2. August 2007 in Weltkirche
Der Brief von Papst Benedikt an die chinesischen Katholiken könnte sich positiv auswirken, sagte Kardinal Joseph Zen Ze-Kiun im Interview mit der "Tagespost".
Würzburg (www.kath.net) Über die Situation der Katholiken in China nach dem Brief des Papstes sprach der Erzbischof von Hongkong, Joseph Kardinal Zen Ze-Kiun, im Interview mit der Tagespost. Der Brief Benedikts scheine sehr gut angekommen zu sein, sagte der Kardinal.
Chinas Katholiken sind glücklich darüber, sowohl in der Untergrundkirche als auch in der offiziellen Kirche. Das bedeutet allerdings nicht, dass es einfach für sie wäre, nun alle Konsequenzen zu ziehen und dem Brief entsprechend zu handeln. Am meisten habe die milde Reaktion der Regierung überrascht.
Kardinal Zen: Das ist ein ermutigendes Zeichen. Vielleicht hat es der Papst wirklich fertig gebracht, ihnen zu verstehen zu geben, dass das, was er sagt, nichts Persönliches ist, sondern einfach die Lehre der Kirche, von Jesus Christus und den Aposteln bis zum heutigen Tag. Diese Lehre wird von der ganzen Kirche angenommen und weltweit wird das anerkannt. Vielleicht ist dies ein Neuanfang für die Kirche in China.
Der Brief des Papstes sei sehr, sehr wichtig für den Klerus in China, unterstrich der Oberhirte von Hongkong. Die Bischöfe können sich nie zu Gesprächen treffen, ohne von der Regierung kontrolliert zu werden. Die sogenannte Bischofskonferenz trifft sich nur, wenn die Regierung sie zu einem Treffen einberuft, das von ihr der Regierung geleitet wird.
Mit dem Brief gebe es einen neuen Ausgangspunkt. Der Klerus und vor allem die Bischöfe können auf der Grundlage dieses Briefes versuchen, mit Chinas Führung zu verhandeln. Er hoffe, dass die Patriotische Vereinigung abgeschafft werde. Inzwischen ist klar, dass diese Institution nicht länger tragbar ist, erklärte Kardinal Zen.
Der Heilige Vater macht das auch in seinem Brief deutlich. Vor allem nach der illegitimen Bischofsweihe im letzten Jahr ist es wirklich undenkbar, eine Einrichtung, die so schlimme Dinge vorantreibt, noch weiter zu tolerieren. Sie arbeitet nicht für das Wohl der Kirche in unserem Land.
Die Vereinigung kontrolliere die Kirche und auch die Finanzen der Kirche, berichtete er. Die Regierung lässt zu, dass viel Geld ausgegeben wird, um Aktivitäten wie die illegitime Bischofsweihe im letzten Jahr zu unterstützen. Die Patriotische Vereinigung hat den Bischöfen, die an der Weihe teilnahmen, viel Geld gezahlt.
Die Patriotische Vereinigung will nicht nur Kontrolle über die Kirche ausüben, sondern sie geht auch so weit, unsere Bischöfe zu demütigen, unterstrich der Kardinal. Um die Teilnahme an illegitimen Weihen zu erzwingen, hat sie hässliche Methoden angewandt: Betrug, Drohungen und sogar Entführung.
Neunzig Prozent der Bischöfe der offiziellen Kirche die illegitim geweiht wurden, haben sich später mit Rom versöhnt. Kardinal Zen plädierte im Tagespost-Interview dafür, dass sich die Bischöfe offen dazu bekennen. Anfangs war es verständlich und großzügig vom Heiligen Stuhl, den Bischöfen nicht abzuverlangen, ihre Legitimierung publik zu machen, denn zunächst gab es nur wenige solche Bischöfe, erklärte er.
Ein öffentliches Bekenntnis hätte die Gefahr mit sich gebracht, ins Gefängnis gesteckt zu werden. Aber jetzt, da bekannt ist, dass fast alle Bischöfe schon versöhnt sind, scheint mir, dass sie die Treue zu Rom ohne Furcht offen zugeben könnten. Die Regierung würde sicher nicht alle absetzen.
Zur Möglichkeit, dass die chinesische Regierung einen Kandidaten aus derUntergrundkirche als Bischof der offiziellen Kirche zulässt, meinte Kardinal Zen: Ich halte das nicht für unmöglich. Ein Untergrundpriester müsste bereit sein, den Untergrund zu verlassen und offen zu agieren. Das ist in Ordnung, solange ihn die Regierung anerkennt, ohne ihn dazu zu zwingen, der Patriotischen Vereinigung beizutreten, oder zu erklären, dass er eine (von Rom) unabhängige Kirche leiten werde, oder mit einem illegitimen Bischof zu konzelebrieren. Und das halte ich für sehr schwierig. Es ist nicht unmöglich, aber sehr schwierig.
Das Land habe zwei Systeme, erklärte der Kardinal. Wir (in Hongkong) stehen nicht unter der Kontrolle der Patriotischen Vereinigung oder des Religionsbüros. Wir können offen reden. In China ist das nicht möglich, denn die Regierung kann die Wahrheit nicht akzeptieren. Doch jetzt, wo jeder den Brief des Papstes kennt, glaube ich, dass selbst in China die Bischöfe in der Lage sein werden der Regierung zu sagen, was im Brief des Heiligen Vaters steht.
Auf die Frage, ob er eine Bedrohung für die chinesische Regierung darstelle, etwa wie Papst Johannes Paul II. für das kommunistische Regime Polens, meinte der Oberhirte von Hongkong: Ich fühle mich sehr geehrt, aber das ist absurd, denn die Situationen sind ganz unterschiedlich: Polen ist eine katholische Nation und in China sind wir eine kleine Minderheit. Und ich bin kein Papst!
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