9. Juli 2007 in Aktuelles
PRESSESPIEGEL zu SUMMORUM PONTIFICUM - "Zwei Usus, ein Ritus", "Lateinische Liturgie erlebt ein Comeback", "Annäherung an die Orthodoxie", "Deutsche Bischöfe an Benedikts Seite", "Die Rückkehr des Heiligen"...
Vatikan (www.kath.net)
Das Motu Proprio "Summorum Pontificum" und das Begleitschreiben von Papst Benedikt an die Bischöfe der Kirche hat international für zahlreiche Presseberichte gesorgt. KATH.NET dokumentiert Auszüge aus einigen deutschsprachigen Zeitungen in einem eigenen Pressespiegel:
Frankfurter Neue Presse: Die Rückkehr des Heiligen
Kommentar von Michael Kluger
Dennoch ist das päpstliche Dekret keineswegs ein Rückschritt in die Zeit vor den Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils, wie die ersten Kritiker sogleich befürchten. Der Pontifex erstattet der katholischen Kirche einen kostbaren, jahrhundertealten Teil ihres Traditionsbestands zurück, der nahezu verschüttet war. Die klassische und die neue Form der Messfeier stehen nun nebeneinander. Das ist kein Schaden. ..
Denn die Reformer des Zweiten Vatikanums ahnten nicht, welche Folgen ihre Beschlüsse zeitigen würden. Die Absicht, einem modernen Zeitgeist entgegenzukommen, hat schließlich dazu geführt, dass die Kirche sich immer mehr verweltlicht hat.
Wer heute einen katholischen Gottesdienst besucht, wähnt sich mitunter in einer Art therapeutischer Selbsthilfegruppe oder einem pädagogischen Laienseminar: Man singt harmlose Liedchen, fasst sich lieb an den Händen oder sinniert über Kinderbilder mit biblischen Motiven. Das Erhabene des Mysteriums ist vielfach dem Profanen der Selbstfeier der Gemeinde gewichen. Weil jeder Priester die Messe beinah nach Gutdünken gestalten kann, ist der Ritus weitgehend ausgehöhlt.
Mit seiner Entscheidung kommt Benedikt jenen entgegen, die im heutigen Gottesdienst das Sakrale und Spirituelle vermissen, denen die Opferfeier nichts Alltägliches ist, sondern ein außerordentlicher Moment, der sie aus der gewöhnlichen Zeit der Geschäftigkeit und des Naheliegenden heraushebt. Jenen, denen ein metaphysischer Sinn noch nicht abhanden gekommen ist Benedikts Dekret ist in Wahrheit kein Rückschritt, sondern die Rückkehr des Heiligen.
Frankfurter Rundschau: Tridentinische Messe: Zwei Usus, ein Ritus
Mit dem Sendschreiben "Summorum pontificium", benannt nach den beiden ersten Worten des Textes, mit denen sich Benedikt in die Reihe der Päpste stellt, einem Schreiben "motu proprio", das heißt aus seinem eigenem Antrieb, ist die Entscheidung von damals nicht rückgängig gemacht worden, aber sie wurde relativiert. Verboten war die Tridentinische Messe nie, trotzdem war sie sozusagen verfemt und fand praktisch kaum mehr statt. Das soll sich nun ändern.
Die Diskriminierungen des klassischen Rituals sollen nach dem Willen des Papstes verschwinden. Damit ist das Lateinische als Kirchensprache rehabilitiert, es darf, wo Gläubige das wollen, die Messe in Latein abgehalten werden, ohne dass es einer besonderen Erlaubnis bedarf.
Wo es für eine konstante Gruppe von Gläubigen dabei Schwierigkeiten gibt, können sie sich an die kirchliche Kommission "Ecclesia Dei" wenden Das Christentum ist mit seiner Regelung schon immer näher an der Welt gewesen, auch das Lateinische war einmal, im Gegensatz zum vorgängigen Griechischen (und sowieso zum Aramäischen) die Volkssprache. "Vulgata" heißt danach die lateinische Bibel. Die christliche Kirche drängte es stärker als andere Religionen danach, vom Volk verstanden zu werden. Darin aber liegt eine Gefahr der Verwässerung und Unschärfe. Darauf hat der Papst nun reagiert. Jede Liberalisierung hat ihre Schattenseite, Volksnähe bedeutet nicht nur Lebendigkeit sondern auch einen Verlust der glaubenden Selbstgewissheit, der Sakralität .
