileg“ mit da Vinci Codes, Judas- und andere „Evangeliums“-Storys von aufgefundenen leeren Knochenbehältern mit DNA-Analysen aus dem Familiengrab Jesu, alles Elaborate wie die „Kriminalgeschichten des Christentums“ nach dem Vorbild von Rosenbergs „Mythus des 20. Jahrhunderts“ oder jeder beliebigen antikirchlichen Kampfschrift Lenins und der Gottlosenbewegung der 30iger Jahre in der Sowjetunion. Wo ist denn die schöne neue Welt ohne Gott geblieben, die uns der dialektische und liberalistische Materialismus versprochen haben? Alle diese Tendenzliteratur immunisiert sich gegen die Entlarvung ihrer nicht ernst zunehmenden Hypothesen durch die freche Gegenbehauptung, die Kirche halte diese angeblichen Beweise gegen die Glaubwürdigkeit ihrer Botschaft unter Verschluss und zwar in geheimnisumwitterten Geheimgängen des Vatikans.

9. Mir tun von ganzem Herzen jene Menschen leid, die ihr Geld und ihre Zeit an diesen blühenden Unsinn hängen, und in esoterischen Lehren Heilung durch Selbsterfahrung suchen. Was habe ich denn davon, wenn ich weiß, wie ich wirklich bin, was ich fühle und was mir gut tut? Ich möchte ja in Erfahrung bringen, was ich hoffen darf. „Meister, was muss ich tun um das ewige Leben zu erlangen?“ ( Lk 18,18) fragt ein aufgeschlossener Mann bei Jesus nach. Das um sich selbst kreisende Ich langweilt zu Tode, die Gemeinschaft mit anderen und Gott macht lebensfroh. Wer bei dir bleibt auch in deinem Alleinsein, in deiner Not und deinem Sterben, der ist dein wahrer Freund. Jesus nimmt dir nichts, er schenkt dir alles. Kennst du einen anderen, der ihm gleicht und der danach handelt: „Eine größere Liebe hat niemand, als der, der sein Leben hingibt für seine Freunde.“ (Joh 15, 13).

10. Der Beweis liegt klar zutage. Er macht nicht Worte und lullt dich nicht ein mit psychotechnischen Übungen, die Leid und Sterben vorübergehend betäuben. Jesus geht ganz auf dich ein. Er nimmt dich an der Hand und steht dir bei in deinem Leben und Sterben. Er gibt dir Hoffnung, dass all dein Hoffen und Sehnen nicht vergebens war. Die Summe deines Lebens ist nicht Frustration sondern Perfektion. Am Ende bleibt nicht alles vergeblich, sondern du findest deine Vollendung in Gott in der Gemeinschaft aller seiner Heiligen und aller, die du geliebt hast und die dich geliebt haben. Das kündet die Osterbotschaft. Ja, der Herr ist auferstanden.

Er ist wahrhaft auferstanden. Amen. Halleluja.

Foto: © kath.net


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