in Österreich
Seit mehr als zehn Jahren gibt es eine Auseinandersetzung um bauliche Veränderungen in einer Wiener Pfarrkirche Sogar Kardinal Ratzinger nahm indirekt Stellung
Wien (www.kath.net)
Der Bau eines neuen Volksaltars sorgt seit rund zehn Jahren fürAuseinandersetzungen in der Wiener Pfarrei Ober St. Veit. Bereits 1991 sollte der Hochaltar der barockenPfarrkirche abgerissen werden. Damals sammelten besorgte Pfarrangehörige die beachtlicheZahl von 4200 Unterschriften gegen das Vorhaben. Der frühere Kardinal Groer verfügte, dasses keine baulichen Veränderungen in der Kirche geben dürfe. Nun wurde das jahrelangstillgelegte Projekt wieder aufgerollt, was die Gegner des Umbaus erneut zum Anlassnahmen, dagegen aufzutreten. Durch Flugblattaktionen, 10.000 Aufkleber und einer eigenenWebsite (www.initiative-altar.at) wird seit geraumer Zeit über das Vorhabeninformiert. Auch bei Kardinal Ratzinger ist man mittels eines Briefes vorstellig geworden. Der Präfekt derGlaubenskongregation konnte aufgrund seiner Unkenntnis der lokalen Situationschwer ein Urteil treffen, meinte aber in einem Antwortbrief an die "Initiative Altar" vom 30.Juni 2001, dass "in der ganzen Situation eine Frage angesprochen wird, die mir sehr am Herzenliegt, weil es ja um weit mehr als um ästhetische Fragen geht, nämlich um die der apostolischenTradition gemäße Gestalt der Eucharistiefeier" . Er gestand gleichzeitig ein, dass erangesichts der Kompetenzverteilungen eher wenig Möglichkeiten sehe, außer "durchöffentliche Wortmeldungen gegen die gewachsene Vorurteile ankämpfen und um ein neues Verstehenringen."
In dem Brief nahm Ratzinger auch zu der Frage der Zelebrationsrichtung undder neu gefassten Praenotanda der jüngsten Ausgabe des Missale Romanum Stellung. Wörtlichheißt es in dem Brief des Kardinals:
"So kam auch in die neu gefasste Praenotanda derjüngsten Ausgabe des Missale Romanum eine Weisung hinein, die die Zelebration versus populumzur ausnahmslos gültigen Norm zu erheben scheint. Nicht zuletzt auch dem Einsatz vonKardinal Schönborn ist es zu verdanken, dass die zuständige Kongregation dann ein klärendes Responsumveröffentlicht hat, das den Bischöfen Spielraum gibt und die Möglichkeit der Zelebrationversus orientem offen hält."
KATH.NET hat Stellungnahmen von beiden Gruppierungen eingeholt. In einemInterview äußerte sich Dr. Rupert Klötzl von der "Initiative-Altar":
KATH.NET: Was will die 'Initiative-Altar'?
Dr. Rupert Klötzl: "Die Initiative ist zunächst jenen 4200Unterschriftenleistern verpflichtet, die schon vor 10 Jahren den Umbau des Altarraumes der Pfarrkirche Ober St. Veitmit ihrer Unterschrift verhindert haben. Uns unterstützen Persönlichkeiten aus OberSt. Veiter Pfarrkreisen, welche zum Teil nicht namentlich genannt werden wollen. Wirhaben sogar Spenden von einer prominenten und personell starken pfarrlichen Organisationerhalten, die unser Anliegen mitträgt. Ferner haben sich ehemalige, langjährige Pfarrmitarbeiter mit uns solidarisiert, die teilweise längst anderswo ihre geistliche Heimat gefundenhaben. Auch Ober St. Veiter Historiker und ein namhafter kunstschaffender Buchautor finden dasProjekt abstoßend und viele persönliche Gespräche mit "gestandenen Ober St. Veitern" zeigen,dass es in weiten Kreisen keine Zustimmung findet. Ausdrücklich wird jedoch festgehalten, dasshier primär Sachargumente zählen und keine Mehrheiten. Auch nur wenigeInitiativemitglieder hätten die selbe Pflicht, dieses Projekt zu bekämpfen. Umgekehrt berechtigt auch eineMehrheit nicht dazu, die Kirche nach deren Belieben umzubauen."
KATH.NET: Wie weit würde die Initiative gehen, um den Umbau zu verhindern?
Dr. Rupert Klötzl: Die Frage nach dem "wieweit die Initiative geht" drängtuns in ein Eck militanter Aktionisten. Das weisen wir zurück. Die Initiative wird wiebisher objektiv die Ober St. Veiter informieren. Wir befinden uns dabei stets auf legalem unddemokratischem Boden. Wir werden weiter konsequent, jedoch gewaltfrei Widerstand leisten, unterAusschöpfung aller Rechtsmittel.
