Bischof Fürst: Import-Beschluss legt ethisches Schisma offen

in Deutschland


Forschung an embryonalen Stammzellen grundsätzlich der falsche Weg


Rottenburg (kath.net/drs)
Bischof Gebhard Fürst hat sich über die Entscheidung desDeutschen Bundestages zur Zulassung des Imports menschlicher embryonalerStammzellen enttäuscht gezeigt. Der Antrag der Import-Befürworter habe zwareine Mehrheit gefunden, für eine so weitreichende Entscheidung bedürfe esaber einer breiteren Zustimmung, um wirkliche tragfähig zu sein, sagte derBischof letzte Woche in Rottenburg.

Die Mehrheitsverhältnisse in der Abstimmung "legen im Hinblick auf denUmgang mit dem menschlichen Leben ein ethisches Schisma in unsererGesellschaft offen und zeigen, dass der ethische Grundkonsens in dieserFrage nicht mehr besteht", sagte Fürst. Ein klares Nein gegen den Import,wofür immerhin 45 Prozent der Abgeordneten votierten, hätte dem Lebensrechtder Embryonen wirklich Rechnung getragen. Der Kompromiss, mit importiertenmenschlichen embryonalen Stammzelllinien zu forschen, während dieHerstellung solcher Linien verboten bleibe, sei in sich widersprüchlich undinkonsequent. Dadurch werde auf lange Sicht auch das Embryonenschutzgesetzausgehöhlt.

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) legte der Bischof nahe, aufgrundder Mehrheitsverhältnisse keine Empfehlung zum Import embryonalerStammzellen auszusprechen. Die DFG hatte im Vorfeld derBundestags-Entscheidung einen "breiten Konsens" der Gesellschaft alsVoraussetzung für den Import genannt. Zugleich gab Fürst seiner BefürchtungAusdruck, dass mit dem Beschluss des Bundestages ein Weg beschritten werde,dessen nächste Etappe die verbrauchende Embryonenforschung sein werde.

Der Bischof dankte den Abgeordneten, die sich für einen uneingeschränktenSchutz des menschlichen Lebens von Anfang an eingesetzt haben. Die politischVerantwortlichen forderte er auf, dem Lebensschutz Priorität zu geben undsolche Forschungen zu fördern, die ethisch unbedenklich sind. Diekatholische Kirche werde auf die weitere Entwicklung sehr genau achten, diemit der Entscheidung verbundenen und zugesagten Regelungen einfordern unddie Gefährdungen weiter deutlich zur Sprache bringen.

Grundsätzlich der falsche Weg

Vor der Bundestagsdebatte hatte sich Bischof Fürst, der auch Mitglied desNationalen Ethikrats ist, wiederholt gegen den Import von embryonalenStammzellen ausgesprochen. In einem Interview mit der Wochenzeitung"Rheinischer Merkur" hatte er erklärt, dass die Forschung mit embryonalenStammzellen "grundsätzlich der falsche Weg" sei, weil sie die Tötung vonEmbryonen voraussetze. Es sei eine schreckliche Vorstellung, wenn dieHerstellung von Medikamenten zu einer "Industrialisierung von Embryonen"führe. Heilungschancen müssten auf anderen Wegen gefunden werden.

In einem Streitgespräch mit dem früheren CDU-Generalsekretär Peter Hintze imNachrichtenmagazin "Focus" hatte Fürst auf das moralische Grundprinzipverwiesen, wonach die Pflicht, nicht zu schaden, über dem Recht auf Heilungstehe. Es entspreche eher der Menschenwürde, Embryonen absterben zu lassen,als sie zur Verwertung in der Forschung "aktiv zu töten". Eine Abstufung beider Würde des Menschen in seinen frühen Lebensphasen "liefert denLebensschutz unterschiedlichsten Interessen aus".

In einem Pro-und-Contra mit FDP-Landeschef Walter Döring in den "StuttgarterNachrichten" hatte der Bischof die von der Forschung mit embryonalenStammzellen geweckten Heilungschancen kritisch hinterfragt und ihreUnumgänglichkeit bezweifelt. Für die zunächst anstehende Grundlagenforschungwürden tierische Stammzellen genügen. Für den therapeutischen Einsatz seienadulte Stammzellen, mit denen seit Jahrzehnten erfolgreich Krankheitenbehandelt werden, den embryonalen Stammzellen "weit überlegen", erklärteFürst unter Berufung auf Ernst Ulrich von Weizsäcker, der im Bundestag zurGruppe der Import-Gegner gehörte.

Als "völlig unrealistisch" bewertete der Bischof, dass sich die Forschung,wie vom Bundestag beschlossen, auf die bereits vorhandenen Stammzell-Linienbeschränken lasse. Bereits jetzt würden diese Linien von Wissenschaftlernals nach Quantität und Qualität unzureichend betrachtet. Das ethischeGrundproblem beginne bereits mit der von der katholischen Kirche abgelehntenIn-vitro-Fertilisation, die menschliches Leben verfügbar mache. "Wirbrauchen wieder ein Bewusstsein von der Unverfügbarkeit, Heiligkeit undWürde des menschlichen Lebens von Anfang an", so Fürst. Ansonsten gerate dieGesellschaft auf die "abschüssige Ebene" einer Relativierung des unbedingtenLebensschutzes, "die zur Industrialisierung und Kommerzialisierungmenschlicher Lebewesen führt.


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