Dabei hat das Lateinische als Kirchensprache die längste Tradition. Mit keiner anderen Sprache ist die katholische Kirche mehr verknüpft. Diese Sprache vollkommen aufzugeben, wonach es in den letzten Jahren aussah, wäre aus Sicht des Papstes einer mutwilligen Selbstzerstörung gleichgekommen. Im übrigen wird die Regelung dem bedrohten Latein insgesamt neuen Aufschwung geben. Lateinschüler finden jetzt mindestens einen Ort auf der Welt, wo diese Sprache als lebende Sprache gesprochen wird.
Züricher Oberland: Vatikan Papst führt Latein-Messe wieder ein. Lateinische Liturgie erlebt ein Comeback
Papst Benedikt XVI. hat die traditionelle Messe in lateinischer Sprache weltweit wieder freigegeben. Ab September wird sie eingeführt. Vier Jahrzehnte lang war die lateinische Liturgie weitgehend ausgemustert: Nun wird sie zu neuem Leben erweckt. Im Einvernehmen mit ihrer Gemeinde können Priester wieder verstärkt die Messe in der althergebrachten tridentinischen Liturgie lesen - Taufen und Eheschliessungen eingeschlossen. Bislang war dies nur nach bischöflicher Erlaubnis möglich.
Zwar soll die Messfeier in der Landessprache die Regel bleiben, doch wird die lateinische Liturgie nun als ausserordentliche Form vom Papst selbst rehabilitiert
St. Galler Tagblatt: Papst stärkt lateinische Messen.
Papst Benedikt XVI. hat Messen in lateinischer Sprache und im vorkonzili-ären Ritus wieder fürgenerell zulässig erklärt. Die ultrakonservative Lefebvre-Bruderschaft zeigt sich erfreut.
In seiner ersten grossen Reform gut zwei Jahre nach seiner Wahl dreht der deutsche Pontifex das Rad der Zeit zurück: Der alte, lateinische Messeritus, der auf die Zeit der Gegenreformation zurückgeht, wird in der Katholischen Kirche wieder offiziell zugelassen. Im alten Ritus wendet der Priester der Gemeinde den Rücken zu; erlaubt ist nur gregorianische Musik; Laien dürfen keine biblischen Texte lesen. Bisher war die alte Liturgie nur in Ausnahmefällen mit Erlaubnis des zuständigen Bischofs erlaubt.
Wiesbadener Kurier: "Pater noster, qui es in caelis"
Der Papst mag es auf Latein/Tridentische Messordung wird wieder eingeführt/Entscheidung mit hohem Symbolwert
Niemals zuvor war eine Entscheidung von Papst Benedikt XVI. mit solcher Spannung erwartet worden. Seit Monaten kursierten in Rom Gerüchte über die faktische Wiederzulassung der lateinischen Messe. Viele Theologen mochten zunächst nicht glauben, dass sich Benedikt XVI., gerade mal zwei Jahre im Amt, an ein solches Reizthema heranwagen würde.
Mit seinem Votum für die Wiedereinführung der 450 Jahre alten "tridentinischen" Messordnung - beschlossen auf dem Konzil von Trient im 16. Jahrhundert - schreibt der Deutsche auf dem Petrusstuhl Kirchengeschichte. "Die erste große Reform im Pontifikat Joseph Ratzinger, wenn sie auch wie ein Kurswechsel in Richtung Vergangenheit erscheint", schrieb die Zeitung "La Repubblica" (Rom). Andere Kommentatoren sprechen gar von einer "Zeitenwende".
Manche Katholiken und Kirchgänger vor allem im südlichen Europa räumen ein, der alte Ritus mit dem guten alten Latein sei doch "viel feierlicher, viel erhabener" gewesen. "Hic est enim calix sanguinis mei" klinge einfach viel schöner als "Das ist der Kelch meines Blutes", wie der erste Satz der Wandlungsworte bei der Eucharistiefeier auf Deutsch heißt. "Pater noster, qui es in caelis" sei schlichtweg bewegender als "Vater unser, der Du bist im Himmel".
Doch "Papa Ratzinger" treibt auch noch anderes um: Seit Jahren macht der konservative Mann aus Bayern aus seinem Unmut über allzu viele Freiheiten meist jüngerer Priester bei der Messe keinen Hehl. Leisen Spott hat er übrig für solche Geistlichen, die die neue Messe als eine "Ermächtigung oder gar als Verpflichtung zur `Kreativität`" sehen; er spricht von "kaum erträglichen Entstellungen der Liturgie". Auch darum geht es dem Papst in seinem neusten Schreiben. Keine Entscheidung Benedikts hatte bisher so hohen Symbolcharakter.