KATH.NET: Gab oder gibt es Gespräche mit den Verantwortlichen der ErzdiözeseWien?
Dr. Rupert Klötzl: Das Gespräch mit dem Herrn Kardinal undVerantwortlichen der Diözese wurde seitens der Initiative von Anfang an gesucht, wir wurden jedoch nieernst genommen. In der Pfarre wurde gezielt jede Veranstaltung oder Versammlung zum Thema inder Phase zwischen Bekanntwerden und Abschließen des Projekts unterlassen. Das Projektwurde einmal kurz präsentiert (24. Mai 2000), die dort geäußerten zahlreichen Bedenkender Anwesenden ignoriert. Man sprach immer nur von "Kirchenrenovierung", um den wahrenSachverhalt des Altarraumumbaus zu maskieren. Die nächste Versammlung war 20 Monate späteram 23.1.02. Dabei wurde den Pfarrangehörigen von Architekt und Diözesankonservatorin nurmehr lapidar mitgeteilt, "wie schön alles wird". Kritische Wortmeldungen durch diePfarröffentlichkeit wurden bis dorthin konsequent unterbunden.Die Diözesankonservatorin meinte neuerlich, dass "die Umbauten nach demKonzil gemacht werden müssen und zeitgemäßer Ausdruck sind". Dies ist ebenfalls in dieserAusschließlichkeit unrichtig. Bemerkenswert ist noch, dass bis dato immer noch keinschriftlicher Bescheid des Bundesdenkmalamtes vorliegt.
KATH.NET hat auch den Pfarrer von Ober St. Veit, Dr. Franz-Paul Fetzer, umeine Stellungnahme gebeten. Sie wird hier ungekürzt wiedergeben:
"Der Innenraum der Pfarrkirche von Ober St.Veit (Außenrenovierung 1987beendet) befindet sich in einem bedauerlichen Zustand und muss dringend renoviert werden. Zugleichsollte die Kirchenheizung auf ein weniger verschwenderisches System umgestellt werden.,auch befindet sich die gesamte elektrische Einrichtung in einem technisch längstüberholten Zustand und entspricht in der Tat nicht mehr den heutigen Sicherheitsvorschriften. Schondies wird nicht billig werden, die bei Weitem größten Kosten werden aber durch die dringendnotwendigen restauratorischen Arbeiten am Hauptaltar und den vier Seitenaltären(Altarbilder, Skulpturen, Stuckarbeiten, Kunstmarmor etc.), an der barocken Kanzel, am Kreuzweg und amKirchengestühl verursacht. Seit Abschluss des Konzils, also seit über 30 Jahren, wird in Ober St.Veit(von meinem Vorvorgänger eingeführt) die Heilige Messe an einem Volksaltar in Richtungauf das Volk zelebriert. Bei diesem Altar handelt es sich um ein Provisorium, einHolzgestell, dessen Hässlichkeit nur mühsam durchAltartücher verhüllt wird.
Wir - das sind außer mir, dem Pfarrgemeinderat und dem größten Teil unsererMessbesucher insbesonders auch unser Erzbischof - finden es unangemessen, die ganzeKirche auf Hochglanz zu bringen, den geistlichen Mittelpunkt der Kirche aber, den Ort, an dem dasHeilige Opfer stattfindet, in einem wenig würdigen Zustand zu belassen.Die Altarraumgestaltung wurde vom "großen Altarbeirat" der Diözese (in demdas Ordinariat, die Liturgieverantwortlichen der Erzdiözese und Kunstsachverständige vertretensind) beraten, modifiziert und genehmigt. Zur Gestaltung des Altares selbst wurde einkünstlerischer Wettbewerb ausgeschrieben, an dem fünf Künstler teilnahmen.
Die Jury (bestehend aus dem Leiter des erzbischöflichen Bauamtes, derDiözesankonservatorin, dem Liturgieverantwortlichen des Vikariates Wien, dem erzbischöflichenZeremoniär, mir und drei vom Pfarrgemeinderat gewählten Vertretern) hatsich für einen Entwurf entschieden und den entsprechenden Auftrag erteilt.Sämtliche Maßnahmen im Zuge der Kirchenrenovierung sind überdies in ständigem Kontaktmit dem Bundesdenkmalamt geplant worden. Die Kosten des Altares (künstlerischerEntwurf, Material, Ausführung und Aufstellung) werden exakt Euro 32.266,74 (incl.MWSt)betragen. Die Gesamtkosten der Renovierung können nun, da die meisten Aufträge (nachAusschreibung) bereits rechtsgültig vergeben sind, mit höchstens Euro 580.000,-- angegebenwerden. Dies ist wahrlich kein unbedeutender Betrag, wir sind aber zuversichtlich, ihnaufzubringen. Aus dem Vergleich der Größenordnungen ist erkennbar, dass der Zelebrationsaltar kaumdie Ursache der finanziellen Herausforderung genannt werden kann."
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