'Nichts mehr, über das wir reden könnten'

in Weltkirche


Nach der Errichtung katholischer Diözesen in Russland: Das orthodoxe Patriarchat in Moskau bricht alle Beziehungen zu Rom ab Von Marie Czernin/DIE TAGESPOST


Rom (DT)
Aufruhr herrscht im Moskauer Patriarchat der Orthodoxen. Nach der Ankündigung Roms, die katholischen Administraturen in Russland in ordentliche Diözesen umzuwandeln, will die russisch-orthodoxe Kirche alle Kontakte zum Vatikan abbrechen. „Neben unseren verbalen Protesten werden wir Maßnahmen ergreifen, um unsere Kontakte zur katholischen Kirche auf der Ebene der Beziehungen zwischen der russisch-orthodoxen Kirche und dem Vatikan abzubrechen“, sagte Metropolit Kirill, Leiter der Abteilung für Auslandsbeziehungen des Moskauer Patriarchats, am Montag Abend im russischen Fernsehen RTR. Wie Kirill weiter erklärt, müsse man die neue Situation erst einmal überdenken. Es gebe derzeit „nichts, über das wir reden könnten.“ Daher habe er auch den für den 21. und 22. Februar vorgesehenen Russlandbesuch von Kurienkardinal Walter Kasper in Frage gestellt. Kasper, Präsident des Päpstlichen Einheitsrates, sollte in Moskau „anstehende Fragen“ mit Kirill besprechen und dabei auch Patriarch Alexij II. treffen, wie es im Vatikan hieß.

„Die Behörden wissen nicht, was Administraturen sind“

Der Bischof der neuerrichteten Diözese von Novosibirsk, Joseph Werth SJ, erklärte dazu in einem Gespräch mit dem deutschen Programm von Radio Vatikan am Montag, dass es an der Zeit gewesen sei, die Apostolischen Administraturen in Diözesen umzuwandeln. Er klagte darüber, dass die Präsenz der katholischen Kirche in Russland bisher zu wenig ernst genommen wurde: „Hier in Russland wissen nicht einmal die Behörden, was eine Apostolische Administratur ist. Eine Diözese hingegen, das ist allen klar, weil ja auch die orthodoxe Kirche Diözesen hat.“ Dass es jetzt zur Errichtung der vier Diözesen in Russland gekommen ist, würde zeigen, „dass sich die Kirche in Russland entwickelt. Es ist für mich, für den Bischof von Novosibirsk, eine Freude, zu sehen, dass es wächst, dass die Entwicklung in Russland weitergeht.“ Werth erinnerte daran, dass es auch schon vor der Oktoberrevolution in Russland zwei große katholische Diözesen gegeben habe. Daher sei es „auch gerecht, dass es heute wieder eine volle Struktur der katholischen Kirche gibt.“

Auf die Frage, ob er nicht befürchtete, dass das Verhältnis zur russisch-orthodoxen Kirche durch diese Entscheidung des Vatikans neuerlich belastet werde, antwortete Bischof Werth: „Die orthodoxe Kirche reagiert scharf auf alles, was in der katholischen Kirche geschieht, meistens auf das Positive.“ Es sei für ihn schon vor elf Jahren „ein Schock“ gewesen, zu erleben, wie das Moskauer Patriarchat damals auf die Errichtung der Apostolischen Administraturen reagierte. „Dabei müsste man sich doch eigentlich freuen, dass auch die Schwesterkirche aus den Ruinen wieder ersteht, dass die katholischen Gläubigen, die in Russland doch ungefähr eine Million sind, wieder in normalen Verhältnisse zu leben.“ Werth bedauerte weiter, dass seine Beziehungen zur orthodoxen Kirche in Novosibirsk zurzeit nicht gut sind. Es hänge jedoch viel von der Person ab, mit der man zu tun habe. „Ich hatte zu Bischof Sergij, der vor einem Jahr verstorben ist, sehr gute Beziehungen. Mit seinem Vorgänger und mit seinem Nachfolger habe ich leider absolut keine Beziehungen“, so der Bischof von Novosibirsk.

Ein Mitarbeiter des Moskauer Patriarchats, Pater Vsevolod Ciaplin, behauptete hingegen am Dienstag in der italienischen Tageszeitung „Corriere della Sera“, dass die Entscheidung des Vatikans, neue Diözesen in Russland zu errichten, den Versuch verbergen solle, „eine alternative Kirche zur russisch-orthodoxen Kirche zu schaffen“. Auch die russische Regierung kritisierte am Dienstag den Schritt des Vatikan. „Es ist bedauerlich, dass eine solch wichtige Entscheidung ohne die gebührende Berücksichtigung der Meinung der russischen Seite getroffen wurde“, heißt es in einer in Moskau veröffentlichten Erklärung des Außenministeriums. Das Handeln des Vatikan berge das Risiko „ernsthafter Komplikationen“ zwischen dem Heiligen Stuhl und der russisch-orthodoxen Kirche. Die russische Regierung sei am 4. Februar über die Pläne des Vatikan zur Errichtung von vier Diözesen informiert worden. Daraufhin habe Moskau von dem Schritt abgeraten und empfohlen, „diese Frage mit der russisch-orthodoxen Kirche zu regeln“.In einer offiziellen Erklärung des Vatikans verteidigte Pressesprecher Joaquin Navarro-Valls am Montag die römische Entscheidung und erklärte, es handle sich dabei „um einen normalen administrativen Akt, nahegelegt von der Notwendigkeit, den pastoralen Beistand für Katholiken, die in dieser weiten Region leben, zu verbessern.“ In der Erklärung wird weiter hervorgehoben, dass „Apostolische Administraturen von Natur aus provisorische und außerordentliche Strukturen“ seien, „die dazu bestimmt sind, sich selbstverständlich in Diözesen zu verwandeln“. Außerdem sei „die Errichtung von der gleichen pastoralen Sorge motiviert, die auch die russisch-orthodoxe Kirche dazu geführt hat, Diözesen für die eigenen Gläubigen zu schaffen, die außerhalb des traditionellen Gebietes leben – unter anderem in Wien, Berlin und Brüssel“. Nun würde man einfach den Katholiken „die gleiche Organisation und pastorale Sorge“ zugestehen, „die auch die russisch- orthodoxen Gläubigen im Westen genießen“. Navarro-Valls sprach außerdem den Wunsch des Heiligen Stuhls aus, dass sich „Dank dieser Neuorganisierung der Dialog und die Zusammenarbeit mit der russisch-orthodoxen Kirche verbessern“ werde. Schließlich erinnerte der Pressesprecher in der Erklärung noch daran, dass die katholische Kirche über verschiedenste Hilfsorganisationen die russisch-orthodoxe Kirche stets unterstützt habe und hob dabei besonders das Werk „Kirche in Not“ hervor, das allein in den vergangenen zehn Jahren der russisch-orthodoxen Kirche 17 Millionen Dollar zukommen ließ.


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