Ein Leben in Liebe zu Rom

13. August 2007 in Weltkirche


Letzte Woche wurde die Kirchengeschichtlerin Prof. Eva-Maria Jung-Inglessis auf dem "Campo Santo Teutonico" im Vatikan beigesetzt – Von Michael Hesemann und Yuliya Tkachova


Vatikan (www.kath.net)
Sie war ein lebendes Stück Kirchengeschichte. Wer sie in ihrer mondänen Wohnung in der Via die Gracchi unweit des Vatikans besuchte, staunte bald über ihr persönlichstes „Heiligtum“, einen Briefumschlag mit der Handschrift Johannes XXIII. Der „Papa buono“, der „gütige Papst“ hatte es sich nur nehmen lassen, die Deutsch-Römerin persönlich zu trauen – eine Ehre, die sonst nur gekrönten Häuptern zuteil wurde -, er hatte für die Vatikan-Mitarbeiterin auch ein ganz menschliches Hochzeitsgeschenk vorbereitet: In dem Umschlag steckte das Geld für die Hochzeitsreise. Ihr Mann, ein gebürtiger Grieche, hatte dem Roncalli-Papst und damaligen Nuntius in Istanbul als Ministrant gedient, war ihm schließlich nach Rom gefolgt. So hieß der gemeinsame Sohn dann auch Marco, wie der Neffe des Papstes, Marco Roncalli, mit dem sie bis zu ihrem Tod freundschaftlich verbunden blieb.

Eva-Maria Jung-Inglessis, 1920 in Berlin geboren, entstammte einer alten preußisch-protestantischen Beamtenfamilie. Angewidert von den Nazis war sie mit 19 nach Rom gekommen, wo sie, begeistert vom Reichtum und der Tradition des katholischen Glaubens, konvertierte und ihr Studium der Kunst- und Kirchengeschichte begann. Um ihren Lebensunterhalt zu verdienen arbeitete sie im Archiv der Bauhütte des Petersdomes, das hoch oben in den Zwischenräumen der mächtigen Kuppel des Michelangelo untergebracht ist. Der damalige Leiter der „Fabbrica“, der ehemalige Zentrums-Politiker und Prälat Dr. Ludwig Kaas, ein persönlicher Freund von Papst Pius XII., wurde ihr Mentor. Nach dem Besuch der Päpstlichen Archivschule und ihrer Promotion in Kirchengeschichte ging sie zunächst in die USA, um an der Georgetown University in Washington D.C. zu lehren. Erst die Begegnung mit ihrem zukünftigen Mann veranlasste sie, für immer in die Ewige Stadt zurückzukehren, die längst zur zweiten großen Liebe ihres Lebens geworden war. Viele Jahre war sie als Romführerin und für die Vatikanischen Museen tätig, faszinierte aber auch in unzähligen Vorträgen eine deutsche Zuhörerschaft mit den Geheimnissen und Schönheiten ihrer Wahlheimat.

Schließlich machte sie sich als Autorin mehrerer Rombücher und zahlreicher Artikel in der Vatikanzeitung „L’Osservatore Romano“ einen Namen. Sie verfasste den wohl besten Führer durch den Petersdom und drei liebevoll gestaltete Bildbände über „Römische Madonnen“, „Römische Christusbilder“ und „Engel in Rom“. Gemeinsam mit dem Historiker und Bestsellerautor Michael Hesemann erzählte sie in „Der erste Papst“ die Geschichte der Entdeckung des Petrusgrabes, deren Zeuge sie in den 1940er Jahren geworden war. Nach der Wahl Benedikts XVI. schließlich erschien ihr letztes großes Buch, „Die deutschen Päpste“, das auch Ausdruck ihrer Freude über „das so völlig Unerwartete“ war, das auch Ihrem Leben noch einmal eine so entscheidende Wende gegeben hatte, denn plötzlich blickte auch ihre Heimat wieder verstärkt nach Rom. Doch langsam spürte sie, dass sie nicht mehr die Kraft hatte, den vermehrten Anfragen nach Büchern, Vorträgen und Interviews nachzukommen.

Am 6. August 2007 verstarb Prof. Dr. Eva-Maria Jung-Inglessis in ihrer römischen Wohnung im Kreis ihrer Familie. Drei Tage später wurde sie auf dem Campo Santo Teutonico, dem deutschen Friedhof im Vatikan, beigesetzt. Er befindet sich auf dem Gebiet des neronischen Zirkus, eben dort, wo die ersten Märtyrer ihr Blut vergossen, nur einen Steinwurf entfernt vom Grab des Apostels Petrus. An jenem Ort also, an den es sie immer gezogen hatte, fand sie ihren Frieden.


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