Berliner Zeitung: Kommentar: Papst Benedikt macht einen Schritt zurück
Es geht aber um mehr. Die lateinische Messe ist ja ein großes Symbol der Gegenreformation: Mit ihr schuf die römische Kirche vor 450 Jahren eine Form, die den Protestanten nördlich der Alpen Paroli bieten sollte. Dagegen hat das II. Vatikanische Konzil Mitte der 60er-Jahre die Bedürfnisse der Gemeinden zum Maßstab einer neuen Messform gemacht, die fortan die Feier des Gottesdienstes mit den Gläubigen und in ihrer Sprache ermöglichte.
Es ist gut möglich, dass der lateinische Ritus mit seiner feierlichen, der Alltäglichkeit enthobenen Sprache einem Interesse am Heiligen, am Mysterium, auch am Schönen mehr entgegenkommt als die neue volkssprachliche Form. Man kann dieses Interesse als Ausdruck unserer Gegenwart verstehen.
APA Kommentar von Petra Mihály: Papst gibt alte katholische Messe frei
Lange war es erwartet worden, von den Einen mit Zittern, von den Anderen mit freudiger Erwartung. Jetzt ist es so weit: am Samstag wird in Rom das päpstliche Dokument (Motu proprio) mit dem Titel "Summorum Pontificum" vorgestellt, in dem Papst Benedikt XVI. den alten römischen Mess-Ritus nach den liturgischen Büchern von 1962 wieder freigeben will
. Benedikt XVI. scheint mit der Liberalisierung der Alten Messe vielmehr zwei weit bedeutendere Ziele zu verfolgen - ein innerkirchliches und ein ökumenisches.
In seinem noch als Kardinal geschriebenen Buch "Der Geist der Liturgie" befürwortete Joseph Ratzinger zwar nicht die vollständige Rückkehr zur "Alten Messe", stellte jedoch die Bedeutung der Liturgie als etwas Mystisches und auf Gott Ausgerichtetes heraus. Dementsprechend sprach er sich auch klar gegen liturgische Missbräuche wie etwa von Priestern "selbstgedichtete" Messtexte aus. Mit der Liberalisierung der Alten Messe scheint es Benedikt XVI. nun darum zu gehen, den alten Ritus sozusagen als "Prüfstein" für eine würdige Feier des "Novus Ordo" in der Kirche zu etablieren.
Annäherung an die Orthodoxie Noch bedeutender scheint aber das ökumenische Ziel von Benedikt XVI. mit diesem Schritt zu sein. Die Annäherung zur orthodoxen Kirche - mit der langfristigen Möglichkeit einer Wiedervereinigung von Ost-und Westkirche - ist dem jetzigen Papst seit jeher ein besonderes Anliegen. Doch gerade in der Orthodoxie hat die Liturgie eine noch viel größere Bedeutung für Theologie und Glaubensleben als im Westen. Die in der orthodoxen Kirche heute verwendeten Liturgien sind seit Mitte des ersten Jahrtausends praktisch unverändert geblieben. Auch daher war und ist die plötzliche Einführung des völlig neuen Messritus von 1970 in der Westkirche den Orthodoxen ein Dorn im Auge.
Sie gilt vielen von ihnen als Beweis, dass die Westkirche die Liturgie nicht als etwas Heiliges, sondern als etwas Beliebiges betrachtet. Eine Liberalisierung des altehrwürdigen römischen Messritus könnte daher immerhin als Zeichen des guten Willens gegenüber den Orthodoxen gedeutet werden und die Bedeutung der Liturgie auch für die Westkirche wieder hervorheben.
Rheinischer Merkur: Deutsche Bischöfe an Benedikts Seite
Befürchtungen, die im Vorfeld laut wurden, dadurch werde die Autorität des Zweiten Vatikanums angetastet oder dies könne zu Unruhen und gar Spaltungen in den Gemeinden führen, teilen weder Kardinal Lehmann noch Papst Benedikt XVI. selbst, wie er in einem Brief an die Bischöfe betonte. Es gebe keinen Bruch und keinen Graben zwischen vor- und nachkonziliar, hob Lehmann hervor. Vielmehr möchte Papst Benedikt mit seiner liturgischen Initiative auch einen Beitrag zur Versöhnung in der Kirche leisten, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz bei der Pressekonferenz am Samstag in Freising.
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Kathpedia: Summorum Pontificum
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